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Debatte Frauen"Designermösen" sind unerforscht

Intimoperationen bergen ein Emanzipationspotenzial für Frauen. Problematisch sind sie vor allem, weil es kaum Kenntnisse zu den Nebenwirkungen gibt.

A ls "Brötchen" beschreiben viele SchönheitschirurgInnen die aktuell nachgefragte Idealform des weiblichen Genitals. Nach offiziellen Statistiken werden in Deutschland jährlich über 1.400 sogenannte Intimoperationen durchgeführt.

Dabei lassen sich Frauen die Vagina straffen, am Venushügel Fett absaugen, die Schamlippen verkleinern oder das "Jungfernhäutchen rekonstruieren" - und so eine jungfräulich-mädchenhafte Vulva und Vagina formen.

Christa Stolle, Geschäftsführerin von Terre des Femmes, wertet die eklatante Zunahme dieser kosmetischen Eingriffe als herben Rückschlag für das Frauenbild unserer Gesellschaft.

Bild: privat
Anna Katharina Meßmer

ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Berlin und promoviert über Intimchirurgie. Zuvor hat die Soziologin im SPD-Parteivorstand und als Regieassistentin für den Filmemacher Lutz Hachmeister gearbeitet.

Doch so problematisch die Intimoperationen sein können, sie bergen auch ein Emanzipationspotenzial. Wer diese Ambivalenz ignoriert, wird dem neuen Phänomen nicht gerecht.

Gemacht, um verletzt zu werden

Stolle warnt eindringlich davor, die Rekonstruktion des Jungfernhäutchens (Hymen) als Schönheitsoperation zu bezeichnen: Während sie bei Schamlippenverkleinerungen allenfalls eine ärztliche Verantwortung der Kundin gegenüber sieht, beschreibt sie Hymenrekonstruktionen in erster Linie als kulturelle Gefährdung.

Damit relativiert Stolle jedoch, was sie zunächst selbst anspricht, nämlich die Tatsache, dass jede Intimoperation sowie auch jede Schönheitsoperation kulturellen Vorstellungen folgt und zugleich auf diese zurückwirkt.

Denn die (Wieder-)Herstellung des Jungfernhäutchens verschmilzt mit all den anderen intimchirurgischen Techniken zu einem gemeinsamen Bild von "korrekten" und "normalen" weiblichen Genitalien.

Kaum eine Intimchirurgie-Website, die diesen Eingriff nicht bewirbt. Und auch die Deutsche Gesellschaft für Intimchirurgie und Genitalästhetik bietet Fortbildungskurse zur Hymenrekonstruktion ebenso an wie zur Labien- und Klitoriskorrektur.

Mittels Skalpell in den Körper geschrieben

Dabei gibt es zunächst einen zentralen Unterschied: Zwar wird bei allen Intim-OPs an gesunden Körperstellen geschnitten und eine Verletzung in Kauf genommen. Allerdings schafft nur die Hymenoplastik eine verwundbare Stelle, die erst dann ihre Funktion erfüllt, wenn sie blutet und verletzt wird.

Und doch folgen die Eingriffe auf einer abstrakt-analytischen Ebene ähnlichen Motiven: Die je vorherrschenden Vorstellungen von "richtigen" und "falschen" Frauen werden mittels Skalpell in den weiblichen Körper eingeschrieben.

Ein essenzieller Bestandteil dieser Vorstellungen ist der Mythos des Jungfernhäutchens, das bis heute - ob in der Bravo oder auf den Webseiten von IntimchirurgInnen - als Membran beschrieben wird, die den Scheideneingang teilweise oder ganz verschließt. Christa Stolle hat recht, wenn sie diesen Mythos als "katastrophal" bezeichnet.

Und ewig grüßt die Kindfrau

Das Ideal, das nun mittels Intimchirurgie hergestellt werden soll, ist das eines straffen, jungfräulichen und geschlossenen weiblichen Genitals. Wo sich die Vulva durch hervorschauende innere Schamlippen öffnet, werden diese entfernt. Wo die Vagina sich weitet, wird gestrafft und zusammengenäht. Die Idee eines "Zuviel" weiblicher Sexualität, die es zu zähmen gilt, schwingt dabei stets mit.

So beschreiben IntimchirurgInnen die kindliche und vorpubertäre Vulva und Vagina - ohne Spuren von Geburt, Alter oder sexueller Erfahrung - als ästhetisch-funktionales Optimum.

