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Debatte Syrien und die PalästinenserNützliche Diktaturen

Das ungelöste Palästinaproblem ist die Achillesferse des Westens. Es ist der Grund dafür, dass konkrete Pläne für einen Regimewechsel in Syrien fehlen.

Shakehands auf dem französischen Nationalfeiertag 2008: Präsident Sarkozy begrüßt Baschar al-Assad. Bild: reuters

O Gott, wir haben niemand außer Dir“. Diesen Slogan skandieren die oppositionellen Demonstranten inzwischen überall in Syrien. Sie drücken damit ihre tiefe Enttäuschung aus: Die arabische Welt und die internationale Gemeinschaft scheiterten bisher kläglich daran, dem Blutbad in Syrien ein Ende zu setzen.

Fast ein Jahr nach Ausbruch des Volksaufstands gegen die syrische Diktatur herrscht in Syrien eine Pattsituation. Einerseits vermochte das syrische Regime trotz der brutalsten Gewaltanwendung gegen das eigene Volk seine absolute Macht nicht wiederherzustellen. Auf der anderen Seite konnte die Opposition das Regime weder stürzen noch es zu politischen Zugeständnissen zwingen.

Warum steht immer noch der Arabische Frühling vor den Toren Damaskus? Und wie kommt es zum Versagen der Arabischen Liga und des Westens in Syrien, nachdem sie zuvor überaktiv und entscheidend beim Sturz Muammar al-Gaddafi waren?

Keine Alternative zu Assad?

privat
Abdul Mottalib Husseini

Der 61-Jährige ist Journalist und Publizist libanesischer Abstammung. Er ist er ausgewiesener Kenner des Nahostkonflikts mit zahlreichen Publikationen. Er hat Kontakte sowohl zur syrischen Opposition als auch zu Regimeanhängern.

Dass der Sturz des syrischen Regimes kein Spaziergang ist, liegt in der Tatsache begründet, dass die Assad-Dynastie im Innern über eine nicht zu unterschätzende politische und konfessionelle Basis verfügt und sich außenpolitisch auf ihre iranischen und russischen Bündnispartner verlassen kann.

Zudem gibt es bisher weder auf arabischer noch auf westlicher Seite eine klare politische Linie hinsichtlich eines Regimewechsels.

Die Arabische Liga, in der gegenwärtig die konservativen Golfmonarchien den Ton angeben, reagierte halbherzig und mit großer Verspätung auf die Situation in Syrien. Sie gab der syrischen Diktatur viel Zeit, um die Opposition zu unterdrücken.

Den Ölscheichs, vor allem Saudi-Arabien, geht es nicht darum, der Demokratiebewegung zum Sieg zu verhelfen. Sie wollen den iranischen Einfluss in Syrien beenden und ihren Konflikt mit dem Mullah-Regime auf Syrien ausdehnen.

Eine Strategie fehlt

Dadurch besteht die Gefahr, dass dem syrischen Aufstand sein demokratischer Charakter genommen und der Kampf gegen die Assad-Diktatur in eine konfessionelle Konfrontation zwischen Sunniten und Alawiten verwandelt wird. Der Syrienplan der Arabischen Liga sieht außerdem keine eindeutige Entmachtung des syrischen Präsidenten Assad vor.

Obwohl die EU und die USA politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Syrien verhängt und die Gewalt des Assad-Regimes gegen die Protestbewegung mit aller Schärfe verurteilt haben, fehlt dem Westen eine klare Strategie für einen Regimewechsel in Syrien und eine Konzeption für die Phase danach.

Anscheinend sieht er praktisch keine Alternative zur regionalen Rolle der syrischen Diktatur. Tatsächlich gibt es für den Erhalt des jetzigen Status quo im Nahen Osten keine Alternative zum syrischen Regime, das die Ruhe an seiner Grenze mit Israel trotz seiner antiisraelischen Rhetorik vorbildlich wahrt und die libanesische Hisbollah unter Kontrolle hält.

Stabilität für Israel

Das syrische Regime profiliert sich in dieser Rolle und verbindet seine Existenz mit der israelischen Sicherheit. Entsprechend hält die israelische Regierung trotz der dramatischen Entwicklung in Syrien nur die Gefahren des Atomprogramms des iranischen Regimes im Visier.

Dass zwischen Damaskus, Teheran und der libanesischen Hisbollah ein strategisches Bündnis besteht, erscheint vor diesem Hintergrund nachrangig. Man muss kein Anhänger von Verschwörungstheorien sein, um festzustellen, dass die israelische Regierung an einem Erfolg der syrischen Opposition nicht interessiert ist.

