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Debatte EuropapolitikWeg mit der Währungsunion!

Kommentar von Thilo Bode

Als Linker muss man dafür streiten, dass die hoch verschuldeten Länder aus dem Euro aussteigen dürfen. Denn eins ist klar: Nur so können sie sich erholen.

F ordert man als Grüner, Linker oder Sozialdemokrat, dass hoch verschuldete Länder wie Griechenland oder Portugal aus der Europäischen Währungsunion austreten, gilt man als schlechter Europäer. Warum eigentlich? Die EU besteht aus 27 Staaten, 17 Staaten davon bilden die Währungsunion. Wenn diese nur noch 13 oder auch nur 10 Länder umfasste, warum würde das die europäische Idee gefährden?

Die verständliche Sehnsucht nach einem vereinten politischen Europa blendet ökonomische Fakten aus und erweist der europäischen Idee damit einen Bärendienst. Denn: Soll die Währungsunion im bisherigen Umfang funktionieren, dann müssen jetzt die nationalen Hoheitsrechte in der Finanzpolitik auf Europa übertragen werden. Geschieht dies nicht, werden die Länder der Währungsunion in einen permanenten Zustand wirtschaftlicher Instabilität geraten und damit immer weiter im Schuldensumpf versinken. Das Auseinanderbrechen der Währungsunion ist dann nur noch eine Frage der Zeit.

Die Ursache dessen liegt in der Mechanik der festen Wechselkurse. Besteht die Aussicht, dass ein Staat seine Schulden bei den Anlegern, die Staatsanleihen gekauft haben, nicht mehr bedienen kann, dann setzt Kapitalflucht ein - die Anleger fürchten um ihr Geld und ziehen es ab. Anders als früher, als jeder Staat noch seine eigene Währung besaß, kann heute ein Land diese Kapitalflucht nicht mehr bremsen, indem es seine Währung abwertet. Diese Abwertung aber würde die Kapitalflucht zunehmend unattraktiver machen. Denn Anleger bekämen beim Verkauf ihrer Wertpapiere dafür immer weniger in ausländischer Währung - und das würde im Verlauf sogar einen Rückfluss des Kapitals bewirken. Investionen würden in dem Schuldenstaat ja wieder billiger und rentabler.

THILO BODE

Der Volkswirt ist Gründer und Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch e. V. und war zuvor lange Jahre Manager bei Greenpeace. 2010 publizierte er "Die Essensfälscher" (S. Fischer).

Auch würde eine Abwertung die Wettbewerbsfähigkeit des Landes erhöhen und das Wachstum ankurbeln, da Güter und Dienstleistungen im Austausch mit andern Ländern billiger würden. Kein noch so umfangreiches, mit öffentlichen Mitteln gefördertes Investitionsprogramm kann diesen wirksamen Mechanismus ersetzen.

Verdächtiger Konsens

Die Antwort der europäischen (und deutschen) Politik auf die Schuldenkrise stellt die schlechteste aller Lösungen dar. Sie schafft weder eine zentrale europäische Finanzpolitik, noch wird ein Austritt der hoch verschuldeten und nicht wettbewerbsfähigen Mitgliedsländer aus der Währungsunion auch nur erwogen. Stattdessen sozialisieren die diversen Rettungsschirme die Schulden. Schlimmer noch: Sie schaffen Anreize, weiter Schulden zu machen und damit die gefährliche Dynamik der starren Wechselkurse zu verstetigen. Wer wird schon sparen und seine politischen Ämter riskieren, wenn er die Aussicht hat, seine Schulden letztlich erlassen zu bekommen?

Dessen ungeachtet besteht ein übergreifender medialer und politischer Konsens, weiterzumachen wie bisher. Man lässt einfach nicht ab von der Hoffnung, irgendwie doch noch eine autonome europäische Finanzpolitik institutionalisieren zu können. Dabei geraten zwei Fragen aus dem Blickfeld. Erstens: Ist das überhaupt möglich? Zweitens: Welches Europa entstünde dann?