Zugleich preisen sie Schamlippenverkleinerungen ebenso wie Hymenrekonstruktionen als Hilfestellung für verbessertes sexuelles Wohlbefinden, neue Höhepunkte und sexuelle Befreiung an. Es geht um die Optimierung zur Kindfrau, wobei partriarchale Vorstellungen von Reinheit und Jungfräulichkeit reaktiviert werden.

Ein Verbot ist keine Lösung

Dennoch kann es nicht die Lösung sein, all diese Eingriffe per se zu verurteilen oder gar zu verbieten. Die Sozialwissenschaftlerin Kathy Davis etwa mahnt in Bezug auf Schönheitsoperationen an, die Leidensgeschichten von Frauen ernst zu nehmen.

Schaut man sich die Geschichten von Frauen an, die sich für eine Hymenrekonstruktion entschieden haben, so kommt auch hier der Wunsch zum Ausdruck, einigermaßen handlungsmächtig in den Prozess der Verobjektivierung des eigenen Körpers einzugreifen.

Das löst nicht das Problem der kulturellen Normierung von weiblichen Körpern, denn die Eingriffe bleiben ambivalent und Ergebnis einer Doppelmoral.

Selbstbewusst der Norm gefolgt

Gleichzeitig eröffnet sich jedoch innerhalb des problematischen kulturellen Rahmens, innerhalb der Grenzen mystifizierter Weiblichkeit ein Möglichkeitsraum: Etwa wenn Frauen selbst darüber bestimmen können, ob und mit wem sie vor der Ehe Sex haben und sich anschließend ein Hymen rekonstruieren, oder besser: konstruieren lassen, welches ihnen erlaubt, die Entjungferung im klassisch patriarchalen Sinne zu inszenieren. Oder wenn Frauen sich erst nach Verkleinerung ihrer Schamlippen dazu in der Lage fühlen, eine selbstbewusste Sexualität zu leben.

So unterschiedlich die Praktiken von Hymenrekonstruktion und anderen ästhetisch-funktionalen Eingriffen in den konkreten Gründen sind, so sehr müssen wir in beiden Fällen ernst nehmen, dass es eine "Denormalisierungsangst" (Jürgen Link) gibt.

Emanzipation, das hat uns die Frauenbewegung gezeigt, muss auf mindestens zwei Wegen stattfinden. Es gilt Mythen und gesellschaftliche Konstruktionen "adäquaten" Frau-Seins zu analysieren und in ihre Bestandteile zu zerlegen, um sie dann neu zusammenzusetzen und zu verändern.

Es fehlen Informationen und Forschung

Doch so lange uns die vorherrschenden Weiblichkeitsmythen unter die Haut gehen, müssen wir uns auch für die Qualitätssicherung intimchirurgischer Angebote und für Verbraucherinnenschutz einsetzen.

Frauen sind handlungsmächtig, aber es fehlt an Informationen und Forschung, etwa im Hinblick auf Nebenfolgen und Risiken. Eine pauschale Verurteilung von Intimoperationen verhindert keine weiteren Eingriffe, aber sie verhindert einen reflektierten und informierten Umgang damit.

Intimoperationen sind nämlich immer beides: ein Sich-Einfügen in die gesellschaftliche Norm und ein Aufbegehren gegen die zugewiesene Position.

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35 Kommentare

 / 
  • DH
    Dr. Hirsch

    Viele Kommentatoren vergessen, daß es auch einige Patientinnen gibt, die aufgrund von Formanomalien des Intimbereiches Beschwerden haben.

    Auch in unserer Praxis ist die Zahl der Frauen mit dem Wunsch einer Schamlippenkorrektur in den letzten 4 Jahren sprunghaft angestiegen, von ca. 10/Jahr 2007 auf ca. 200 ambulante Labienresektionen im Jahr 2011. In allen Fällen war der Wunsch zur Operation aufgrund der geschilderten Beschwerden nachvollziehbar.

    Ernste Komplikationen, die zu Spätfolgen führten, traten in den letzten 4 Jahren nicht auf.

  • M
    Mösenreinigung

    Wurden schon "sich selbst reinigende Designermösen" erfunden? Hier ssehe ich einen grossen Markt, da Mösen regelmässig schon mal ziemlich riechen. ;-)

  • M
    Max

    Also ich weiß nicht, hier und auch bei dem anderen Artikel gibt es Leute die da behaupten die Pornoindustrie hätte eine Standardmöse geschaffen ... dass können eigentlich nur Leute sein die höchstens ein oder zwei Pornos, womöglich noch vom selben Produzenten, gesehen haben.

