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Debüt mit Torinstinkt

■ Neuling Andreas Thom gelingt beim 1:0 der Hertha über Wolfsburg der Siegtreffer

Berlin (taz) – Als Dieter Hoeneß vor knapp zwei Wochen die Verpflichtung von Andreas Thom vermeldete, fügte er stolz hinzu, man werde „noch viel Freude an ihm haben“. Daß der prominente Einkauf seinen neuen Arbeitgeber derart schnell beglücken würde, überraschte aber sicherlich selbst den Manager von Hertha BSC Berlin. Bereits bei seinem ersten Ballkontakt in seinem ersten Pflichtspiel, es waren gerade hundert Sekunden vorbei, schob Thom den Ball nach einer mißglückten Abseitsfalle des VfL Wolfsburg zum 1:0 ins gegnerische Tor. Dies war denn auch gleichzeitig Höhepunkt und Endstand einer äußerst schwachen Bundesligapartie, die „genauso frostig war wie das Wetter“ (Wolfsburg-Trainer Willi Reimann).

Bemerkenswerter war eher, daß Thom bereits zum drittenmal in seiner Karriere bei einem Debüt für eine Mannschaft ein Tor gelang. Schon 1990 bei seiner Bundesligapremiere für Bayer Leverkusen – Thom war nach dem Mauerfall als erster Ost-Spieler überhaupt in den Westen gewechselt – traf er beim 3:1-Sieg gegen den FC Homburg. Bei seinem ersten von zehn Einsätzen in der deutschen Nationalmannschaft konnte er noch im gleichen Jahr beim 4:0-Sieg gegen die Schweiz ebenfalls über einen Treffer jubeln.

Sachlich und nüchtern gab er sich indes nach seinem erfolgreichen Einstand für die Hertha: „Wer das Tor schießt, ist egal. Entscheidend ist, daß wir gewonnen haben“, sagte Thom brav. Und offenbarte damit auch einen wesentlichen Charakterzug. Trotz eines geschätzten Jahresgehaltes von 1,2 Millionen Mark, trotz seiner erfolgreichen Karriere bei Bayer Leverkusen und zuletzt Celtic Glasgow und trotz seiner Vergangenheit beim BFC Dynamo Berlin – der 32jährige will kein Star sein in der Bundeshauptstadt. Diese Rolle liegt ihm nicht. Sagt er. Lieber gibt er sich unauffällig, mannschaftsdienlich und äußert Sätze wie „Ich spiele dort, wo der Trainer mich hinstellt“, „Fußball ist ein Mannschaftssport“ oder „Ich hatte bei meinem Tor einfach Glück“.

Trotz oder gerade ob dieser Bescheidenheit hoffen die Hertha- Verantwortlichen aber, daß sich Thom in Berlin durchsetzt. „Wir brauchen dringend eine Identifikationsfigur“, sagte Dieter Hoeneß kürzlich. Ausgerechnet Andreas Thom soll seinen Wunsch erfüllen. Gerald Kleffmann

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