Eine substanzielle Übertragung von Souveränitätsrechten auf Europa, die ausreichend demokratisch legitimiert wäre, ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Schon die schwierige Geburt des Lissabon-Vertrags, der Brüssel weit weniger Kompetenzen übertragen hat, als es eine gemeinsame Finanzpolitik verlangen würde, hat gezeigt, wie unrealistisch eine solche Annahme ist. Deshalb schaffen die Staats- und Regierungschefs nun Fakten, die allerdings europäisches Recht beugen. Die Politik kreiert Rettungsschirme, die die Probleme nicht lösen und noch dazu die demokratischen Rechte der Schuldner- und Gläubigerstaaten aushöhlen. Für die Bürger Deutschlands baut dieses Europa zudem auf einem Wortbruch auf. Erinnern wir uns: Es gab das Versprechen, nicht für die Schulden anderer Staaten einstehen zu müssen, wenn man die D-Mark aufgibt.

Europa gegen die Demokratie

Trotzdem verteidigt eine große Koalition vehement die Beibehaltung der Währungsunion. Diese Allianz reicht von Globalisierungskritikern und Gewerkschaften über Intellektuelle bis hin zum Finanzkapital und der deutschen Großindustrie. So viel Übereinstimmung, so viel Pathos und so wenig rationale ökonomische Debatte stimmen misstrauisch. Sicher, auch ein Austritt einiger hoch verschuldeter Länder wäre teuer, denn auch er würde europäische Solidarität erfordern.

Zum Beispiel müsste die Schuldenlast der Austrittsländer verringert werden, und die EU müsste auch dabei helfen, ihr Bankensystem zu stabilisieren. Aber im Gegensatz zur aktuell verfolgten Politik würden wenigstens die Kernprobleme der starren Wechselkurse gelöst. Die Länder würden wieder wettsbewerbsfähig und könnten von den Finanzmärkten nicht mehr so einfach in Geiselhaft genommen werden.

Gewichtige gesellschaftliche Gruppen in der EU haben durchaus ein gemeinsames Ziel: Sie wollen ein vereintes Europa. Doch ihre Gründe dafür sind vollkommen unterschiedlich. Das verhindert eine transparente Debatte. Folgendes ist aber trotzdem klar: Erstens ist für die Regierenden ein "Weiter so" durchaus rational. Eine Verkleinerung der Währungsunion würde das wahre Ausmaß des Scheiterns ihrer Politik offenbaren und damit einer Bankrotterklärung gleichkommen. Zweitens könnte die Großindustrie, vor allem die deutsche, nicht mehr von den für sie lukrativen, aber gesamtwirtschaftlich schädlichen Exportüberschüssen profitieren, wie auch, drittens, die Finanzwirtschaft nicht mehr vor Verlusten geschont würde.

Schließlich ist für sehr viele Europabefürworter das unbegrenzte Schuldenmachen schlichtweg ein Akt internationaler Solidarität oder auch eine Chance, ganz schnell die große Idee eines politischen Europa zu verwirklichen. Das wäre jedoch ein Europa der Eliten - gegen die Bürger, gegen die Demokratie und gegen die wirtschaftliche Vernunft.

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15 Kommentare

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  • K
    kennie

    Völlig egal wie man zu einer europäischen Wirtschaftsregierung steht:

     

    -sie ist mit der deutschen Verfassung nicht kompatibel; das Budgetrecht hat der deutsche Bundestag und nicht Brüssel

     

    -eine solche Wirtschaftsregierung würde Jahrzehnte brauchen um handlungsfähig zu sein, geschweige denn die derzeitigen Probleme zu lösen

     

    Soviel Zeit haben wir aber nicht. Es brennt unter'm Dach, und das ist nicht der Zeitpunkt um darüber nachzudenken, das Haus von Grund auf neuzubauen.