    Ich habe schon die verschiedensten Mösen in Pornos gesehen und es gibt sogar einen nicht kleinen Markt für Pornografie die sich um die Vergrößerung von Schamlippen dreht oder sonstige Gestaltungen der Vagina dreht.

     

    Ich denke man sollte da unterscheiden zwischen dem Idealbild des Pornos das Vorkämpfer und Ideologen aller Coleur zu ihren eigenen Zwecken malen und der Realität des Pornos wo die Konsumenten mit den Füßen abstimmen und dass sehen wollen was sie geil macht - und nein, dass ist i.d.R. nicht die Designermöse und überraschenderweise auch nicht die Magersüchtige.

  • S
    suswe

    Wer soll sich diesen Quatsch angesichts der Wirtschaftskrise eigentlich leisten können?

  • Z
    zapfdingbatsi

    @Mensch:

    Können die Frauen nicht mal ihren Kopf benutzen und selber denken?

    "Letztlich geht es dabei um den Erhalt von Macht über Frauen" - ich kann es nicht mehr hören!

    Diesen Frauen empfehle ich - Bildung.

    Und Tschüss!

  • PE
    P. Elessat

    Ein Trend ist naturgemäß schwer messbar, noch komplizierter wird es wenn anscheinend nur 1400 Personen oder ~0,002% der Bevölkerung überhaupt Intimoperationen an sich hat vornehmen lassen und die "offizielle Statistik" anscheinend nicht weiter differenziert um welche OPs es sich dabei handelt.

     

    Es ist also durchaus möglich das hier eine Zunahme von sagen wir 10 Hymenoperationen (also das herstellen eines bei der nächsten Penetration blutenden Hymens) per anno zu einem Trend gepusht wird, so denn es überhaupt eine Zunahme gibt der Artikel bleibt diesen Beweis jedenfalls schuldig.

     

    Die Forderung nach massiver Regulierung einer seltenen Operation die im Einzellfall Leben retten kann finde ich kackscheisse.

     

    tl;dr keine zahlen kein trend keine Designermuschi.

  • A
    Alekto

    Schade - gern hätte ich genaueres über die Risiken erfahren. Darüber liest man nie genaues, und gerade DAS sollte man doch tun - von den durchführenden Ärzten kann man da keine Ehrlichkeit erwarten, die stellen natürlich alles als vollkommen harmlos und risikoarm dar...

    schon Brustimplantate (die ja schon ein alter Hut sind und somit eigentlich besser erforscht!) halten nicht ewig und müssen mit der Zeit erneuert werden, ganz zu schweigen von kapselfibrose oder dem stetigen risiko, daß die neuen brüste asymmetrisch oder sonstwie nix sind. und solchen leuten meine möse anvertrauen? niemals!

    aber nun mal wirklich: was sind denn die genauen nebenwirkungen? an info ist aus den beiden artikeln ja nicht viel zu lesen, nur meinungen. was okay ist, aber aufklärung tut wesentlich dringender not als zu erklären, daß man das nicht gut findet.

     

    emanzipatorisch seh ich hier nix dran - wer seinen körper derart hasst, daß er dran rummetzgern läßt, der ändert seinen selbsthaß nicht von heut auf morgen, dessen selbstbewußtsein ist damit nicht geheilt, dessen sexualleben wird dadurch allein nicht besser. während der heilungsperiode läuft wohl sowieso nix und hinterher hat man mit etwas pech eine wesentlich unempfindlichere vagina/vulva als vorher. wer das an sich machen läßt, dessen problem liegt weiß Gott wo, aber sicher nicht in der intimzone!

     

    früher hatten die frauen keine ahnung, wie so eine möse (außer der eigenen) überhaupt aussieht - heute weiß kann frau das allein schon übers internetz ganz simpel rausfinden - findet da dann aber keine bilder von "normalen" muschis, sondern überstylte pornopussies. mit dem ergebnis, daß wiederum keine weiß, was für eine wunderschöne vielfalt es da überhaupt gibt. hetenmänner & lesben/bis: genießt das noch, bald wird's so sein wie mit den Busen: alle sehen gleich aus, haben die gleiche form. schade drum.

