piwik no script img

David Beckham startet Training in MailandVirtueller Werbeengel verzückt Italien

David Beckham spielt mal wieder beim "Club meiner Träume": Um die US-Pause zu überbrücken hat er das Training beim AC Milan aufgenommen.

Es gibt viele Beckhams, aber nur einen mit Mantel und AC-Mailand-Schal. Bild: dpa

PALERMO taz Auf der linken Töppe David Beckhams prangt der Union Jack, auf der rechten die italienische Trikolore. Die rechte untere Extremität ist das wertvollste Instrument des 33-jährigen Engländers, wenn es um Arbeit auf dem Rasen geht. Großer Jubel brach wegen dieses Bekleidungsdetails im Lande von dessen neuem Arbeitgeber aus. "Es ist das erste Mal, dass David eine fremde Nationalflagge trägt", jubelte die Sportpresse auf dem Stiefel, als Beckham während des Trainingslagers in Dubai erstmals seine Stiefel schnürte. Im Milan-Lager ist man von "intensiver und wahrer Liebe" seitens des Neuzugangs überzeugt. Die ins rot-schwarze Universum eingebetteten Wüstenkorrespondenten durften sogar schon ein Tor vermelden, das der Engländer mit seinem rechten, Trikolore-verzierten Fuß erzielte. Der Ball war zwar nur in ein leeres Gehäuse des Al-Nasr-Sportzentrums geflutscht. Immerhin aber soll er aus einem schwierigen Winkel abgesandt worden sein.

In die Nachrichten über den Werbestar (28 Millionen Euro Jahresverdienst) zieht wieder etwas sportlicher Gehalt ein. Während der selbst Werbeposen nicht abholde Mittelstürmer Marco Borriello vor Weihnachten vornehmlich neugierig war, ob die Bauchmuskulatur des neuen Kameraden auch in der Umkleidekabine so gut aussieht wie auf den Riesenpostern in den Einkaufspassagen, spielt im neuen Jahr in Pippo Inzaghis Überlegungen der Torvorbereiter Beckham die Hauptrolle. "Viele schöne Flanken" erhofft er sich von ihm. "Mit dem rechten Fuß kann er machen, was er will. Denkt nur einmal an das Spektakel: Er auf der rechten Seite, Kaká im Zentrum, Ronaldinho auf links und ich vor ihnen. Wie werde ich mich da vergnügen", schwärmte der Strafraumzocker von der unmittelbar bevorstehenden Zukunft.

Beckham selbst hält sich mit Äußerungen bislang zurück. Er fordert weder Einsatzzeiten noch eine bestimmte Position ein. Öffentlich verleiht er lediglich seiner Liebe zu diesem "Club meiner Träume" Ausdruck. Kritische Beobachter hatten notiert, dass der gebürtige Londoner bereits ManU und Real in gleicher Weise als Traumclubs bezeichnet hatte. "Gesegnet seien die, deren Träume sich so komplett erfüllen, spottete die Tageszeitung Repubblica.

Für Beckham selbst ist das bis zum 9. März befristete Gastspiel in Rot-Schwarz aus zwei Gründen wichtig. Neben den kolportierten 100.000 Euro Monatsverdienst soll er die Hälfte aller Werbeeinnahmen erhalten, die der Club mit ihm erzielt. Vizepräsident Galliani geht von bis zu 40 Millionen Euro aus. Wichtiger noch ist indes die Teilnahme an der Fußball-WM 2010, die sich Beckham bei dem gestrengen Coach der englischen Auswahl Fabio Capello nur auf dem Platz erkämpfen kann. Um beim Freundschaftsspiel gegen Spanien am 11. Februar auflaufen zu dürfen, überbrückt Becks die Winterpause der US-Liga mit dem stimulierenden Engagement beim AC Milan. Welche Früchte dies zeitigt, dürfen als erste neutrale Beobachter die Spieler des HSV im Rahmen eines Testspiels am 6. Januar in Dubai beurteilen.

Verläuft das Ausleihexperiment zufriedenstellend, so steht einer Fortsetzung im Vor-WM-Winter nichts entgegen. Italienische Medien spekulieren schon jetzt über eine Rückkehr Beckhams im Januar 2010. Selbst ein Einsatz ab Juli nächsten Jahres wird nicht ausgeschlossen. All dies, bevor ein Ball von Beckham den Weg auf den Kopf von Inzaghi oder in ein von einem Tormann bewachtes Gehäuse gefunden hat.

Fußball ist in Italien zum Spiel der Vorstellung mutiert. Ein virtueller Werbeengel aus London ist dessen idealer Protagonist. Die Stunde ist nicht mehr fern, in der man ihn mit dem David des Michelangelo vergleichen wird. Der Kulturverfall scheint keine Grenzen zu kennen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!