  • K
    kopfschütteln

    Ich finde es unglaublich arrogant, um anderen Ländern vorzuschreiben, was sie zu tun oder zu lassen haben. Also diese ganzen "die PIGS" müssen austreten Forderungen kommen auch sehr schlecht rüber bei denen. Ausserdem können sie ja garnicht, da sie ja durch die Schuldenfalle in der Zwischenzeit von Brussel aus regiert werden.

    Immer nur anderen vorschreiben und selbst nichts tun. Es geht aber auch anders, nämlich Deutschland tritt aus dem Euro aus und führt die D Mark wieder ein. Das wäre dann mal eine vernünftige und verantwortungsvolle Haltung den anderen Staten und auch den eigenen Leuten gegenüber.

  • AA
    Andi aus Köln

    Sehr geehrter Herr Bode,

    Am Anfang schreiben Sie was von "nationale Hoheitsrechte in der Finanzpolitik" müßten auf die EU übertragen werden. Mal ne "dumme Frage" von mir als wirtschafts-u.finanzpolitischen laien: Hätte man sowas nicht schon damals vor Einführung der gemeinsamen Währung in so vielen Ländern machen müßen? 2.Frage ist jetzt wo das "Kind" schon längst in den Brunnen gefallen dafür eigentlich nicht schon viel zu spät?

    Gruß hier in die Taz-Online!

  • P
    pantalo
  • Q
    qed

    Zweierlei hätte noch erwähnt werden müssen:

    die profitierenden Eliten sind längst links und ein Aufschrei hätte durch Land gehen müssen wegen des klaren Eintretens von SPD/Grüne/Linke für eine Transferunion: das heißt im Klartext nämlich, daß diese Arbeiterfreunde eine zusätzliche Last von derzeit 40 Mrd Euronen dem deutschen Steuerzahler aufbürden. Pro Jahr. Und neben den 200 Mrd. für Rettungsschirme und ähnlichem Quatsch. Da der Leser hier üblicherweise keinen Schimmer nicht nur von Wirtschaft hat: der Bundesetat 2010 hatte Ausgaben von 320 Mrd, 80 Mrd Schulden mußten gemacht werden. Die Steuern müßten also um 17 % erhöht werden, für das gegebene Versprechen keiner Neuverschuldung kämen nochmals 33% dazu.

     

    Unverzeihlich ist aber, daß Bode nicht erwähnt, wie die Schuldenkrise nur gelöst werden kann in dieser verheerenden politischen Gemengelage: nämlich nur mit einer einzigen Maßnahme- einer Inflationsrate von ca 10- 20 %.

    Was dies alles für den einzelnen taz- Leser bedeutet, kann er jetzt selbst ausrechnen.

  • K
    Karl-August

    Man hätte vor 10 Jahren mit einer kleineren Währungsunion der stabilitätsorientierten und ähnlich strukturierten "Nordländer" anfangen sollen. Die anderen Länder hätten in Ruhe aufschließen können und später immer noch beitreten können. Leider wurde dieser Weg nicht gewählt, da der Euro immer schon in erster Linie ein politisches Projekt war, weniger ein ökonomisches.

     

    Heute schließe ich mich Hans-Olaf Henkel an: am besten wäre eine Aufspaltung der Eurozone. Die Nordländer sollten aussteigen und einen eigenen "Nord-Euro" einführen. Die Südländer würden den jetzigen Euro behalten (womit das Problem der in Euro notierten Schulden nicht entstehen würde).

     

    Natürlich würde der neue Nord-Euro zunächst aufwerten, aber dies wäre nur ein kurz- bis mittelfristiges Problem und besser, als dauerhaft für die Konstruktionsfehler der jetzigen Währungsunion zu zahlen.

