piwik no script img

Debatte um sowjetisches EhrenmalEs wäre doch Geschichtsklitterung

Kommentar von Stefan Alberti

Die CDU-Abgeordnete Stefanie Bung will die Panzer am sowjetischen Ehrenmal entfernen. Doch damit würde Historie verzerrt. Ein Wochenkommentar.

Polizei entfernt eine von Unbekannt angebrachte ukrainische Flagge von den Panzern auf dem 17. Juni Foto: dpa

D em sowjetischen Ehrenmal an der Straße des 17. Juni die Panzer nehmen? Die CDU-Abgeordnete Stefanie Bung hat in dieser Woche eine Debatte ausgelöst, die weit über die Geschichtsklitterungs-Fantasien jener hinaus gehen, die in Kreuzberg Namen aus den anti-napoleonischen Befreiungskriegen tilgen wollen. Bung will nämlich kein Denkmal komplett auslöschen – Bung will es verändern: Den Kern des Ehrenmals mit seiner Säulenreihe, der Soldatenfigur auf einem Steinsockel und das dahinter liegende Gräberfeld will sie nicht antasten, wohl aber die Panzer verschwinden lassen, die links und rechts daneben stehen.

Die würden nicht in ein friedliches Berlin passen, argumentiert die CDU-Politikerin, und will sich damit abgrenzen vom gegenwärtigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, an dessen Spitze gleichfalls Panzer stehen, wenn auch anderer Bauart. Bung selbst setzt dabei durchaus nicht, was ihr nun manche vorwerfen, die sowjetische Armee von 1945 mit einer russischen gleich: Sie weist sehr wohl drauf hin, dass mit solchen Panzern Modell T34 auch viele ukrainische Soldaten damals das Nazi-Regime bekämpften.

Um das Symbol des Panzers allein soll es ihr gehen, nicht mehr in die Zeit würden die gehören. Wer den Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ hoch hält, könnte sich in dieser Sichtweise durchaus wieder finden. Umso mehr in der gegenwärtigen Debatte, ob Deutschland die Ukraine mit Panzern und weiteren schweren Waffen unterstützen soll.

Die Reaktionen aus dem rot-grün-roten Senat und aus oppositionellen Abgeordnetenhausfraktionen waren durchweg ablehnend. Doch allein steht Bung mit ihrem Gedanken nicht. Bei einer Umfrage des Tagesspiegel, wenn auch nicht repräsentativ, hielten sich bei über 3.500 Rückmeldungen Pro und Contra fast die Waage: 48 Prozent lehnten Bungs Forderung ab, 45 Prozent meinten, „dieses Symbol der Kriegsverbrechen in der Ukraine muss weg“.

Nichts ausblenden

Was den Vorstoß der CDU-Politikerin aber letztlich doch zu Geschichtsklitterei macht: Seine Umsetzung, also die Panzer wegzuschaffen, würde für künftige Generationen ausblenden, was konkret zum Ende des Nazi-Regimes geführt hat. Das waren nämlich weder Demonstrationen oder ein Volksaufstand noch Verhandlungen – sondern die pure Waffengewalt der alliierten Mächte, unter anderem mit genau solchen Panzern, wie sie seit 1945 am Ehrenmal stehen.

Es lassen sich andere Wege wünschen, aktuelle Konflikte zu beenden, wie etwa den Krieg in der Ukraine, als mit Waffengewalt. Doch was den 2. Weltkrieg betrifft: Die Panzer zu beseitigen hieße, aus den Augen zu schaffen, wie dieser Krieg damals beendet wurde und auch, mit welchen Opfern jeder Krieg verbunden ist. Das Ehrenmal an der Straße des 17. Juni ist nämlich kein Denkmal, das Panzer und ihre Einsätze verherrlicht, sondern es ist ein Mahnmal, das konkret an die Opfer sowjetischer Soldaten im Kampf gegen Nazi-Deutschland erinnert.

„Wir werden hier keine Denkmalstürmerei veranstalten“, hat sich währenddessen auf Anfrage der Deutschen Presseagentur der Bürgermeister der brandenburischen Gemeinde Letschin im Oderbruch geäußert, wo im Ortsteil Kienitz ebenfalls ein T34-Panzer als Denkmal steht. Jede Zeit habe ihre Geschichte, wird er zitiert, die nicht in einen Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen gestellt werden könne. Ob das so allgemein gilt, darüber ließe sich noch diskutieren. Aber bezogen auf die aktuelle Debatte hat der Mann einfach Recht.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Die Aktion mit der ukrainischen Fahne finde ich ganz ok.

  • .......würde für künftige Generationen ausblenden, was konkret zum Ende des Nazi-Regimes geführt hat. Das waren nämlich weder Demonstrationen oder ein Volksaufstand noch Verhandlungen – sondern die pure Waffengewalt der alliierten Mächte, unter anderem mit genau solchen Panzern, wie sie seit 1945 am Ehrenmal stehen...



    Geschichte:



    Siegesallee(Straße des 17. Juni) Juni 1950



    www.deutschefototh...04850/df_e_0072918



    Sowjetische Ehrenmal(Str.d.17 J.) Juli 1957



    www.deutschefototh...389/fg_sta_0777073



    Der Bürgermeister von Letschin hat Recht.