     

    und an alle, die sagen: die frauen sind selber schuld, wenn sie das machen, das liegt nie an den männern - flasch.

    erstens kenne ich einige, die blödsinn von sich geben. im amerikanischen gibt es auch schon lange das wenig schmeichelhafte wort "beef curtains" (fleischvorhänge) für eine vulva, deren innere schamlippen unter den äußeren hervorschauen. ich glaub auch nicht, daß das besser wird; die allererste echte möse, die ein jugendlicher zu gesicht bekommt, wird wohl mit größter wahrscheinlichkeit eine pornopussy sein. die werden dann denken, alle haben so auszusehen - die mädels genauso.

    auch in den seröseren medien eine klare botschaft, sieht man sich beispielsweise mal die berichte über kunst an, bzw. welche bilder echt abgedruckt werden: michelangelos adam darf seinen schniepel zeigen, hat keiner was dagegen. aber eine egal wie geartete vulva? nix da. gibts nicht zu sehen.

    männliche schönheitsnormen gestatten es dem mann wenigstens, erwachsen zu sein (muskeln, behaare haut, groß,...), während frauen (und eigentlich hat eine erwachsenen frau genauso behaarung! vergißt man bloß immer wieder, sieht man ja leider auch kaum mehr...) bis auf die mosterbusen auf kind getrimt werden, um als schön zu gelten: naiv, unbehaart, dürr,... am besten wie eine 12jährige.

    und an all die empörten männer: wenn von "patriarchat" oder "männlichem machtgefälle" gesprochen wird, seid nicht ihr persönlich gemeint, auch nicht ein bestimmter mensch. sondern es bezeichnet ein system, das männer auf triebgesteuerte, autoritäre klischees und frauen auf abhängig-doofe sexobjekte reduziert.

    fazit: der sexismus und das patriarchat schadet ALLEN. kämpfen wir also gemeinsam!

    daher, liebe männer, finde ich es recht dämlich, wenn Ihr Sprüche à la "wer so doof ist, ist selber schuld!" bringt. denn WIE WEIT muß es mit einem menschen schon gekommen sein, wie viel üble schönheitsnorm-propaganda muß diese person schon fertig gemacht haben, daß sie sich an der vulva rumschnippeln läßt?

    das liegt an einer menschen- und körperfeindlichen gesellschaft, deren unaufhörliche beauty standard gehirnwäsche jedeN von uns auch betrifft.

    es mag wie ein triviales thema erscheinen, aber - egal ob mann, frau, sonstwer - JEDE_R von uns ist darauf geimpft, daß das selbstbewußtsein bis zu einem (nicht zu unterschätzenden!) maße am physischen aussehen abhängt, und so trivial der anlaß auch sein mag und wie bekloppt einem die idee einer muschi-op einem auch vorkommen mag - gerade diese vermeintlich unwichtigen äußerlichkeiten können die betroffene person derart fertigmachen, daß sämtliche lebensqualität flöten geht.

    Liebste Männer, helft doch einfach mit, da schützt ihr euch doch auch selbst!

    früher waren dinge wie bulimie/magersucht, schönheits-ops oder die ganze rasiererei reine frauernprobleme. aber weshalb sollte die schönheitsindustrie nur an 50% der bevölkerung kohle scheffeln? und was ist passiert? der trend geht immer weiter dahin, daß jetzt auch die jungs & männer im netz dieser industrie zappel. weil jahrelang durch die frauen der nährboden bereitet wurde. wärs da nicht sinnvoll, gerade bei so einem gefährlichen trend wie diesem hier in dem artikel, die zähne zu zeigen und gemeinsam mit den frauen gegen so einen menschenverachtenden unsinn anzutreten, bevor die l'oreal- und dr. mang - mafia ihre gierigen griffel auch an eure intimzone legt? gemeinsamer kampf gegen ein system, daß unsere psyche und unsere körper kaputtmacht? eben.

     

    Also: liebe Frauen, macht den scheiß nicht mit, eure pussy ist wunderschön, GENAU so, wie sie aussieht! kaum eine frau sagt, sie fände ihre vulva schön. ich sage. blödsinn! sie sieht so aus, wie sie aussehen soll: geheimnisvoll, warm, wild, sexy,... alles besser als ein "brötchen". wir müssen doch jetzt nicht auch untenrum wie eine plastikbarbie aussehen!

