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Debatte um Mohammed-"Film""Es geht um Hetze!"

Der Leiter des Zeughauskinos erklärt, warum sich Berliner Kinos nicht dafür hergeben sollten, das umstrittene Mohammed-Video zu zeigen.

Proteste gegen den Film auf der Sinai-Halbinsel. Bild: ap
Interview von Susanne Messmer

taz: Herr Frieß, die rechtspopulistische Partei Pro Deutschland hat das islamfeindliche Schmähvideo auf ihrer Internetseite veröffentlicht, außerdem will sie es in einem Berliner Kino zeigen. Was halten Sie davon?

Jörg Frieß: Es soll natürlich nicht gezeigt werden!

Warum nicht?

Wenn sich eine Minderheit in dieser Mehrheitsgesellschaft gegen die öffentliche Vorführung eines Filmes ausspricht mit dem Argument, dass er ihre Gefühle verletzt, dann ist ein solches Votum wenigstens ein bedenkenswerter, wenn nicht sogar ein hinreichender Grund, einen Film nicht zu zeigen.

Die Freiheit der Kunst hat also doch Grenzen?

Ja, absolut.

Könnte man so einen Film im Kino nicht viel kontrollierter zeigen als im Internet, wo er einfach geklickt wird?

Allerdings. Insofern ist es interessant, dass das Kino von dieser Partei als Bedrohung aufgebaut wird. Denn das Kino hat ja als sozialer Ort die Möglichkeit, Menschen zum Gespräch einzuladen. Wir zeigen im Zeughauskino unter anderem sogenannte Vorbehaltsfilme, Propagandafilme aus der Nazizeit. Wir betten diese Vorführungen aber ein: Es gibt eine Einführung und eine Diskussion. Das wird uns von den Verleihern auch so vorgegeben. Wir betreiben also so etwas wie Aufklärung. Der Charakter der Veranstaltung, die Pro Deutschland plant, ist aber ein ganz anderer. Die Schlagrichtung ist klar: Es geht um Hetze.

Ist das Video nicht auch zu schlecht gemacht, als dass man es im Kino zeigen wollte?

Die Qualität des Filmes spielt keine Rolle. Wir zeigen immer wieder auch nationalsozialistische Propagandafilme, die von sehr geringer dramaturgischer und ästhetischer Qualität sind. Es ist wichtig, dass man sich auch diese anschaut – als Teil der deutschen Geschichte.

Jörg Frieß

leitet seit August 2006 die Kinemathek des Deutschen

Historischen Museums.

Wenn sich die Aufregung einmal gelegt hat – würden Sie das Video dann also zeigen?

Im Augenblick löst dieses Video zu viel aus. Es erfüllt hier und jetzt eine ganz klare politische Funktion: Mit der Veranstaltung, die Pro Deutschland ankündigt, soll gegen die Muslime mobilisiert werden. Wenn aber eines Tages eine souveräne Auseinandersetzung mit dem Film möglich sein sollte, von der Aufführung des Films keine Gefahr mehr ausgeht und etwa auch muslimische Gruppen dies befürworten: Warum nicht?

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18 Kommentare

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  • H
    HamburgerX

    Man sollte anderen seine Menschenrechte nicht absprechen und sich gleichzeitig über "SA-Leute" fabulieren. Das ist unterirdisch. Wie so oft ist mancher seinen Kritisierten viel näher als er glaubt.

     

    Den Vergleich mit "Das Leben des Brian" finde ich persönlich gar nicht so abwegig. Denn auch damals gab es zahlreiche Proteste und regionale Aufführungsverbote.

     

    Er verletzte also ebenso die Gefühle vieler religiöser Christen. Und ganz ehrlich: Manches im Brian-Film ist auch geschmacklos, nur: Über Geschmack lässt sich halt streiten.

     

    Unwiderlegbarer Fakt ist aber: Damals gab es nicht Mord, Brandanschläge, massive Todesdrohungen. Was wiederum nicht belegt, was längt bekannt ist: Der Islam ist eine Religion ohne Aufklärungsgeschichte. Bei uns nur integrierbar, wenn er sich modernisierbar zeigt.

  • CL
    Cordula Lippke

    Wieder mal Kindergarten! Der doofe Hans-Ali hat seinen Popo gezeigt, dann hab ich ihm die Zunge rausgestreckt und er hat mich gehauen und jetzt krieg ich Haue und haue zurück und Keiner weiss, wer eigentlich angefangen hat, weil die blöde Kindergartentante nicht hingeschaut hat!

    Ich sehe nur PROVOKATION und Gegen-Provokation. Radikale Hassprediger jeder Kulör testen mal wieder die westlich-freiheitliche Grundordnung und sie hält es knapp aus.

    Lassen wir uns von GEWALT einschüchtern? Natürlich - das funktioniert immer!

    Wer hat Recht, wer hat Unrecht? Wer PROFITiert?

    Worum geht es eigentlich??