  • J
    Jürgen

    Der Autor vergisst und weiß es nicht besser, dass es in Deutschland nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (Lissabonurteil)es unter Berücksichtigung des Art. 20 (1) GG und 79 GG es

     

    -- nicht --

     

    möglich ist, die Kernkompetenz des Staates, das Budgetrecht des Bundes, in europäische Hände zu legen. Das ist diesbezüglich auch nicht zu ändert, es sei denn, es gibt eine neue Verfassung (Art. 146 GG) Bitte das entsprechende Urteil lesen (ca. 40 Seiten), da wird es erklärt.

     

     

    Jürgen

  • MP
    Mrs Piggy

    Tja, gäbe man den "Pigs" ihre Währungen zurück, ließe man sie also gewissermaßen finanzpolitisch

    "gewähren", dann wäre dies das Ende der feuchten, hegemonialen Träume aller deutschen und französischen (vor allem deutschen..) neoliberalen Elite-Europäer.

     

    Niemand hat an der "Griechenland"-Krise soviel verdient wie Deutschland und seine asozialen Banken.

    (..das ist übrigens nicht nur so ein 'Statement', guckt euch die jeweiligen Graphen für die Zinsentwicklung von Staatsanleihen an..sagen wir zwischen 2007 und 2011..

    Frecherweise ist davon aber nix beim Bürger angekommen! Nirgends scheint der kapitalistische

    "Trickle-Down"-Effekt schlechter zu funktionieren als in neoliberalen Volkswirtschaften!)

     

    Und wie sonst sollte man die Pigs zur Verscherbelung ihres Tafelsilbers zwingen und sich nebenbei eigener Verantwortlichkeiten entledigen?

     

    Seit Monaten ist das oben Gesagte eine der Hauptforderungen der "Empörten" auf den Plätzen Madrids und Athens, und hierzulande reiben sich die Bild- und Spiegel-sozialisierten Borderlinerassisten ungläubig die Augen.. "hä, die wollen unsre Hilfskredite gar nicht.. ??"

     

    Der Euro als Währung ohne Staat ist ein zum Scheitern verurteiltes Hirnkonstrukt. Lassen wir es also scheitern, bevor es zu einem totalitären United States of Europe kommt. Oder sind wir da etwa schon?

     

    Pigs, vereinigt euch! Tretet geschlossen aus der Währungsunion aus um Frankfurt, Berlin, Brüssel und Paris und nicht zuletzt der Londoner City maximalen Schaden zuzufügen! Der IWF hat schon mal gar nix zu melden !! Denkt an Island, an Argentinien und Equador! Es ist möglich.. wie bei "Animal Farm", nur diesmal sind die Schweine die Guten !

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Herr Bode muß wohl etwas nicht mitbekommen haben, wenn er schreibt:

     

    "Dessen ungeachtet besteht ein übergreifender medialer und politischer Konsens, weiterzumachen wie bisher. Man lässt einfach nicht ab von der Hoffnung, irgendwie doch noch eine autonome europäische Finanzpolitik institutionalisieren zu können. Dabei geraten zwei Fragen aus dem Blickfeld. Erstens: Ist das überhaupt möglich? Zweitens: Welches Europa entstünde dann? "

     

    Die oben genannte Hoffnung ist berechtigt, weil es eine Epochenwechsel-Option gibt, die eine Steuerungssystem-Revolution ist, und aus dem zu Ende gedachten ökosozialen Umfinanzierungs-Ansatz besteht. Der nationalen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik steht dann ein erweitertes Steuerungsinstrumentarium zur Verfügung. Es besteht auf der Einnahmenseite aus Energie-, Sachkapital- und Lohnsummensteuern und auf der Ausgabenseite aus einem bedingungslosen Zweiteinkommen für Jedermann, KREATIV-Lohn genannt, das den Produktivitätsfortschritt dynamisch wachsend verteilt. Der KREATIV-Lohn tritt an die Stelle der Kosten- und Verteilungswirkung von Flächentariflohnerhöhungen. Mit diesem Steuerungsinstrumenten kann jedes EURO-Land seine Wirtschaft hin auf die Ziele Beschäftigung, Geldwertstabilität, Leistungsbilanzausgleich autonom gestalten - und alle Steuerungseingriffe werden verteilungspoltiisch zu Lasten der KAPITALinteressen gehen. Das ist eine macht- und wirtschaftspolitische Revolution.

