David Kato in Uganda beigesetzt: Hasspredigt am offenen Sarg
Bei der Beerdigung des ermordeten Schwulenaktivisten wettert der Dorfpfarrer gegen Homosexuelle. Dann muss die Polizei eingreifen und ihn in Sicherheit bringen.
NAMATABA taz | David Katos Leichnam ist aufgebahrt, der Sarg noch nicht geschlossen, da wettert der Dorfpfarrer lautstark gegen Schwule. Gott begrüße keine Männer im Himmel, die andere Männer lieben, predigt er ins Mikrofon.
Die versammelten Trauergäste sind entsetzt. Aktivisten von Ugandas Verband sexueller Minderheiten (SMUG), für den der am Mittwoch in seinem Wohnhaus ermordete Kato arbeitete, versuchen dem Pfarrer das Mikrofon zu entreißen. Leute aus dem Dorf kommen angerannt, um den Pfarrer zu verteidigen. Plötzlich verwandelt sich die friedliche Beerdigung im Garten des Elternhauses von Ugandas mutigstem Schwulenaktivisten in ein Handgemenge zwischen Homosexuellen und Dorfbewohnern in Katos Heimatgemeinde Namataba, rund 30 Kilometer von der Hauptstadt Kampala entfernt.
"Kato musste sterben, weil die Medien gegen uns Schwule hetzen. Dass so etwas nun bei seiner Beerdigung passiert, ist entsetzlich", schreit Sandra, ein Transvestit, den Tränen nahe. "Wir sind in Uganda nicht mehr sicher", schluchzt er. Eine Handvoll Polizisten schreitet schließlich ein, zerrt den Priester aus der aufgebrachten Menge und eskortiert ihn in Katos Elternhaus. "Das war zu seiner eigenen Sicherheit", erklärt der verantwortliche Polizeioffizier. Er bittet die Leute, jetzt zu gehen.
Dabei hatte alles so friedlich begonnen. Hunderte Trauernde hatten sich im Garten des kleinen Hauses zwischen Bananenhainen um den offenen Sarg versammelt. Essen wurde verteilt. Mutter und Tanten knieten um den Sarg unter einem Zeltdach. Kollegen und Freunde aus Ugandas Schwulen- und Lesbenszene trugen T-Shirts, bedruckt mit Katos Porträt. Vertreter der deutschen, irischen und US-Botschaften legten Kränze nieder. SMUG-Partnerorganisationen aus den USA, Südafrika und Kenia hatten Beileidsbekundungen geschickt. Auch ein Solidaritätsbrief von Barack Obama wurde verlesen.
Kato war am Mittwoch durch Hammerschläge auf den Kopf in seinem Haus ermordet worden. Die Polizei erklärte am Freitag voreilig, ein Dieb habe ihn erdrosselt. Man habe einen Verdächtigen festgenommen und fahnde nach einem ehemaligen Mitbewohner und Angestellten Katos als dem Hauptverdächtigen. Es gebe keine Hinweise, dass Kato aufgrund seiner Aktivitäten als Schwulenaktivist getötet wurde.
In einer Rede am offenen Sarg fordern Vertreter von SMUG die Behörden auf, anständig zu ermitteln. Katos SMUG-Kollegin Julian Pepe erzählt, sie habe zwei Stunden vor dem Mord mit Kato telefoniert. Er habe von Morddrohungen berichtet, hatte Angst um sein Leben, sagt sie und weint. Sylvia Tamale, Rechtsprofessorin an Ugandas Makerere-Universität, wendet sich in ihrer Rede an die Regierung: "Seid ihr nun glücklich, einen Schwulen weniger in Uganda zu haben?
Leser*innenkommentare
Suuna
Gast
@Klaus:
Wann wurde eine solche Strafe den zuletzt angewendet? Bei der Pressepräsenz des Themas in In- und Ausland wäre ein Urteil doch publiziert worden
Klaus
Gast
zu suuna:
in uganda sind bereits jetzt bis zu 14 jahre gefängnis für gleichgeschlechtlichen sex vorgesehen. da kann man wohl kaum sagen, es gebe eigentlich kein menschenrechtsproblem.
Suuna
Gast
Das eigentliche Problem ist doch nicht eine Nicht-Einhaltung der Menschenrechte oder eine Medienhetze.