  • OK
    Oma Kruse

    Erinnert sich noch jemand an "Tal der Wölfe"? Den antisemitischen Action-Film? Keinen Kinobesitzer haben damals die Gefühle der jüdischen Minderheit interessiert, aber Juden ermorden ja auch keine Andersgläubigen.

  • S
    Solkar

    18.09.2012 18:46 Uhr

    von GuyFawkes:

     

    "Denkt eigentlich mal jemand an die Mörder und Gesetzlosen, die da draußen aus einem an den Haaren herbeigezogenen Grund wahllos Menschen töten?"

     

    ---

     

    Ja.

     

    Aber es empfiehlt sich, Lösungen grosser Probleme strukturiert anzugehen:

     

    Aktuell gibt es

    A) das Video

    B) Gewalttaten in arabischen Ländern gegen Einrichtungen und Angehörige von Drittstaaten (aus Deutscher Sicht)

    C) Gewalttaten in zumindest einem arabischen Land (Sudan) gegen Deutsche Einrichtungen und Gefährdung von Deutschen Staatsangehörigen im Ausland

    D) Pläne Deutscher Rechtspopulisten, das Video für ihre braune Hetze zu instrumentalisieren

     

    Und desweiteren gibt es noch Dauerthemen wie

    E) Amerikanische und Israelische Politik im Nahen Osten

    F) Interkultureller und interreligiöser Dialog

    usw.

     

    A) ist ein Faktum; daran kann man nichts mehr ändern.

    B) ist erstmal eine Angelegenheit zwischen den Regierungen der betroffenenen Länder

    C) ist vordringlich ein konkretes, organisatorisches Thema zwischen der Bundesregierung und den lokalen Regierungen; über die Qualität der Lösung kann man dann bei der nächsten Wahl mitabstimmen.

    E) und F) und weitere Dauerthemen können und sollten nicht tagespolitisch behandelt werden.

     

    Konkret und sinnvoll hier zu diskutieren ist nur D); dazu hatte ich gestern bereits etwas geschrieben.

  • AD
    Ahmet der Doische

    Der billige Versuch der PI-Nazis den legendären Monty Python-Film Das Leben des Brian als Gleichnis herbei zu führen und dadurch mit einem billigen Trashvideo zu denunzieren, zeigt nur den billigen Charakter der Internet-SA von "PI-News": plump, halbintelligent und sich für nichts zu blöde.

     

    Wer dieses Meisterwerk der Satire mit dem Müllvideo von rechtsradikalen kranken Hasspredigern vergleicht, die auch noch an Feigheit nicht zu toppen sind, der hat m.E. jegliches Menschenrecht verloren.

  • 0
    0nline-Klowand

    Ich verstehe die ganze Aufregung nicht: Der Streifen ist völlig niveauloser Dummfug, wie man ihn haufenweise im WWW findet (wenn man danach sucht). So was kann eigentlich in die Kategorie "Klowand des Internets" aussortiert und ignoriert werden. Dass trotzdem so viel Theater um so was gemacht wird dürfte eher anders motiviert sein, z. B. wegen irgendwelcher politischer Interessen.

  • C
    CharlyZapf

    Sehr erschreckend, aber auch sehr bezeichnend, wie sich unsere hochgelobte Demokratie von einer radikalen, rückständigen Religion einschüchtern läßt... !

  • B
    bull

    Was ist eigentlich los?

    Warum kommen Menschen ünerhaupt auf die Idee sich noch mit Religion zu beschäftigen?

    Was sollen diese Ablenkungsmanöver?

    Es geht doch einzig und allein um die Abschaffung des Kapitalismus.Von allen unbemerkt werden die gewählten Vertreter in den demokratischen Ländern von ein paar Kapitalisten am Nasenring durch die Weltgeschichte gezogen.Und alle beschäftigen sich mit den paar Durchgeknallten im Nahen Osten.

    Wahrlich ein Meisterwerk der Deinformation wie Ihn weder Goebbels noch Stalin besser hingekriegt hätte.

  • G
    GuyFawkes

    Warum ist eigentlich immer nur der Film so böse,

    nicht aber die Menschen, die randalieren und töten?

     

    Ein Film verunglimpft eine fiktive Geschichte.

    Daraufhin töten die Fans dieser fiktiven Geschichte echte Menschen in der realen, echten Welt.

     

    Und jetzt gibt man dem Film die Schuld?

    Deshalb soll er verboten werden?

     

    Denkt eigentlich mal jemand an die Mörder und Gesetzlosen, die da draußen aus einem an den Haaren herbeigezogenen Grund wahllos Menschen töten?

     

    Leute, da hilft es auch nichts, alle diese vermeintlichen Gründen zu verbieten.

    Dann verbietet wieder die Homosexualität, verbietet die Atheisten, verbietet die Christen, verbietet alles... Hauptsache die Politik rollt weiter...

     

    Wenn morgen 5.000 Blondinen auf die Strasse gehen und wahllos Menschen töten, werden dann Blondinenwitze auch verboten?

