Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus: Alles nur ein schwarz-rotes Ablenkungsmanöver?
Die Grünen trauen der am Donnerstag vom Landesparlament eingesetzten Enquete-Kommission nicht ganz.
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Die der Abstimmung vorangehende Debatte stand unter dem Eindruck jüngster Äußerungen des möglichen künftigen Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) und einer Kleinen Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag zur Finanzierung von NGOs. Merz hatte am Vorabend der Bundestagswahl angekündigt, er werde wieder Politik für die Mehrheit der Bevölkerung machen, die gerade denke und „alle Tassen im Schrank“ habe – und nicht „für irgendwelche grünen und linken Spinner“.
Das spricht aus Sicht von Grünen und Linken im Abgeordnetenhaus gegen den Ansatz der Enquete-Kommission. Für Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch haben Merz’ Worte fatale Vorbildwirkung: „Wenn die politische Führung im Freund-Feind-Schema agiert, brauchen wir über gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zu reden.“ Die Kommission sei eine gute Idee, müsse aber „ein Gegenentwurf zu dem werden, was im Bund geschehen ist.“
Mit Blick auf jüngste Kürzungen in diesem Bereich vermutete Jarasch eine Doppelstrategie der schwarz-roten Koalition: „Die Enquete dient als Ablenkungsmanöver, wo wir über Zusammenhalt diskutieren, während der Senat zugleich die Strukturen in der Zivilgesellschaft gezielt schwächt.“ Elif Eralp (Linke) wurde in Sachen Merz noch deutlicher. „Diesen Angriff auf die Zivilgesellschaft verurteile ich aufs Schärfste“, sagte sie und setzte mit Blick auf den Regierungschef hinzu: „Und das erwarten wir auch von Ihnen, Herr Wegner.“
„Dann verliert Berlin, dann verlieren wir alle“
Der aber ging weder auf diese Forderung nach einer Distanzierung ein noch auf die Worte von Merz selbst. In einem sehr präsidialen Auftritt sprach Wegner stattdessen davon, wie notwendig die Achtung der Menschenwürde und gegenseitiger Respekt seien. Gehe das verloren, „dann verliert Berlin, dann verlieren wir alle“. Mehrfach gab es dafür Applaus aus allen Fraktionen von Linkspartei bis AfD. Wegner warb zudem für Kompromisse. „In einer Demokratie ist der errungene Kompromiss niemals faul“, sagte der Regierungschef. Er sei vielmehr „das Lebenselexier der Demokratie“.
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