     

    Und, liebe Männer: Findet Ihr die Muschis Eurer PartnerInnen schön? So wie sie sind? Na, dann SAGT es doch auch mal! Schreit es in die Welt hinaus! Wollt ihr lieber gesunde, individuelle, genußvolle Pussies? Und daß Euer Penis (oder was auch immer ihr leuts mit euch sonst rumtragt) ebenfalls ästhetisch geschätzt wird? Dann macht den Anfang! ZIehen wir an einem Strang und genießen die Schönheit der Vielfalt, in unendlichen Kombinationen! ;-) Halten wir zusammen und klären über diesen Unsinn auf. Das wäre wesentlich konstruktiver und vor allen täte es unserem Umfeld UND uns selbst und unserem eigenen Ego auch gut.

    schwesterliche grüße! =)

    • N
      Näk21
      @Alekto:

      Auf Internetseiten von Chirurgen liest man nicht Brötchen, sondern Muschel, weil das besser klingt. Die Beschreibung dazu ist aber ein Brötchen. Und zum Thema "Korrektur": Es werden auch kleine Schamlippen ganz entfernt. Da schreit keiner, was für eine schlimme "Kultur" das ist.

  • I
    ion

    WOW !

    Das verspricht gruselige Zeiten:

     

    "Intimoperationen sind nämlich immer beides: ein Sich-Einfügen in die gesellschaftliche Norm und ein Aufbegehren gegen die zugewiesene Position."

     

    Hierunter subsumieren 'wir' dann demnächst auch noch das Klonen, oder nicht ?!

    Ich schriebe in diesem Falle "nämlich" mit 'h' = DÄMlich !

    Wer über "Intimchirurgie promoviert", dürfte wohl per se unqualifiziert für einen gesellschaftlich wertvollen (Diskussions-)Beitrag zu diesem Thema sein.

  • FF
    forscher Forscher

    Ich ahnte es schon immer: Kennst du eine, kennst du alle. Seitensprünge bieten auch keine Abwechslung mehr, ich bin seit einiger Zeit nur noch treu - und langweile mich zu Hause.

  • M
    Mann

    Zugegeben, es liegt nahe, das Phänomen im feministischen Diskurs zu problematisieren. Aber es wird dadurch weder erklärt noch aufgelöst. Die Enttabuisierung der Nacktheit und die Allgegenwart der Pornographie (die ich hier nicht zur Disposition stellen möchte) haben auch den Intimbereich und "seine" Leistungsfähigkeit und Schönheit zum Thema der nicht-medialen Öffentlichkeit gemacht. Es kann daher weder verwundern, dass die Idee eines idealtypischen Geschlechtsteil konstruiert wurde, noch dass diese Vorstellung soziale Erwünschtheit schafft, und schon gar nicht kann verwundern, dass der Vergleich der Idee mit dem eigenen Organ Ängste und Sorgen schürt. Das betrifft Männer wie Frauen. Männer, die ohne ärztliche Verordnung Potenzmittel schlucken und die sich zweifelhaften Methoden der Penisverlängerung bedienen, um mit dem scheinbaren Normalfall mithalten zu können, sind die Leidensgenossen der Frauen, die sich den oben genannten Operationen unterziehen. Beide Gruppen unterscheidet in Leiden und Motivation wahrscheinlich wenig von Menschen, die unter Fettleibigkeit oder einer krummen Nase leiden. Ich sehe deshalb keinen Grund, die Debatte geschlechterspezifisch zu führen und auch keinen Grund einen Unterschied zwischen Intimbereich und sonstigem Körper zu machen. Eine breitere und abstraktere Diskussion über Schönheitsideale, ihre mediale und kulturelle Vermittlung und über die seelischen Verletzungen, die mit dem eigenen Nicht-Passen einhergehen, wäre wohl fruchtbarer.

  • AG
    Anton Gorodezky

    "Zwar wird bei allen Intim-OPs an gesunden Körperstellen geschnitten und eine Verletzung in Kauf genommen."

    Wohl Schönheits-OP mit Intim-OP verwechselt. Bei Männern kann die Beschneidung sowohl medizinisch angezeigt sein, sie kann aber ebenfalls durch Kultur diktiert werden oder wegen des ästhetischen Geschmacks erfolgen.

     

    Ich finde es nicht richtig, wenn hier einerseits Hymenrekonstruktion, die aus Angst durchgeführt wird, vom eifersüchtigen Bräutigam erschlagen zu werden und andererseits Schamlippenstraffung, die aus Unterwerfung gegenüber irgendeinem vorgegebenen Schönheitsideal erfolgt in einen Topf zu werfen. Das sind doch nun wirklich zwei verschiedene Hausnummern.

