De Maizière-Plan für Flüchtlinge: Mehr Druck auf Papierlose
Bundesinnenminister Thomas de Maizière möchte die „Duldung“ für abgelehnte Flüchtlinge ohne Pass weitgehend abschaffen.
Der Referentenentwurf betrifft einen Teil der rund 210.000 ausreisepflichtigen Ausländer in Deutschland. Bei rund drei Vierteln von ihnen wurde der Asylantrag abgelehnt, sie haben aber eine Duldung; diese kann wegen Krankheit erteilt werden oder weil die Flüchtlinge über keinen Pass verfügen und somit nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können.
Letztere Gruppe soll künftig unter Umständen keine Duldung mehr, sondern nur noch eine „Bescheinigung über die vollziehbare Ausreisepflicht“ bekommen und damit von Jobs und Bildungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Ausgenommen davon ist der Besuch einer allgemeinbildenden Schule. Auch soll Flüchtlingen mit dieser Bescheinigung nur noch Unterkunft und Essen und Leistungen zur Körper- und Gesundheitspflege, nicht aber mehr das Existenzminimum gewährt werden.
Das Ende jeder Aufenthaltsperspektive
Die Bescheinigung über die „vollziehbare Ausreisepflicht“ soll es dann geben, wenn die Flüchtlinge angeblich nicht selbst ausreichend an der Passbeschaffung mitwirken oder auch wenn der Herkunftsstaat ihnen keinen Pass ausstelle, heißt es im Gesetzentwurf. Pro Asyl sprach von einem „Rollback“ in der Asylpolitik. Das Bleiberecht war im vergangenen Jahr noch dahingehend modifiziert worden, dass die Arbeitsaufnahme für geduldete Flüchtlinge erleichtert wurde und geduldete Geflüchtete mit langjähriger Erwerbsgeschichte einen Aufenthaltstitel bekommen konnten.
Die Vorsitzende des Asylrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, Gisela Seidler warnte davor, die Duldung mit Einführung der neuen Bescheinigung „weitgehend abzuschaffen“. Dies wäre der völlige Ausschluss vom Arbeits- und Ausbildungsmarkt und von jeglicher aufenthaltsrechtlicher Perspektive.
Manche Staaten verweigern Pässe
„Vollends absurd ist die Idee, eine Duldung zu verweigern, wenn der Betroffene keinen Pass mehr besitzt und der Herkunftsstaat einen Passersatz verweigert“, sagte Seidler. Hier werde das Verhalten des Heimatstaates dem Betroffenen zugerechnet. Dies sei juristisch nicht nachvollziehbar. Es gebe Staaten wie Armenien oder Aserbaidschan, die es oftmals ablehnten, Papiere für Flüchtlinge auszustellen, berichtete die Berliner Migrationsrechtsanwältin Oda Jentsch der taz.
Seidler verwies auf Verhältnisse in Belgien, Italien oder den Niederlanden, die das Instrument der Duldung nicht kennen. Diese Staaten hätten eine ungleich größere Zahl von obdachlosen Migranten ohne jegliche behördliche Registrierung, darunter viele abgelehnte Asylsuchende. Dies führe vor allem zu großem Leid für die Betroffenen, aber auch zu Schwarzarbeit und einem Anstieg von Kriminalität.
Ob der Koalitionspartner SPD dem Vorhaben aus dem Bundesinnenministerium zustimmt, ist allerdings noch offen. Im Bundesrat ist das Gesetz nicht zustimmungspflichtig, hieß es im Bundesinnenministerium.
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