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Solange Pflegeheime und Krankenhäuser privatisierte, gewinnorientierte Unternehmen sind, ist ihre Versorgung mit kostenlosen Zwangsverpflichteten völlig indiskutabel. Wenn ein angemessener Personalschlüssel und attraktive Löhne die Börsenkurse abstürzen lassen, kann der Staat endlich wieder günstig deprivatisieren und alles so betreiben, wie es erforderlich ist. Mit einem vernünftigen Controlling wird man Verschwendung erkennen und vermeinden können, aber sich er keinen Gewinn erwirtschaften. Aber von Polizei, Feuerwehr und Schulen erwartet das ja auch keiner.
Außer orientierungslosen und abenteuerlustigen gibt es auch junge Menschen, die nach der Schulzeit einfach Lust haben zu studieren und zu arbeiten. Für diese ist eine Dienstpflicht eine erhebliche Behinderung, die sogar Chancen und Motivationen zunichte machen kann.
Interessierte an sozialem Engagement wären besser beraten, eine Ausbildung im jeweiligen Bereich zu machen, zugunsten der Qualität ihrer Arbeit und ihrer beruflichen Qualifizierung.
Die beste Maßnahme von allen: die Transformation der ökonomischen Diktatur in eine soziale Demokratie, keine Feigenblattdemokratie.
Dazu gehört, dass die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft ihre frühere (Teil) Autonomie zurückerlangen und sich nicht von inkompetenten und fachfremden Wirtschaftsheinis in ihre Arbeit fuhrwerken lassen. Dies gilt besonders für den Bereich Gesundheit, Pflege und Soziales.
Wer gesellschaftlich und sozial notwendige qualifizierte Arbeit durch Freiwilligendienste, Ehrenamt und Dienstjahr ersetzen möchte, erleidet ZANGSLÄUFIG Schiffbruch.
Eine soziale Ader ist ehrenwert. Sie ersetzt aber keine nötige Ausbildung. Ähnlich wie bei Brückenbauern, deren Liebe zu Architektur und Statik allein nicht ausreicht. Es bedarf der Qualifikation und der ausreichenden Mittel für solide Baustoffe. Siehe: Genua.
Turbokapitalismus: Nein danke!
Wer weiterhin Desolidarisierung im Namen des Neoliberalismus und des Mammon, die Preisung des Homo Economicus und des Heiligen Geistes der unsichtbaren Hand betreibt, der wird ohne Zwangsverpflichtung (der man dann eine Fürsorge für die Zwangsverpflichteten andichtet) nur Harz-IV-ler dafür engagieren, den Fachkräften Lohnkonkurrenz zu machen. Nur leider leider sind letztere oft gesundheitlich angeschlagen ...
"Warum sollten sie nicht für ein soziales, ökologisches, caritatives Dienstjahr verpflichtet werden?"
Weil sie nach 18 Jahren Social Engineering das Recht haben, endlich mal etwas Freiheit zu erleben. Und weil man Menschen nicht die potenziell beste Zeit im Leben kaputt machen sollte, nur um die Löcher im Pflegesystem zu stopfen.
"Arbeitslosen jungen Menschen, die sich selbst schon aufgegeben haben, könnte auf diese Weise die Idee einer lebenswerten Zukunft vermittelt werden?"
Ist das eine Frage oder eine Aussage? lol
"Warum sollten sie nicht für ein soziales, ökologisches, caritatives Dienstjahr verpflichtet werden?"
Weil sie nach 18 Jahren Social Engineering das Recht haben, endlich mal etwas Freiheit zu erleben. Und weil man Menschen nicht die potenziell beste Zeit im Leben kaputt machen sollte, nur um die Löcher im Pflegesystem zu stopfen.
"Arbeitslosen jungen Menschen, die sich selbst schon aufgegeben haben, könnte auf diese Weise die Idee einer lebenswerten Zukunft vermittelt werden?"
Ist das eine Frage oder eine Aussage? lol
Wo haben Sie denn gedient, Frau Schmollack?
Wenn Sie Zwangsarbeit schön finden, dann plädieren Sie doch für ein Seniorenpflichtjahr. Damit Sie auch noch in den Genuss kommen.
Und da die Gleichstellung von Frau und Mann Ihnen so am Herzen liegt, müsste Sie doch immer noch die Ungerechtigkeit schmerzen, dass Sie als Frau damals positiv diskriminiert wurden.
dass pflicht nicht freiwillig geht ist wohl selbstverständlich - wenn man sie trotzdem will muss man sie auch klar benennen: legalisierte zwangsarbeit
Hallo,
bitte benennen, welche Konsequenzen denn angedroht werden sollen, um die Zwangsarbeit durchzusetzen. Ich nehme an, es wird einfach Gefängnisstrafe angedroht? Wie lange? Auch ein Jahr, so wie die Zwangsarbeit? Oder länger oder sogar kürzer? Oder soll es mehr so in die Richtung gehen, dass die arbeitsscheuen Sozialschmarotzer, die sich der Zwangsarbeit entziehen wollen, dann gar nicht mehr hoffen brauchen, noch mal studieren zu dürfen?