    Genauso könnte man versuchen, Haarfärbungen und Kopftücher im Kontext des gesellschaftlichen Zwangs zu diskutieren.

  • Z
    zahnderzeit

    Ich frage mich, bei welchen Gelegenheiten denn das gute Stück dann stolz hergezeigt wird, das da so viel gekostet hat. Bzw. möchte es lieber gar nicht so genau wissen. Mir fallen anders als bei den Brustoperationen hier eigentlich nur zwei Berufe ein, bei denen das Investment fruchten könnte, oder geht es eher um private Partnerbindung?

     

    Und wenn Männer sich chirurgisch einen Superpimmel formen lassen wollen, ist das aber nicht emanzipatorisch, und einfach nur plump und naiv und unfreiwillig komisch - right? Dachte ich mir.

  • AK
    anja kettinger

    Einer der seltenen Fälle, wo die taz-Leserbriefschreiber sehr viel mehr Recht haben als die Autorin. Man/Frau hat das Gefühl, die Autorin hat zu lange studiert und vor lauter Dekonstruktion das Wesentliche vergessen: die Menschenwürde, die es gerade im Fall von "Designervaginas" zu verteidigen gilt. Und ihren gesunden Menschenverstand. Dieses Phänomen der Designervaginas ist neu in der westlichen Kultur und die Frauen müssen mal aufstehen und laut "Nein" sagen. Sonst wirds am Ende so schlimm wie bei den Schlankheitsidealen. Man/Frau kann auch nicht immer die Patentformel: Emanzipation: ja, aber solange sie nicht verwirklicht ist, müssen die Frauen jeden Terror mitmachen - bringen. Es geht auch mal darum klipp und klar einen Schwachsinn von vorneherein zu bekämpfen oder zu untersagen. Es reicht! In England gab es vor ein paar Wochen eine Demonstration gegen Desigermösen. Das ist die einzige Antwort auf diesen Schwachsinn. Ausserdem möchte kein Mensch, der bei Verstand und Gefühl ist, mit so einer operierten Frau Sex haben. Ausserdem tut sowas weh. FIGHT THE POWER!

  • M
    Möse

    boah, die Hymenrekonstruktion lassen sich doch fast nur die muslimischen Frauen machen, und zwar aus ganz anderen Gründen (Angst) wie irgendwelche Designer-Muschis...

  • D
    Designfetisch

    @hoelz hahahahahahaha

     

    Mag das durch die Mösendesigner angestrebte Format dennoch am liebsten. Zerfledderte Truthähne sind nicht so meins. Allerdings verlange ich von der jeweiligen Partnerin auch nicht, dass sie sich untenrum designen lässt. :-)

  • H
    hoelz

    alle Mösen im Einheitslook???

    wie langweilig wäre das denn?

     

    da könnte man doch gleich heiraten...

  • DP
    Daniel Preissler

    @Inge (z.B.)

    Das bestreitet die Autorin mitnichten - es ist sogar ihre eigene Meinung, wenn ich sie richtig verstanden habe. Sie abstrahiert jedoch (anders als Frau Stolle und Sie gerade) von ihrer eigenen Meinung und schafft es ein gesamtgesellschaftliches Bild unter Berücksichtigung verschiedener Nöte und Bedürfnisse einzufangen.

    Frau Messmer sagt genau nicht: Lasst an euch rumschneiden, das ist emanzipiert und individuell!

     

    Die einzige "Stelle", an der der Text leicht polemisch wird, ist die "kindliche und vorpubertäre Vulva" - die stellen sich sicher die allerwenigsten Mäner vor!

    Ansonsten ein wirklich guter, reflektierter, Text!

  • A
    Allerleirauh

    "Oder wenn Frauen sich erst nach Verkleinerung ihrer Schamlippen dazu in der Lage fühlen, eine selbstbewusste Sexualität zu leben."

     

    Eine zurecht operierte Mädchen-Vagina kann also Mittel sein für die Entfaltung erwachsener Sexualität? Oder was ist sonst noch unter "selbstbewusster Sexualität" zu verstehen?

  • M
    Mensch

    Es braucht nicht mehr Forschung über Designermösen.

    Die Hymenrekonstruktion ist keine Schönheits-OP!