     

    So ist das leider in Deutschland:

    Wenn irgendetwas unangenehm ist, wird es verboten.

     

    Wieso hat kein Poltiker die Eier in der Hose und verbietet den Idioten mal das Töten?

    Ist das nicht auch irgendwie strafbar?

  • S
    Stratege

    Man sollte den Film zusamem mit dem Film "Das Leben des Brian" als Doppelvorstellung so lange aufführen, bis die radikalen Muslime gelernt haben, was Toleranz ist!

  • S
    super

    Sorry, aber wer sich von diesem "Film" beleidigt und provoziert fühlt hat mMn stärker einen an der Waffel als die ihn produziert haben.

  • RE
    Rudolf Eglhofer

    Sorry, aber nicht nicht mit Ankündigung von "Pro-Wasweisich" "... soll gegen die Muslime mobilisiert werden" sondern die moslemischen Gruppen mobilisieren gegen die Meinungs- und Informationsfreiheit.

    Oder wollt Ihr allen Ernstes immer denen Recht geben die am lautesten brüllen?

    Na, dann haben die Neonazis je gewonnen und der Thierse wandert wegen seiner Sitzblockade in den Knast.

  • S
    Solkar

    "Es erfüllt hier und jetzt eine ganz klare politische Funktion: Mit der Veranstaltung, die Pro Deutschland ankündigt, soll gegen die Muslime mobilisiert werden."

    Exakt.

     

    Bei der derzeitigen Diskussion wird offenbar oft übersehen, wer denn da eigentlich das Ekelfilmchen hierzulande unbedingt vorführen möchte und warum.

     

    Es gibt, aus Art. 5 GG, das Grundrecht der Meinungs-, Informations-, Kunst- und Pressefreiheit, aber eben auch, gem. Art. 4 Abs. 2 GG, ein Grundrecht der ungestörten Religionsausübung - auch wenn der braune Mob, der gerade mittels Sinnbildchen von durchgestrichenen Moscheen grammatikfrei hetzen möchte, das nicht wahrhaben will.

     

    Es gibt aber eben KEIN Grundrecht auf verfassungsfeindliche braune Agitation und Volksverhetzung.

  • U
    ubuntu

    Und in Zukunft wird nicht mehr unsere Verfassung der Maßstab sein,sondern der Empörungsgrad der Muslime.

    Deutschland ist auf einem guten Weg.

  • DB
    Die bösen Muslime

    Herr Frieß hat das erkannt, was die taz Ihrer PI-Nazis zuliebe nicht rafft.

  • M
    Michel

    „Wenn aber eines Tages eine souveräne Auseinandersetzung mit dem Film möglich sein sollte, von der Aufführung des Films keine Gefahr mehr ausgeht und etwa auch muslimische Gruppen dies befürworten: Warum nicht?“

    Genau. Als Beispiel für fremdenfeindliche Propaganda, eingebettet in eine Diskussion.

  • G
    Gustav

    Wenn das Video im Fernsehen gezeigt würde, wäre die künstliche Aufregung hinfällig, man würde sich daran gewöhnen, dass Religionskritik normal sein sollte. So unterscheidet Deutschland in Bezug auf Meinungsfreiheit wenig gegenüber religiösen Diktaturen und kommt hinter den USA (dort ist Meinungsfreiheit wichtiger als Religionsfreiheit) auf einen der letzten Plätze der westlichen Welt. Bis zu Demokratie ist es noch ein weiter Weg in diesem Land.

  • S
    squeee

    Natürlich ist die Aktion der rechten Pro D nichts weiter als eine gewollte Provokation. Aber es gehört auch die Gegenseite dazu, die auf die Provokation eingeht, ihr Hirn ausschaltet und als wütender Mob auftritt.

    Nach der Argumentation von Herrn Frieß hätte auch z.B. das Leben des Brian nicht gezeigt werden dürfen oder der Da Vinci Code oder im Fernsehen dürfte switch nicht gezeigt werden, das Titanic-Cover hätte nicht gedruckt werden dürfen etc... Auch hier gibt es eine Minderheit, die sich dagegen ausspricht, weil religiöse Gefühle (bewusst) verletzt werden. Aber der Unterschied ist, dass die Christen nicht gleich die Köpfe derjenigen rollen sehen wollen, die ihre Gefühle verletzt haben. Moslems dagegen offenbar schon (u.a. 1988 bei der Veröffentlichung der Satanischen Verse von Rushdie, 2005 bei der Mohammed-Karikatur und nun bei diesem Film).

    Herr Frieß fordert Zensur, weil der Islam und seine Anhänger über 1000 Jahre Entwicklung, Fortschritt, Aufklärung und freies Denken sowie Meinungsfreiheit verschlafen haben. Da können wir ja gleich die Demokratie abschaffen, die Frauenrechte, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, Pressefreiheit usw. auch das ist mit dem Islam nicht vereinbar und verletzt die religiösen Gefühle der Moslems. Es lebe der Faschismus...!? Nein Danke.