=> Jede Form von Zwangsarbeit ablehnen!
Grüße,
der ex-Zivi
Richtig. Darum muss man aber den Dienst in einer Armee mit tödlichen Waffen nicht als sozialen Dienst einstufen.
Und nebenbei muss bereits vorher genug Geld im sozialen Bereich sein - und ein Zivildienst nur zusätzlich erfolgen, nicht als Lückenfüller für überarbeitete Pflegekräfte.
Dann bitte auch das Wahlalter auf 16 senken. Irgendwie hasse ich, als mittlerweile "alter Mann", die Jugend nicht so sehr, dass ich sie ohne Konsequenzen zwangsverpflichten möchte.
Soso, ich scheiss auf Kindheit und Jugend, um Gymnasialempfehlung und das gestrenge G8 zu schaffen, möglichst mit Noten, die mir trotz NC die lukrativen Studiengänge erlauben, um schon vor 25, hochqualifiziert und hochmotiviert, der Arbeitswelt zur Verfügung zu stehen und dann soll ich ein Jahr für den Mindestlohn gerade den alten Zauseln den Arsch wischen, die mir mit ihrer konservativen Stammwählerei, diesen Schlamassel eingebrockt haben? Ihr könnt mich mal an selbigem, dann doch lieber nach Australien, außer vielleicht, Omma und Oppa machen ebenfalls ein Jahr mit, bevor sie in den wohlverdienten gehen. Nennt man Gerechtigkeit oder auch Solidarität.
Alles schön und gut.
Aber momentan sieht es so aus (bei einem Klinikbetreiber in D), daß auf unserer Station die FSJ-Dienstleistenden voll auf dem Dienstplan stehen und entsprechend als vollwertige Arbeitskraft geführt werden!
Unser Arbeitgeber freut sich ein Loch in den Bauch - eine Mindestlohnarbeitskraft gespart!
Seit ihren Erfolgen bei den Landtagswahlen im Osten werden wieder Forderungen nach einem Parteiverbot der AfD laut. Wäre das eine gute Idee?
Debatte Dienstpflicht: Freiwillig? Funktioniert nicht
Wer junge Menschen zu sozialen Diensten heranziehen will, darf nicht allein auf ihre „soziale Ader“ setzen. Eine Antwort auf Daniel Dettling.
Mögliche Aufgabe für ein soziales Dienstjahr: Seniorenbetreuung in Wildau in Brandenburg Foto: dpa
Deutschland wird in den kommenden Jahren ohne „Kümmerer“ dastehen, ohne Menschen, die wichtige Care-Arbeit leisten: Kinder betreuen, Ältere versorgen, Kranke pflegen. Der Fachkräftemangel ist jetzt schon eklatant, aber demnächst dürfte er zu ungeahnten Nöten führen. Daniel Dettling, Zukunftsforscher und Gründer des Instituts für Zukunftspolitik in Frankfurt am Main, hat deshalb in der taz an dieser Stelle vor einer Woche einen „Gesellschaftsdienst“ vorgeschlagen: An die Stelle des einst staatlich verordneten Zivildienstes für alle Wehrdienstverweigerer sollte jetzt ein freiwilliger „Gesellschaftsdienst“ treten.
„Bevor man eine Ausbildung oder ein Studium beginnt, kümmert man sich freiwillig – und ordentlich bezahlt – für einige Monate um bedürftige Menschen“, schreibt Dettling. Der Zukunftsforscher bezeichnet seine Idee als „dritten Weg“ zwischen Pflichtdienst und Freiwilligkeit. Denn während die Mehrheit der Deutschen es gut findet, wenn der Zivildienst als eine Art soziales Pflichtjahr wieder eingeführt würde, sprechen Verfassungsgründe sowie die Europäische Menschenrechtskonvention dagegen.
Dettlings Idee klingt charmant: Alle jungen Leute machen mit, das sind immerhin etwa 700.000 der Jugendlichen um 18 Jahre. Sie erhalten Mindestlohn und das gute Gefühl, etwas für das Gemeinwohl getan zu haben. Die sogenannten Generationen Y und Z, so erklärt Dettling weiter, wollten sinnvoller leben als ihre Eltern mit Stress, Zeitnot und Burn-out. Die Jungen wollten eher „einen sinnvollen Job, neben Unabhängigkeit und Spaß, das eigene Leben“ genießen.
Klingt alles plausibel. Es wäre dem „dritten Weg“ zu wünschen, dass Jugendliche ihn zuhauf gehen. Nur: Sie werden es nicht in dem Maße tun, wie Dettling sich das vorstellt. Denn Freiwilligkeit bleibt Freiwilligkeit. Warum sollte jemand, der nach dem Abi oder der Lehre am liebsten durch Südostasien reist, aus lauter Nächstenliebe darauf verzichten? Warum freiwillig Nachtwachen im Pflegeheim schieben, statt durch den Grand Canyon zu trampen?