     

    Es braucht viel mehr Aufklärung über die Biologie der Frau und patriarchalische Strukturen. Letztere müssen auf's schärfste bekämpft werden. Denn rückständige, autoritäre Ansichten setzen Frauen unter Druck, sich in das Bild von "Hure und Heiliger" zu fügen, oft leider auch unter Einfluss der erzkonservativen Familie. Letztlich geht es dabei um den Erhalt von Macht über Frauen.

     

    Und es geht auch darum zu verhindern dass es NO-GO-Areas für Frauen gibt.

  • ID
    Intelligent Design?

    Ich hab grade beschlossen, zwischen den Jahren unter Designer-Drogen-Einfluss einer Dame die neuen Designer-Klamotten vom Leib zu pellen, und danach ihre Designer-Möse gründlich zu erforschen.

     

    Die Forschungsergebnisse nehm ich natürlich auf der Kamera von meinem neuen Designer-Handy auf, vielleicht schreib ich auch ne Doktorarbeit drüber, oder noch besser: nen Artikel in der Taz! Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei!

  • R
    René

    Also ich finds wirklich ein arg konstruierten Ansatz den Einsatz chirurgischer Gewalt gegen die Abweichung von einem konstruierten Ideal der weiblichen Genitalien - oder welcher Körperteile auch immer - als emanzipatorisches Potential zu kennzeichnen.

    Nein die Konflikte gehören offen ausgetragen. Es braucht keine Operationen an den Körpern, sondern ein aktives Aufbegehren gegen diejenigen Vorstellungen, Bilderwelten, Sexualitäts- und Reinheitskonstruktionen, die Frauen zur Selbstverstümmelung treiben.

    Das ist doch wohl keine Ausdruck von Emanzipation, sondern von vollkommener Herrschaft. Insbesondere dann, wenn es um angeblich ästhetische Gesichtspunkte geht, die eben nicht - in einer nicht völlig naiven Perspektive - dem individuellen Empfinden der Frauen zugesprochen werden können.

    Im Falle der Hymen(re)konstruktion ist der Herrschaftszusammenhang den einzelnen Frauen wenigstens noch deutlich, im Falle reiner Schönheitsoperationen, wissen es die Frauen oft nicht einmal mehr, dass sie hier nicht einfach einen individuellen Geschmack ausleben und sich selbst verwirklichen, sondern Opfer einer völlig kranken Kultur sind die kaum einem Mädchen die Chance lässt mit sich selbst und ihrer Leiblichkeit/Sexualität in Einklang zu sein.

    Und gerade im ästhetischen Bereich sind es leider die Frauen die diese Idele am härtesten gegen andere Frauen zum Einsatz bringen.

  • AR
    Anna Radack

    Ja, ja, so sind sie, die Feministinnen. In der ersten Hälfte des Tages demonstrieren sie gegen das konservativ Weibliche, die Ansicht, eine Frau müsse sich schön für den Mann machen - und in der zweiten Hälfte des Tages legen sie sich in den OP-Saal, um, na sie habens ja gelesen. Feministinnen sind auch nur politiker, die frühs hüh sagen und abends hott.

  • G
    gast

    dann ist es nicht mehr weit und kindern werden die genitilaien verstümmelt, so wie in afrika praktiziert.

    eine frau die schönheitsoperationen braucht ist nicht emanzipiert. oder brauchen wir eine politisch korrekte einheitsmöse?

  • D
    Daniel

    Die Autorin bringt wohl irgendwie die Begriffe kulturelle Vorstellungen und Zeitgeist durcheinander. Für eine Promotion sollte man sich darüber aber im Klaren sein.

  • B
    Birkenrinde

    Der Artikel vermischt (absichtlich?) die Vaginale Normierung mit der Hymenalrekonstruktion.

     

    Während die Vaginale Normierung ein Produkt technischer Möglichkeiten, der Vaginalrasur (sonst sieht mans ja nicht entsprechend), der Pornoindustrie, aber auch der Sexualisierung (offenerer Umgang mit Sexualität, Oversexed-Underfucked usw.) ist, ist dies die Hymenalrekonstruktion eben nicht.

     

    Es mag verstimmen, dass während in afrikanisch-muslimischen Regionen Mädchen kastriert werden (Beschneidung), junge Frauen im Westen sogar dafür zahlen, dass an ihrer Vagina rumgeschnitten wird.

