piwik no script img

Debatte um AfD-VerbotDie Demokratiefeinde aufhalten

Ein neues Bündnis aus Organisationen der Zivilgesellschaft fordert ein AfD-Verbot. Dafür sollen Mitstreiter im Bundestag gefunden werden.

Berlin, 17. Juni: PK für die Kampagne „Menschenwürde verteidigen – AfD-Verbot jetzt!“ im Haus der Demokratie und Menschenrechte Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Kurz nach den hohen Wahlergebnissen der AfD bei den Europa- und Kommunalwahlen fordert ein neues Bündnis aus Verbänden, Vereinen und der Zivilgesellschaft ein bundesweites AfD-Verbot. Auslöser für die Kampagne waren die Enthüllungen der Correctiv-Recherche über rechte Remigrationspläne Anfang des Jahres. Julia Dück vom Bündnis „Menschenwürde verteidigen – AfD-Verbot jetzt“ sagte am Mittwoch in Berlin: „Die AfD ist eine konkrete Gefahr für unzählige Menschen in diesem Land. Es ist unsere moralische und verfassungsrechtliche Pflicht, einzuschreiten.“

Der Jurist Lukas Theune, Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins, spricht sich zum Kampagnenauftakt ebenfalls für ein Verbot aus: „Die Erfolgsaussichten sind sehr gut.“ Laut Theune greift der Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes. Darin heißt es, dass „Parteien, welche darauf ausgerichtet sind, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen (…) verfassungswidrig sind“. Der Jurist betont, dass bei einem Verbotsverfahren nicht die Gesinnung entscheidend sei. Vielmehr gehe es darum, ob eine Partei die Macht und Mittel habe, ihre Haltung in Handlung umzusetzen. Das sieht er bei der AfD als gegeben an.

Die Demokratiefeindlichkeit der AfD kann auch Ulrich Schneider bestätigen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands sagte am Montag, dass sich der Verband gegen die menschenverachtende Partei wehren müsse. Denn: Einrichtungen würden vermehrt angegriffen, Geflüchtete angefeindet, Queere und Menschen mit Behinderung fühlten sich immer mehr ausgegrenzt.

Das Verbotsverfahren können der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung beantragen. In dem Antrag muss genau aufgeführt sein, warum die AfD gegen die freiheitliche Grundordnung verstößt. Der Jurist Lukas Theune sagt, dass ein entsprechender Entwurf in etwa einem Jahr bereit seien könnte. Bis dahin müssten Mitstreitende im Bundestag gewonnen werden, die den Antrag unterstützen, fügt Julia Dück hinzu. Das sei auch eine der zentralen Aufgaben für die nächsten Monate. Ein möglicher Unterstützer wäre der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz. Er hatte angekündigt, noch vor der Sommerpause einen AfD-Verbotsantrag einzubringen.

Ein Verbot hätte weitreichende Folgen: Sollte das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass die AfD gegen die Verfassung verstößt, müsste sich die Partei auflösen. Vermögen könnten beschlagnahmt werden, staatliche Gelder würden gestrichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Dafür muss man aber auch Mitstreiter beim Bundesverfassungsgericht und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte finden. Artikel 3 Europäische Menschenrechtskonvention Freie Wahlen. Artikel 11 Vereinigungsfreihet.

    Das europäische Gericht sagt eine Partei müsse dazu in der Lage sein den Staat zu stürzen. Wir haben aber Bundspolizei, Landespolizei und Bundeswehr. ich glaube kaum das die AfD diese besiegen kann.

    Zweites Hinderniss, die AfD ist im Bundestag, Landtagen und komunalen Parlamenten vertreten. Auch das ist laut Europäischer Gerichtshomf mit entscheidend.

    Und wie im 2. NPD Verfahren richtet sich das Bundesverfasungsgericht an die europäische Rechtsprechung, Oder die AfD geht nach einem Verbot nach Straßburg. Ungefähr 6 Jahre würde es dann dauern.

  • Ja natürlich.

    ..muss jetzt ein Verbot GEPRÜFT werden.!

    Was ja noch nicht bedeutet, dass man sofort einen (möglicherweise riskanten) Antrag beim Verfassungsgericht stellt.

    Eine Task Force, die alle Hinweise zusammen trägt, sowie die Hochstufung seitens des Verfassungsschutzes zu einer gesichert Rechtsextremen Partei (auf Bundesebene) könnten dabei sehr helfen.

    Ein Prüfverfahren ist dabei auf zweierlei Art hilfreich:

    1.) so kann geklärt und benannt werden ob diese Partei auf dem Boden der Verfassung steht. Das ist erstens aus Transparenzgründen wichtig und zweitens könnte sich heraus stellen, daß ein Verbotsverfahren gute Aussichten auf Erfolg hat.

    2.) würde ein Prüfverfahren der Partei aufzeigen, daß sie evtl. verboten werden könnte, was sie ziemlich sicher dazu bringt sich selbst zu disziplinieren. Wodurch einer weiteren Extremisierung zumindest Bremsen angelegt wären. Es ist darüber hinaus sogar denkbar, daß dadurch innerhalb der afd Kontroversen entstehen, die zu einer Entkernung der Partei ergo einem Ausschluss der echten Nazis führt, um einem Verbot zu entgehen.

    Zusammen gefasst: jetzt nicht ein Prüfverfahren einzuleiten, wäre schlichtweg grob Fahrlässig..

  • "Der Jurist Lukas Theune sagt, dass ein entsprechender Entwurf in etwa einem Jahr bereit seien könnte."

    Das würde für die nächste Bundestagswahl nicht ausreichen.

    "Ein möglicher Unterstützer wäre der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz. Er hatte angekündigt, noch vor der Sommerpause einen AfD-Verbotsantrag einzubringen."

    Dieser Antrag käme vielleicht noch rechtzeitig.

    Ich frage mich, wen die AFD-Wähler dann wählen würden und vermute BSW.