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Debatte AmokläuferAllmacht und Nachruhm

Kommentar von Martin Altmeyer

Wer die Botschaft von Amokläufen verstehen will, muss die Täter als Täter ernst nehmen. Ziel ihrer verzweifelten Inszenierungen ist die öffentliche Aufmerksamkeit.

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3 Kommentare

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  • SY
    Seçil Yusun

    Liebe Lara, wie immer schicke ich Dir doch so gerne gute Textquellen aus dem WorldWideShitWeb;-)Habe diesen Artikel gestern in der TAZ gelesen und finde ihn endlich mal aussagekräftig, gerade vor dem Hintergrund medialer Erklärungswut aus der Feder semiprofessioneller Schreiber zum Thema Amoklauf. Altmeyers Texte sind meist sehr lesenswert, weil darin Narzissmus und Medien verahndelt werden. Wünschte, es gäbe eine Berichterstattungspause über Tim K. mit diesem Artikel als Schlusswort. Aus bald... Seçil

  • S
    stella

    Interessante Perspektive auf die Dinge, wobei ich die Bedeutung der Medien hier für stark überbewertet halte wie in den meisten Berichterstattungen auch.

    Nicht alle Menschen wollen sich auf die Schowbühne stellen/stellen lassen, erst recht, weil es mittlerweile jeder tun kann, egal wie niveaulos. Von diesem Standpunk aus erscheinen mir Gefühle wie massives Fremdschämen, Ekel und Verachtung für diese armen nach Selbstbestätigung haschenden Würstchen für viel plausibler. Anscheinend eine extreme Außenseiterposition, weil wenig bedacht - sie rüttelt schließlich an den Egos vieler dumpfer Menschen aber nicht am Ego des Täters, im Gegenteil. Eine Vereinnahmung des Täters in diesem Punkt ist so schön einfach, da bleibt unsere Welt uin Ordnung. Aber nicht selten versuchen Täter im Falle einer Verhandlung, sich mit Jacken, Mappen, Mützen, Händen vor Kameras zu schützen, geben nichts an die Presse.

    Die Bedeutung von Medien soll damit nicht herunter gespielt werden, lediglich auf einen anderen Standpunkt gestellt werden.

    Um genauer zu sein, bezweifel ich stark, wie Martin Altmeyer schreibt, daß sich hier"zeitgenössische Sehnsucht nach medialer Spiegelung mit der privaten Wut eines beschädigten Selbst verbindet" und so ein mentaler Brandsatz entsteht. Hass und Wut können auch so groß genug werden, da bedarf es nicht noch dem Wunsch nach Bespiegelung und ist im entsprechende Moment wahrscheinlich einfach völlig sch**** egal.

    Dieser reine fatale Hass ist das scheinbar schwer für uns zu ertragende, denn er richtet sich direkt gegen uns und unsere Gesellschaft. Daß es da noch weitere Faktoren geben muß, wäre eine schöne Entlastung für uns alle.

     

    Eine Frage an den Autor:

    Was ist eigentlich mit dem "performativen Kern wütender Identitätssuche" gemeint? Ist doch ein "sprachloses Gewalttheater".

  • S
    steffendi_X

    Warum,

    diese Frage beschäftigt mich schon seit geraumer Zeit. Nicht erst seit dem Tag der das Grauen in die Nachbarschaft brachte. Die Frage nach dem Warum, taucht immer erst in dicken Lettern auf, wenn es zu spät ist. Leider ist das so, viel trauriger finde ich jedoch die Tatsache, das die Fassungslosigkeit und das Bestürzen über solche Taten meist nicht länger anhält, als die Freude über eine neue Jeans.

    Nur bei den direkt Betroffenen werden diese Erlebnisse zum stetigen Begleiter und dies in den meisten Fällen ein Leben lang, weil sie das Erlebniss am eigenen Körper zu spüren bekommen haben.

    „Warum“ ist das so?

    Ich denke, das die Medien hierbei eine große Rolle spielen und auch einen wesentlichen Teil dazu beitragen, das solche Taten geschehen. Zum einen was das Nachdenken und das Nachwirken solcher Meldungen angeht, verfolgen sie ähnliche Ziele wie Eintagsfliegen. Sie werden geboren und fressen alles auf, was für sie an Nahrung abfällt, und zeugen soviel Nachkommen wie möglich. Dann sterben sie und es werden neue geboren, die aber aus dem gleichen Holz geschnitzt sind und die gleichen Ziele verfolgen, wie ihre Vorgänger.

    Hierfür gibt es ein Beispiel über das ich hier in der TAZ gelesen habe.

    Daraufhin äußerte ein Bild-Reporter am Tag des Anschlages vor der Albertville-Realschule, in der zu diesem Zeitpunkt immer noch zwölf Tote liegen.“Hier sei alles "abgegrast", es gebe nichts mehr zu holen, er gehe jetzt.“ (http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/winnenden-die-story/)

     

    Dies zeigt leider worum es den meisten Journalisten in der heutigen Zeit geht, jedoch gibt es auch einige Ausnahmen!