     

    Andererseits sind Schönheitsideale stets im Wandel. Das westliche Ideal einer Vagina ist jetzt relativ neu, mal sehen wie lange es sich hält. Im Alten Rom haben sich die Männer die Brusthaare brutal rausgerissen, die Frauen haben Germaninnen-Haare getragen und sich giftige Schminke ins Gesicht geschmiert. In Japan hatten die Frauen schwarze Zähne und manch ein Mann Ganzkörpertatoos. Die Wikinger-Männer schminkten sich wie die Frauen...

     

    Das Besondere an unserer hochvernetzten Gesellschaft ist, dass der liberale Umgang der Menschen, den Anpassungsdruck steigert. Gleichzeitig wächst in der atomisierten Massengesellschaft das Bedürfnis sich von der Masse abzuheben.

     

    Die Pornographie und Prostitution im Kapitalismus zwingt zur "marktkonformen Möse". Dort erleben wir, was woanders die gebleichten Zähne der Dame an der Rezeption/Kasse/Theke sind.

     

    Was der Artikel verschweigt, ist aber, dass die Hymenalrekonstruktion zu 90 Prozent von Türkinnen vollzogen wird, d.h. unter anderen kulturellen Bedingungen.

     

    So macht der Artikel wenig Sinn...

  • A
    Anne

    Wir haben jetzt genug über Designermösen gelesen.

  • D
    drutz

    Die Konkurrenz schläft nicht, wie man sieht. Es ist wohl eher ein neoliberales Investment als Zeichen von Emanzipation. Der Markt ist heiß umkämpft, und täglich treten frische Konkurrentinnen ins Feld. Man/Frau will ja nur das Beste, dann muss man auch was zu bieten haben und sich selbst optimieren. Jetzt warte ich nur noch auf die "Ich mach das ja nur für mich selbst, ich fühl mich einfach besser so"-Fraktion. Übrigens alles vergebens, denn die anderen Alterszeichen, Gerüche und Veränderungen kann man sich nicht wegoperieren, was das Endergebnis dann nur umso tragischer wirken lässt.

  • DH
    Der Heinz

    der artikel ist nicht der ernst, oder? frauen emanzipieren an ihrem geschlechtsteil? genau! wie die männer...

  • H
    Höhlenforscher

    "Designermösen" sind unerforscht

     

    Ich stehe gerne bereit bei der Forschung zu helfen.

  • I
    ilmtalkelly

    Ich sehe eine konsequente Ablehnung des Erwachsenseins in unserer Gesellschaft. Die Verkindlichung als Ablehnung von Verantwortung für das eigene Handeln. Fehlendes Mitgefühl, Entfernung jeglicher Körperbehaarung und Wiederherstellung der Jungfräulichkeit sind Ausdruck der nie enden wollenden egoistischen Kindheitsphase. Zudem haben Spielzeug-Technokraten darin noch Hochkonjunktur. Das wird uns teuer zu stehen kommen.

     

    Zeit zum Erwachsenwerden.

     

    Wäre schön, wenn Frauen sich weniger um das "Design" der Vulva kümmern würden und mehr um das, was dort möglicherweise herauskommt.

    Zumindest eine geistige Emanzipation haben solche Frauen bitter nötig.

  • W
    Weinberg

    Bleibt nur zu hoffen, dass auch Nonnen an dem medizinischen „Fortschritt“ teilhaben können!

  • MN
    Mein Name

    ich empfehle zu dem thema folgende doku ueber die ich vor einiger zeit gestolpert bin. wirklich sehr interessant:

    http://topdocumentaryfilms.com/perfect-vagina/

  • I
    imation

    "Ein essenzieller Bestandteil dieser Vorstellungen ist der Mythos des Jungfernhäutchens, das bis heute - ob in der Bravo oder auf den Webseiten von IntimchirurgInnen - als Membran beschrieben wird, die den Scheideneingang teilweise oder ganz verschließt. Christa Stolle hat recht, wenn sie diesen Mythos als "katastrophal" bezeichnet."

     

    Soso, die Bravo ist an Jungfernhäutchenoperationen schuld. Na klar!

  • I
    ingejahn

    in diesem text wird zwar ein (fragwürdiges) emanizipationspotential konstruiert - ich sehe aber ein wesentlich größeres emanzipationspotential darin, als frau zu ihrem/meinem körper zu stehen, so wie er sich zu einer bestimmten zeit/in einem bestimmten lebensalter darstellt.