Das ungelöste Palästinaproblem war bisher ein Argument, um die syrische Diktatur im Besonderen und die arabischen im Allgemeinen zu legitimieren, und es war ein ernstes Hindernis für die Demokratisierung der arabischen Welt. Wer die israelische Besatzung und die Siedlungspolitik toleriert, der wird auf die Dienste des Assad-Regimes nicht verzichten können.

Freund und Feind zugleich

Die doppeldeutige Haltung des Westens und vor allem der USA gegenüber der Assad-Dynastie ist nicht neu. Schon seit Mitte der 70er Jahre galt die syrische Diktatur als Freund und Feind zugleich.

Niemand im Westen hat sich wegen der 30-jährigen syrischen Herrschaft im Libanon oder wegen der ständigen Unterdrückung und Massakrierung der Bevölkerung, wie etwa 1982 in der Stadt Hama, aufgeregt.

Bis zum Ausbruch der arabischen Revolutionen galt Baschar al-Assad als anerkannter Gesprächspartner des Westens. Er war 2008 sogar Ehrengast bei den Feierlichkeiten zum französischen Nationalfeiertag.

Syrien hängt nun vom Iran ab

Natürlich kann die politische Krise in Syrien durch eine westliche militärische Intervention nicht gelöst werden. Dies wird selbst von der syrischen Opposition nicht verlangt. Das syrische Volk braucht jedoch politische Solidarität und vor allem humanitäre Hilfe.

Dies bleibt ein leerer Wunsch, solange die westliche Politik in der arabischen Welt allein auf der Sicherung des Öls und der israelischen Sicherheit basiert, die faktisch mit der Missachtung der palästinensischen nationalen Rechte durch die israelischen Regierungen gleichgestellt wird.

Mit dem letzten russisch-chinesischen Doppelveto gegen den Resolutionsentwurf der Arabischen Liga und des Westens ist die syrische Krise eindeutig zum Spiegelbild einer sich verändernden internationalen Machtkonstellation geworden.

Ein Spielball der Mächte

Syrien, das in den letzten drei Jahrzehnten als unverzichtbarer regionaler Machtspieler fungierte, verliert trotz aller Gegenwehr dramatisch an Souveränität und wird allmählich zum Spielball der regionalen und internationalen Mächte.

Die Ironie der Geschichte ist nun, dass der syrische Diktator, der die brutale Unterdrückung des Volksaufstands als Akt der Verteidigung der Souveränität seines Landes gegen angebliche amerikanisch-israelische und islamistische Verschwörungen darstellt, damit genau das Gegenteil erreicht hat.

Das Assad-Regime hat seine Unabhängigkeit gegenüber seinen russischen und iranischen Helfern nun vollends verloren und ist von ihnen existenziell abhängig geworden.

Es hat die Tür für eine Internationalisierung der syrischen Krise geöffnet und den Weg für den beginnenden Bürgerkrieg geebnet. Die Hilfe Gottes lässt wie immer lange auf sich warten.

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6 Kommentare

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  • P
    Peter

    Wie in den meisten Kommentaren, so vermisse ich auch hier, daß mal dezidiert auf die Rolle eingegangen wird, welche die Türkei in diesem Konflikt spielt. Die syrische Polizei und Armee kämpft nämlich schon lange nicht nur mehr gegen "friedliche Demonstranten", sondern gegen bewaffnete Formationen, die ihr Rückzugs- und Ausbildungsgebiet in der Türkei haben, und es wäre interessant zu wissen, wer diese bewaffneten Gruppen so alles unterstützt, und wie diese Unterstützung aussieht.

  • E
    end.the.occupation

    > Wer die israelische Besatzung und die Siedlungspolitik toleriert, der wird auf die Dienste des Assad-Regimes nicht verzichten können.

     

    Na das ist eindeutig eliminatorisch "antisemitisch"! Schliesslich weiss doch ein jeder, dass Israel der Hort des emanzipatorischen Kommunismus ist - nicht war Deniz?

     

    Stimmen tut es auch nicht so ganz, denn die Moslembrüder und ihre Finanziers in Saudi Arabien und Qatar haben gar kein Problem mit Israel zu kollaborieren. Und wenn man liest, dass Haniyeh das sunnitische Herrscherhaus für die Niederschlagung der Protestbewegung gelobt haben soll, dann weiss man - dass HAMAS und FATAH ohnehin nicht die Lösung, sondern Teil des Problems sind.