    Hierdurch entsteht eine sehr kurzatmige Betroffenheit, weil die nächste Sensation bzw. das nächste Blutbad schon in einem anderen Ort, oder einem anderen Land wartet. Dem Journalisten sein Brot, der Nachricht ihr Tod. Hört sich grausam an, doch leider ist das so. Ich studiere seit einiger Zeit auch Journalismus und komme mit so mancher Geschäftspraxis dieser Berufsgruppe gar nicht zurecht.

    Doch auch hier gilt“ Angebot und Nachfrage“ bestimmen den Markt.

     

    Was die Mitschuld der Medien an solchen Taten angeht, muss man nicht weit ausholen.

    Um so Medienwirksamer ein Terroranschlag oder auch die Übernahme eines Konzerns inszeniert wird, umso größer die Anteilnahme der Bevölkerung. Auch wenn die Dauer der Wirkung mit der nächsten Top-Meldung verblasst, geht man in die Geschichte ein und reserviert sich einen Platz in der Erinnerung.

    Es ist zu Bedauern, dass hierdurch ein Wettbewerb entsteht, der wie unsere Wirtschaft auf Wachstum basiert. Wer hört den heute schon noch hin, wenn in den Medien über eine Autobombe berichtet wird. Nein, das reicht heute nicht mehr aus um sich gehör zu verschaffen, man braucht schon mehrere Autobomben am besten welche die von Selbstmordattentätern direkt in ihr Ziel gefahren bzw. geflogen werden.

    Der Mensch härtet ab und die Medien tun Ihren Teil dazu. Schnell sucht man nach den Antworten und schnell vergisst man die gefundenen. Anstatt ausführlicher Berichterstattung, greifen Journalisten auf unseriöse Quellen zurück und spucken dies dann wieder aus.

    Ständig werden Meldungen geändert oder ergänzt, in manchen Fällen auch ganz zurückgezogen.

    Dies war bestimmt schon immer so, doch nicht in einem so engen Zeitfenster wie heutzutage.

    Es gilt immer den anderen zu topen, oder dessen Berichterstattung zu hinterfragen. Besser und blutiger zu sein als der Konkurrent. Diese Haltung färbt auf die Gesellschaft ab und schafft Sensationsgeilheit.

     

     

    Wir fragen nach dem Warum, immer wieder aufs neue, dabei liegen die Antworten auf der Hand.

    Es sind die Medien in Verbindung mit der Politik die unsere Gesellschaft prägen.

    Der Leistungsdruck unter dem die Menschen in der heutigen Zeit stehen, immer besser, immer schneller, immer effektiver, immer schöner zu sein kommt ja nicht von ungefähr.

    Da bleibt leider wenig Zeit sich den Kindern oder den Nachbarn anzunehmen, weil man ja mit sich selbst beschäftigt ist, den Anforderungen zu entsprechen.

     

    Horrorvideos, Pornobilder auf der Festplatte und als Lieblingsspiel Counterstrike in Verbindung mit Softair-pistolen an der Wand, sind schnell als Inspiration für solch eine Tat ausgemacht.

    Doch Inspiration reicht für so etwas nicht aus, es bedarf auch einer Entschlossenheit etwas besonderes zu leisten. Doch darauf wird man von Kindheit an getrimmt. Tim Kretschmer fühlte sich als etwas besonderes, mächtiges doch leider blieb er unverstanden und schottete sich allmählich von seinem sozialen Umfeld ab, weil sie in sowieso nicht verstehen würden.

    Er war ja der Gewinner bei Turnieren und der Sohn eines erfolgreichen Unternehmers und Sportschützen, der zum Ausdruck seiner Macht-seines Egos Waffen benötigte. Der Vater, der vermutlich nur wenig Zeit hatte für seinen Sohn, zwecks der Gesellschaftlichen und Wirtschaftlichen Verpflichtungen die er hatte, kompensierte dies vermutlich mit einer Menge materieller Dinge als Ersatz für Zuneigung.

    Die Zeit, die er mit seinem Sohn verbrachte, galt dem gewinnen, dem sich hervorheben, oder auf dem Schießstand ins schwarze zu treffen.

    Dies tat er, doch schmerzlich musste er in seinem sonstigen Umfeld erfahren, das ein Ausbildungsplatz in der Firma des Vaters und die Rolle des erfolgreichen Tischtennisspielers, nicht ausreichen, um sich zu einer eigenen, bei Freunden anerkannten Person zu entwickeln.

    Da entschied er sich diejenigen, die ihn nicht als etwas besonderes sahen zu bestrafen, um ihnen zu zeigen wie mächtig er ist.

     

    Ich entschuldige hiermit in keiner Weise die Tat des Tim Kretschmer, doch ich weise darauf hin das auch er ein Opfer ist, ein Opfer der Gesellschaft und ihrer Schnelligkeit.

    Das Faustrecht wird zwar verpönt und gilt in der zivilisierten Welt als sozialisiert. Doch man lese einfach nur den Wirtschaftsteil einer Zeitung und schnell wird man sehen das dies trotz allem das Maas aller Dinge ist.