piwik no script img

Debatte um Zukunft der Museen DahlemZugpferde gesucht

Wie soll der Museumsstandort Dahlem künftig aussehen? Eine hochkarätig besetzte Diskussion macht klar: Es fehlt an Geld – und Ideen.

Auf Nimmerwiedersehn in Dahlem: Künftig wird im Humboldt Forum ausgestellt Foto: dpa

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hat viele Baustellen. So viele, dass wichtige Pläne auf Eis gelegt werden müssen, Arbeiten gestreckt werden und immer neue Ideen aufs Tapet kommen, um zu überbrücken und zu improvisieren.

Die Idee, die Dahlemer Museen in das Humboldt Forum zu verlagern, war auch nicht ganz zu Ende gedacht. Erstens passte das Museum Europäischer Kulturen wegen Platzmangels nicht mehr in das Retortenschloss hinein. Zweitens existiert bis heute kein Konzept, was eigentlich aus dem Standort in Dahlem werden soll.

Hermann Parzinger, Präsident der SPK, hatte im Frühjahr Vorschläge für einen „Forschungscampus“ am alten Museumsstandort Dahlem gemacht: „Ein lebendiger Ort der Forschung und des Erkenntnistransfers“ sollte entstehen. Die Nähe zur Freien Universität (FU) scheint ihn dabei inspiriert zu haben.

Am Freitagabend folgte im Dahlemer Museumsfoyer an der Lansstraße eine erste öffentliche Diskussion über die Weiternutzung des Standorts. Titel: „Forschungscampus, Museum, Bibliothek: Wie geht es weiter mit dem Museumsstandort Dahlem?“ Parzinger erklärte, er gehe nicht davon aus, dass sich nach Auszug der Ethnologischen Museen (Asien, Indien, Amerika, Ozeanien) hier endgültig die Türen schließen werden. Aber wie die Diskussion zeigte, steht man beim Projekt „Zukunft Dahlem“ offenbar noch ganz am Anfang.

Merkwürdige Vorschläge

FU-Präsident Peter-André Alt würde seiner Universität gern mehr Öffentlichkeit verschaffen. Schließlich beherbergt sein Haus all die wissenschaftlichen Institute, die sich mit ebenjenen Themen beschäftigen, die auch die Ethnologischen Museen behandeln – nur dass die Uni keine eigenen Sammlungen hat. Mit Ausnahme der Gipssammlung, die derzeit in Charlottenburg vis-à-vis der Sammlung Scharf-Gerstenberg zu besuchen ist. Die Gipse nach Dahlem zu bringen, wie Alt vorschlug, war nur eine von vielen merkwürdigen Ideen, die an diesem Abend zu hören waren. Aus dem überwiegend hochbetagten Publikum kamen Vorschläge für ein Glasperlenmuseum, ein Zukunftsmuseum oder eine Art Physikmuseum.

Alles keine „Zugpferde“, wie Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Bürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, bedauernd feststellte. Ihrer Meinung nach verdient Dahlem kulturelle Highlights. Doch danach sieht es nicht aus. Denn jede weitere museale Neuerfindung seitens der Preußenstiftung würde Geld kosten. Und hier hielt sich auch Torsten Wöhlert, Staatssekretär des Berliner Kultursenators, sehr bedeckt. Das Land Berlin ist ja mit mindestens 20 Prozent der Finanzierung für die SPK dabei.

In Wirklichkeit bleiben 93 bis 97 Prozent der Bestände aus den nach Mitte abgewanderten Museen in Dahlem zurück

In Wirklichkeit bleiben 93 bis 97 Prozent der Bestände aus den nach Mitte abgewanderten Museen in Dahlem zurück, eröffnete Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin der Staatlichen Museen (SMB), dem Publikum. Neben Depots soll auch die Forschungsbibliothek in Dahlem verbleiben. Die Arbeit der Museumsleute findet also auch in Zukunft weitgehend im Südwesten Berlins statt. Nur passiert das im Verborgenen. Als Ausstellungsfenster fungiert ja das Humboldt Forum in Mitte.

Von den insgesamt 38.000 Quadratmetern Nutzfläche in Dahlem könnten lediglich knapp ein Viertel neu verteilt werden. Diese rund 10.000 Quadratmeter sind noch dazu unzusammenhängend im Komplex verteilt. Um etwaige Zukunftsideen eine solide Grundlage zu geben, soll nach dem Willen von Hermann Parzinger daher zunächst eine „Potenzialanalyse“ erstellt werden.

Eigentlich kann erst danach – vielleicht in einem guten halben Jahr – die Suche nach geeigneten „Formaten“ beginnen, die Dahlem für die Öffentlichkeit wieder attraktiv machen könnten. Die auf der Diskussion vielbeschworenen Formate scheinen derzeit noch einer Wundertüte zu ähneln, von der man ja nie weiß, was drin ist, bevor man sie erst bezahlt und dann aufgemacht hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!