  • S
    Stefan

    Man mag es Israel bei seinen Nachbarn nicht wirklich verübeln, wenn sie sich weniger dafür interessieren, ob nun gerade X Y den Schädel einschlagen möchte oder Y X. Auch sollte die Euphorie über den arabischen Frühlings etwas abgeebbt sein, wenn man betrachtet, welche Menschenfeinde in den bisher gekippten Ländern an die Macht gekommen sind. Sollen sich die Israelis jetzt über die demokratische Meinung des ägyptischen Volkes freuen, dass diese den Friedensvertrag mit Israel lieber gestern als heute kündigen möchten und Israel übberrennen möchten?

     

    Leider meint auch der "ausgewiesene Kenner des Nahostkonfliktes", dass wir uns die Welt nur von den Palästinensern geliehen hätten. All die arabischen und palästinensischen Versuche Israel zu vernichten ignoriert der Autor und schwadroniert von den "nationalen Rechten" der Palästinenser. Hört sich richtig nett an. Gemeint ist das Recht, Israel und die Juden vernichten zu dürfen. Möge der Nahostkenner mal einen Blich auf den Gaza-Streifen werfen. Da hätten die Palästinenser eine blühende Wirtschaftsoase erschaffen können. Statt dessen haben sie die Mörderbande Hamas mit der Mission der Vernichtung Israels gewählt - ganz demokratisch. Auch die Mission Adolf Hitlers war demokratisch legitimiert, wenn man es so sehen möchte.

     

    Golda Meir sagte einst: Es wird erst Frieden geben, wenn die Araber ihre Kinder mehr lieben als sie die Juden hassen.

     

    Aber für den Nahostexperten trägt natürlich die Besatzung und die Siedlungspolitik die komplette Schuld am Konflikt. Von einer Anerkennung Israels und dem Verzicht, Israel vernichten zu wollen, sagt der Autor ... genau, nichts! Ich werte das mal als stillschweigende Zustimmung zu der Vernichtungspolitik der Palästinenser.

     

    Um auf den Anfang zurückzukommen: Um die wenigen freiheitlichen Demokraten kann es einem sehr Leid tun. Aber unterm Strich kann man nicht von den Israelis erwarten, dass sie große Hoffnungen auf einen Sieg der Islamisten setzen, denen das Assad-Regime zu nachgiebig gegenüber Israel ist.

     

    Kleiner Denkansatz ...

  • S
    schatziputzi

    tüpisch, sowas kann nur von einem abdul mutalab kommen.

    he Araber, bringt mal was selber auf die reihe.

    alle sind schuld, nur nicht ICH!

    die USA, israelis, EU, RUSSLAND, die klingonen,

    ORI, angebliche PALESTINENSER, puh der bär

    und sogar bambi, nur nicht die Araber.

    200.000 demonstranten und aufs parlament

    marschieren, was soll der westen da,

    dankbar seid ihr ja nie,

    siehe lybien oder

    ägypten.

  • L
    LankyLanc

    Es zeugt eigentlich nur von pathologischem Hass, wie Israel hier en passant auch für die fehlende Demokratisierung in der arabischen Welt verantwortlich gemacht wird.

     

    Dieser Kommentar ist nur die Neuauflage des immergleichen Liedes: Wenn die Palästinenser nur endlich ihren eigenen Staat hätten, dann, ja dann, würden Frieden und Demokratie im Nahen Osten Einzug erhalten. Dafür muss Israel dann nur alle Sicherheitsinteressen aufgeben, ein paar hundertausend Leute umsiedeln und eine weiteres korruptes, instabiles Regime in der Hand von Islamisten ("Palästina")als Nachbarn begrüßen. Wo ist denn das Problem?

     

    Die große Frage ist: Warum lässt sich die Deutsche "Linke" für diesen nationalistischen Unsinn einspannen. Ist es der alte Reflex, sich noch mit jedem Underdog mit Kalaschnikow unbedingt solidarisieren zu müssen? Oder teils noch ältere Reflexe, bezüglich des Staates der Juden?

  • A
    anke

    Wenn Gottes Hilfe im Nahen Osten immer besonders lange auf sich warten lässt, dann könnte das unter anderem daran liegen, dass er da ganz besonders unter seiner dreifach gespaltenen Persönlichkeit leidet. Vermutlich sitzt er just im Augenblick auf einer Wolke und würfelt mit sich selber darum, ob er als Gott der Christen, als Gott der Juden oder als Gott der Moslems agieren soll. Scheiß Staats-Religionen!