     

    Die EURO-Schulden- und Fehlsteuerungs-Krise wird also der Hebel zum Exodus aus dem KAPITALISTEN-Paradies sein. Das evolutionsprozess-theoretische Wissen über die nachfolgende Weltordnung des ÖKOSOZIALEN/KREATIVEN/HUMANEN Fortschritts wird die Grundlage des Implementierungsprojekts sein, das das alteuropäische Humanprojekt vollenden wird.

     

    Eigenartig ist, dass alle Systemdenker von Angela Merkel bis Ackermann dies schon längst wissen. Man lese nur Angela Merkel BILD-Beitrag v. 22.5.2009 über Ludwig Erhard. In diesem redet sie von der Vollendung des deutschen ORDOliberalismus und seiner globalen Implementierung - als Antwort auf die Finanzmarktkrise. Nur die taz-Redaktion und Herr Bode haben von dieser Dimension der aktuellen, vorrevolutionären Lage noch nichts mitbekommen.

  • K
    Kaboom

    Herr Bode, ich hätt da mal ne Frage:

    Die Schulden der Länder, von denen Sie meinen, sie sollten aus dem Euro aussteigen, bleiben ja, unabhängig von der Währung, die sich entsprechende Länder geben, in Euro.

    Werten diese Länder anschliessend ihre Währungen ab, erhöhen sich quasi die Schulden der Länder. Und diese haben noch höhere Probleme die Schulden senken. Was wiederum mit einiger Sicherheit zu nochmaliger Herabstufung der Ratings führen wird. Was dann ohne einen entsprechenden Rettungsschirm mit ziemlicher Sicherheit zum Staatsbankrott der entsprechenden Länder führen wird.

    Und das will man als "Linker"?

  • JR
    Jan Reyberg

    Ich bezweifele, dass Meinungen zur Europapolitik sich an irgendwelchen vermeintlichen Links-rechts-Linien festmachen lassen.

  • I
    iquique

    Steile Thesen, mit hoechst fraglicher, pseudo-objektiver oekonomischer Begruendung, die dann konsequent im nationalen Kleingeist landet. Rette sich wer kann, ohne Sinn, Verstand oder Weitsicht!

     

    Hier nur ein paar Beispiele aus dem Text:

     

    "Die Ursache dessen liegt in der Mechanik der festen Wechselkurse.

    Anders als früher, als jeder Staat noch seine eigene Währung besaß, kann heute ein Land diese Kapitalflucht nicht mehr bremsen, indem es seine Währung abwertet."

     

    Eine Abwertung der eigenen Waehrung kann eine Kapitalflucht keinesfalls bremsen. Hat ein Land sich ueberschuldet bleiben diese Schulden nach einer Abwertung der eigenen Waehrung nominal im gleichen Umfang bestehen, die Rueckzahlung wird nach der Abwertung sogar teurer. Zu Zeiten flexibler Wechselkurse gab es mindestens ebensoviele Situationen von Kapitalflucht oder Glaeubigerzurueckhaltung wenn reale oekonomische Probleme existierten.

     

    "Auch würde eine Abwertung die Wettbewerbsfähigkeit des Landes erhöhen und das Wachstum ankurbeln. Dienstleistungen im Austausch mit andern Ländern billiger würden. Kein noch so umfangreiches, mit öffentlichen Mitteln gefördertes Investitionsprogramm kann diesen wirksamen Mechanismus ersetzen."