Die ugandische Regierung gibt doch einen legalen Rahmen vor, der dafür sorgt, dass Clowns wie Bahati mit ihren Gesetzen nicht durchkommen und Organisationen wie SMUG überhaupt arbeiten können. Uganda kommt hier ein wenig zu negativ weg, besonders wenn man es in Vergleich mit anderen Staaten setzt.
Der Schwulenhass kommt von Unten und wird angefeuert durch verschiedene Pfingstkirchen. Nicht mal die Katholiken und Anglikaner (zumindest in der offiziellen Linie) hetzen derart gegen Homosexuelle. Der Erfolg der Pfingstkirchen ist eine komplexe Sache, aber einen großen Einfluss der radikalen Christen in den USA ist nicht von der Hand zu weisen
Dass irgendwelche zweitrangigen Boulevardblätter dies zu ihrem Nutzen aufgreifen, musste passieren. Das die Hetze von den Medien selbst ausgeht, halte ich für fraglich.
DiversityAndEquality
Gast
@Hakuna Uhuru:
Es wäre in der Tat besser, erst einmal zu unterbinden, dass evangelikale Hassprediger aus USA und Europa - wie in Uganda nachweislich geschehen - ihren Menschenhass in andere Länder exportieren
und unmittelbar dazu beitragen, dass diese Länder die Todesstrafe gegen Homosexuelle oder wen auch immer einführen oder überhaupt deren Menschenrechte verletzen.
Mit "Tradition" hat das in den meisten Fällen herzlich wenig zu tun, sondern vielmehr mit einer Mischung aus altem und neuem Imperialismus des Nordens.
Wenn die Industrieländer also etwas für Menschenrechte tun wollen, dann sollten sie zuallererst den Menschenhass in ihrer eigenen Gesellschaft viel aktiver als bisher bekämpfen - und so auch seine Verbreitung in alle Welt!
Solange zutiefst menschenverachtendes Gedankengut, das Homosexuellen gleiche Rechte als Menschen und Bürger abspricht, sie überhaupt als minderwertig, "widernatürlich" oder "sündhaft" (Verpackung verschleiert ja nicht den Inhalt, der lautet: "Ihr dürft nicht sein!) diffamiert,
auch bei uns unter dem Deckmantel von "Meinungsfreiheit" und "Religionsfreiheit" geduldet wird, haben wir überhaupt keine Glaubwürdigkeit, von anderen etwas zu fordern, was wir selbst in keiner Weise konsequent einhalten.
Hakuna Uhuru
Gast
Erst die Aufforderung vom "Rolling Stone" im letzten Jahr mehrere Schwule umzubringen, dann der Prozess mit dem Richterspruch zugunsten Katos, diese Woche der Mord und dann dieser Priester an seinem Grab!
Einen viel schlimmeren Tod und der damit verbundene Spießrutenlauf im Vorfeld kann man sich kaum vorstellen - die absolute Hölle.
Das alles ist absolut zu verurteilen - auch und vor allem vom Westen!
Wo ich allerdings Lynx86 nicht zustimmen kann ist, dass die Menschenrechte überall eingehalten werden "müssen".
Natürlich wäre das aus unserer europäischen Sicht (denn es sind ja vor allem unsere Menschenrechte!) wünschenswert, allerdings gibt es in großen Teilen der Welt einige Vorbehalte gegen diese Bestimmungen.
Dabei rede ich nicht nur von kleinen Minderheiten wie evt. den Nazis in Deutschland, sondern auch von einer offensichtlich großen Mehrheit in ostafrikanischen Ländern wie Rwanda, Buruni; Kenia; Tanzania und Malawi und ich bin mir sicher vielen anderen Staaten auch.
Eine schwierige Sachlage: Tradition - Kultur - Menschenrechte - Politik - Religion projizieren alle ein anderes Weltbild nach außen. Nur teilweise überschneiden sich diese Bilder.
Jedes Individuum hat sich zu entscheiden welches Bild für ihn/sie, seine/ihre Gesellschaft am besten passt.
Bei uns ist das momentan und glücklicherweise schon seit langem bestimmende das Bild der Menschenrechte. Andere Länder sind offensichtlich noch in einem Prozess dorthin gefangen.
Man sollte diese Länder unterstützen den Weg zu den Menschenrechten selbst zu finden - diese Werte aufzudiktieren schafft noch lange keine breite Unterstützung in der Bevölkerung!
R.I.P.
