David Bowies Stil: Die Klamotte mächtig, der Duke thin

Stylish bis zum Schluss: David Bowie liebte das große Theater. Schminken und Verkleiden gehörten für ihn zum Handwerk.

Ein Mann läuft vor einem Portrait von David Bowie

Bowie-Portrait in einem Schaufenster im Londoner Stadtteil Brixton am 11. Januar 2016. Foto: reuters

BERLIN taz | „Das Letzte, was ich sein möchte, ist Radio. Eher bin ich Farbfernsehen!“, sagte David Bowie, 25 Jahre alt, in einem rot-blau-goldenen Schlangenleder-Jumpsuit steckend, über seine vestimentären Vorlieben auf der Bühne.

Seine „Bomber-Suits“ – aus Seide, Lurex, Leder und Netz, mit betonten oder fehlenden Schultern und verzierten Hosenbeinen – lagen eng am schmalen Körper, oder beulten sich, wie beim schwarz-silbernen Yamamoto-Einteiler für die Aladdin Sane-Tour von 1973, raumgreifend und gleichmäßig nach beiden Seiten aus und machten aus dem Mann eine Fashionskulptur: Die Klamotte war mächtig, doch der Duke war thin.

Unter seinem schönen, scharfen Gesicht mit den definierten, femininen Wangenknochen manifestierten David Bowies Kostüme vor allem in den 70ern seinen entspannten, in alle Richtungen offenen Genderstandpunkt. Nebenbei etablierten sie die Bühnenpersona – Ziggy. Später, in voluminösen Hosen und Jackets, die Haare zu blond, zu hoch aufgetürmt, konterkarierte der 80er-Jahre-Bowie den Gentleman, den maskulinen Anzugträger.

Im „Let’s Dance“-Video von 1983 trägt er ein beigefarbenes Exemplar im 40er-Jahre-Schnitt, an den Füßen und Händen weiße Handschuhe und Schuhe, dazu ein gebräuntes Gesicht, gegen das sich das ungesund gelbe Haar extrem abhebt: Im Song geht es um Rassismus, und Bowie ist der Weiße.

Der Mann und sein Anzug

Ob enger Overall oder Three-Piece-Suit, der Anzug war David Bowies maßgebliche Montur, seine stoffliche Grundbatterie, aus der er mit Hilfe vieler KostümbilderInnen – ganz am Anfang waren Freddi Buretti und Natasha Kroniloff maßgeblich beteiligt – in verschiedene Richtungen improvisierte. 1969 für „Love you til tuesday“ war es der weiß gepaspelte Schlaghosenanzug mit breitem Revers, später der Jumpsuit, dann der modifizierte Herrenanzug.

Live bezog Bowie übrigens auch immer die Mitmusiker mit ein: „Ich mag meine Band gut angezogen“, sagte er bereits 1972, „sie tragen eine Art astrales ‚West Side Story‘-Outfit“. Er wundere sich im Übrigen etwas darüber, scherzte er damals weiter, wie sehr die Band es genieße, sich in Schale zu schmeißen – „sie haben immerhin als Bluesmusiker angefangen ...“

Bowie, der bereits als Jugendlicher im Londoner Bezirk Bromley durch besondere Kleidung auffiel, wie ehemalige Kiezfreunde und -nachbarn berichten, integrierte seine große Lust am textilen Ausdruck in seine Musik. Bei seinen Ursprüngen im Theater gehörte Schminken und Verkleiden zum Handwerk.

Die Sprache der Kleidung

1967 sprang er in einem Stück als Pierrot über die Bühne. In einer überkandidelten Deluxe-Version des Pierrotkostüm wandert er später im Video zu „Ashes to Ashes“ durch eine imaginäre Welt.

Seine langjährige Ehefrau Iman wird als früheres Model und (Hobby-)Designerin seine Leidenschaft geteilt haben. Sie wird verstanden haben, dass Kleidung eine Sprache spricht, die man als öffentliche (oder als private) Person entweder versucht zu lernen oder der man sich weitgehend entzieht, wie andere männliche Stars seiner Generation. David Bowie hat diese Sprache nicht nur gesprochen, er war ein Künstler, ein Dichter in ihr.

Und auch wenn es in den letzten Jahren weniger textilikonische, wie überhaupt kaum noch Bilder von ihm zu sehen gab: Bowie wird bis zum Schluss „instyle“ geblieben sein. Ein ungepflegter David Bowie in „Wohlfühl“-Look ist undenkbar, selbst im Himmel.

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