     

    Es is absurd zu glauben, dass eine so fundamentale Wettbewerbsschwaeche, die sich in einigen Laendern Europas ueber teilweise Jahrzehnte entwickelt hat mit einem faktischen Bewertungstrick der eigenen Waehrung geloest werden koennten. Abwertungen koennen kurzfristige Erleichterung bringen, wirklich nachhaltige Verbesserungen koennen nur durch Veraenderungen im realen Bereich der Oekonomie mittel- bis langfristig erreicht werden. Dieses wird ohne eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik in Europa nicht erreichbar sein, also mehr Europa und nicht weniger ist die Antwort.

     

    Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine solche Wirtschaftspolitik nicht erreichbar sein soll, es ist ja auch moeglich gewesen sich auf eine gemeinsame Europaeische Waehrung zu einigen, was nicht minder hoheitlich war. Es ist zudem nicht notwendig die gesamte Wirtschaftspolitik zu koordinieren, ist man dazu bereit die realen Handelsbeziehungen zwischen den Regionen Europas in Bezug auf Importe und Exporte anzugleichen, welches einfaches Standardwissen der Handelstheorie darstellt, setzt man genau an der richtigen Stelle an.

    Das Problem ist die falsche, weil einseitig wachstums- und de-regulierungsbasierende Europaeische Wirtschaftspolitik neoliberaler Praegung. Wer dem jetzt auch noch nationalen Rueckschritt und fragliche oekonomische Konzepte hinzufuegt wird keinen Beitrag fuer eine nachhaltige oekonomische Verbesserung in Europa erreichen.

  • E
    Euro-Skeptiker

    Eine Milchmädchenrechnung. Ob wir nun das Geld über Schutzschirme direkt zahlen oder über eine Aufwertung des "Nord-Euros" oder der D-Mark gegenüber der ausgetretenen Drachmen, Pesetas, Lira etc. ist doch am Ende das gleiche. Abwertung und dadurch höhere Wettbewerbsfähigkeit auf der einen Seite bedeutet Aufwertung und sinkende Wettbewerbsfähigkeit auf der anderen. Zahlen müssen wir so oder so. Es wird also Zeit, dass wir die Heuchelei beiseite lassen und uns zu einer echten Union (und dazu gehören eben auch Transfers) bekennen. Nur dann gäbe es das nötige Vertrauen an den Märkten, das für niedrige Kreditzinsen nötig ist. Sachsen-Anhalt zahlt schließlich auch nicht höhere Zinsen als Bayern. Eine solche echte Union würde aber nur funktionieren, wenn noch mehr nationale Souveränität aufgegeben und Regierungsverantwortung Zentralisiert wird (um z.B. zu verhindern, dass Deutsche mit 67 und Griechen mit 60 in Rente gehen). Eben das will aus nationalistischen Gründen keiner und deswegen funktioniert der Euro und die EU nicht.

  • M
    matlockfreeway

    das wäre richtig, wenn denn griechenland seine schulden in drachmen und nicht in euro gemacht hätte.

  • E
    Euromeyer

    Ich wundere mich, wie sehr die Anti €U-Propaganda greift. Die USA sind höher verschuldet und Chinas Provinzen in ihrer Wirtschaftskraft unterschiedlicher, trotzdem fordert dort keine Angstbürgermehrheit die Rückkehr zu Völkerkerkern. Denn darum geht es in Wirklichkeit-Europa wieder in eine zerstritte, machtlose Wirtschaftszone zurückzuführen. Von Linker Seite sollten bessere Vorschläge kommen, als die Bevölkerungen durch Einführung von zur Totoalabwertung verurteilter Währungen in Armut und Exil zu treiben. Linke sollten die Festlegung von Zinsen und Laufzeiten fordern und die Einführung einer EZB mit direkt vom Volk gewähltem Management, die das Geld direkt an Staaten, Firmen und Organisationen nach Volkes Willen bezüglich Stabilität, Wirtschaftswachstum und sozialer Sicherung weitergibt, statt sich einem demokratischer Kontrolle sich immer mehr entziehenden globalen Finanzsystem zu ergeben.Erpresser gehören eigentlich in den Knast und enteignet statt hoffiert.