Wer wirklich will, dass sich alle jungen Menschen zeitweilig sozial engagieren, kommt um ein verpflichtendes Dienstjahr nicht herum. Ob im Obdachlosenheim, in der Kita, im Krankenhaus. Oder bei der Dorffeuerwehr, beim Grünflächenamt, als Haushaltshilfe. Orte und Menschen, die Unterstützung benötigen, gibt es mehr als genug. Menschen aber, die sie freiwillig leisten, eben weniger denn je. Weil es nun mal keinen Spaß macht, alte Menschen mit Brei zu füttern, fremden Kindern die Windeln zu wechseln und in den Blumenrabatten im Park Papier und Schnapsflaschen aufzusammeln.
Warum freiwillig Nachtwachen im Pflegeheim schieben statt durch den Grand Canyon zu trampen?
Nun kann man diese Jobs weiterhin all jenen Menschen überlassen, die das beruflich machen. Vornehmlich sind das Frauen in den mies bezahlten Care-Berufen. Menschen mit schlechter oder keiner Ausbildung, die zu Hilfsarbeiten herangezogen werden. Und Langzeitarbeitslose, die das Jobcenter dazu verpflichtet – ansonsten wird ihnen Hartz IV gekürzt. Will man das?
Ein verpflichtendes Jahr für alle Schulabgängerinnen und -abgänger dürfte das Problem des fehlenden Care-Personals auch nicht vollständig lösen. Aber es würde zu weiten Teilen aufgeweicht. Mit Vorteilen für alle Beteiligten: Alte, Kinder, Hilfsbedürftige erhalten Unterstützung. Und jene, die sie leisten, eine Erfahrung, die sie auf andere Weise kaum machen dürften: das Gefühl, gebraucht zu werden und etwas Nützliches zu tun. So wie das Dettling mit seiner Zukunftsvision ja auch vorschwebt. Ob dabei in jedem Fall die gesellschaftliche Anerkennung herausspringt, die solche Dienste für den Wohlfahrtsstaat selbstredend verdienen, ist fraglich. Aber das ist bei Dettlings „Gesellschaftsdienst“ ebenfalls nicht garantiert.
Care-Jahr als Orientierungshilfe
Ein verpflichtendes Care-Jahr kann ja auch mehr sein als nur die Hinwendung zu sozialer Betätigung. Es kann Orientierungshilfe sein. Immer mehr junge Menschen wissen nach dem Abi nicht, was sie studieren sollen. Oder müssen ein Jahr überbrücken, weil sie den ersehnten Studienplatz erst zwei, drei oder vier Semester später bekommen. Andere haben nach der Lehre erst mal die Nase voll vom Schul- und Ausbildungsbetrieb und wollen kurzzeitig etwas ganz anderes machen, bevor sie voll in ihren Job einsteigen. Warum sollten sie nicht für ein soziales, ökologisches, caritatives Dienstjahr verpflichtet werden?
In diesem Sinne wäre ein Pflichtdienstjahr so etwas Ähnliches wie ein längeres (bezahltes) Praktikum, an dessen Ende manch erstaunliche Erkenntnis steht: Tierheim, das klang immer so schön nach Streichelzoo und Ponyhof, ist aber die volle Härte stinkender Hundekacke und Vögeln in Käfigen. Im Bioladen Körnerbrot und vegane Schnitzel zu verkaufen, hatte ich mir romantischer vorgestellt, als kleine Weltrettung. Aber so lange Stehen macht dicke Beine, das halte ich nicht aus, dann geh doch lieber ins Hotel.
Wann sonst, wenn nicht in einem verpflichtenden Dienstjahr, kann man so viel über sich, seine Vorlieben und seine Abneigungen lernen? Wie sonst können selbst „schwierige“ Jugendliche, die von Eltern und anderen Personen kaum mehr greifbar scheinen, positiv motiviert und „reintegriert“ werden? Arbeitslosen jungen Menschen, die sich selbst schon aufgegeben haben, könnte auf diese Weise die Idee einer lebenswerten Zukunft vermittelt werden?
Und warum soll all das nicht auch auf junge geflüchtete Menschen zutreffen? Warum lässt man sie nicht in Pflegeheimen und in Sportklubs arbeiten? In Kitas kochen und für alte Menschen einkaufen? Natürlich kann man sie nicht dazu verpflichten, erst recht nicht bei einem ungeklärten Aufenthaltsstatus. Aber jemand, der beschäftigt ist und sich gebraucht fühlt, hat einen positiveren Zugang zum Leben. Davon profitiert nicht die Person, sondern in erheblichem Maße die Gesellschaft.
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Kommentar von
Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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