David Kato
das seh ich auch so
Gast
@egal
so seh ich das auch. das ist ja nicht nur bei der taz so, sondern bei fast allen zeitungen. besonders bei lokalzeitungen versuchen nazis stimmung zu machen. bei "linken"-zeitungen/projekten die leute zuprovozieren.
komisch ist nur, dass selbst auf indymedia nazikommentare schneller gelöscht (oder als nicht inhaltlich markiert) werden als hier. bzw hier anscheinend teilweise gar nicht.
auch könnte die taz von derwesten.de lernen und bei kritischen themen die kommentarfunktion abstellen.
DiversityAndEquality
Gast
@egal:
Gut erkannt. Ich frage mich, weshalb faschistische, rassistische und sonstwie menschenfeindliche Aussagen überhaupt veröffentlicht werden.
Aber das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass die Pervertierung demokratischer Meinungsfreiheit weiterhin nicht als solche identifiziert und unterbunden wird.
Eine gesellschaftliche Debatte, die wir DRINGEND brauchen, denn wer anderen ihr effektiv gleiches Lebensrecht abzusprechen, Diskriminierung und Gewalt befördert, hat die Grenzen der demokratischen Meinungsfreiheit schon lange überschritten.
Faschismus, Rasissmus, Antisemitismus, Islamophobie, Homophobie sind keine "Meinung", sondern ein Verbrechen!
egal
Gast
Entschuldigung Leute, aber merkt ihr nicht, dass diese Art von Kommentare hier ganz häufig zu lesen sind ?Das sind Nazikommentare, die hier wohlüberlegt Inhalte so verdrehen, d. wir uns darüber aufregen sollen.Von daher ist es schwierig auf so einen Kommentar( kurz ) zu antworten. Die Frage ist eher, wie damit grundsätzlich umzugehen ist?
1-Gaou
Gast
Sagen wir mal so, die "Scheinheiligkeit" vieler "Menschenrechtsverteidiger" ist gefährlich. Bei den "unzivilisierten" Afrikanern regt man sich gerne auf, bei den Moslems ebenfalls, aber bei der Todesstrafe in Amerika, bei Guantanamo, bei mit Saatgut-Patenten in den Hunger getriebenen Menschen usw. sagen dann häufig genau die Gleichen nichts oder noch schlimmer tun nichts! Jeder Mensch, der wegen seiner Sexualität oder Religion oder politischen Anschauung umgebracht wird, ist schlimm! Aber diese verlogene "Weltpolizei", die mit Fingern auf andere zeigt und selbst die größten Schweinereien macht, ist noch schlimmer!
Solche Phobien (die Homophobie gibt's ja in Deutschland auch!) kann man ja nicht mit Gewalt aus der Welt schaffen (auch die Xenophobie nicht), sondern nur durch Öffnung, Dialog, Freundschaft - in Afrika sicher nicht durch arrogante Einmischung derer, die meinen sie hätten's gerade "mit dem Löffel gefressen" - am Beispiel Beschneidung kann man durchaus sehen, wie Hilfe und Dialog zum Erfolg führen.
Philipp Lehmann
Gast
@ Alexandra: Bei einem solchen Stumpfsinn kommts mir echt hoch! Wo is denn die Grenze, der Dinge um die man sich deiner Meinung nach kümmern soll?!?Ne Menschenrechtverfechterin scheinst du auf jeden fall nich gerad zu sein!!!Wären (mehr) Menschen wie du an der macht, würde sich jeder kleine warloard und diktator freuen, dass er unbehelligt genozide und was ihm sonst gerad noch so einfällt durchführen!Echt armseelig!!!
Lynx86
Gast
@Flo:
100% Zustimmung. Menschenrechte müssen überall gelten.
Flo
Gast
@Alexandra
Und sollte Deutschland mehrheitlich beschließen alle Frauen mit Namen "Alexandra" hinzurichten, erwartest du dann auch dass sich Amnesty, E.U., V.N., und co. da raushalten, das wäre ja auch schließlich einmischung?
Demokratie bedeutet nicht nur Menschenrechte im eigenen Land zu schützen, sondern sich auch gegen weltweite Ungerechtigkeiten zu stellen, alles andere wäre falsch und verlogen!
Alexandra
Gast
Ist doch deren eigene Sache. Ich verstehe nicht warum man sich hier im Westen darüber so aufregt...
Aber sich in Angelegenheiten fremder Nationen einzumischen ist anscheinend wohl gerade in...