Datenschutz: Schutzlos entsorgt

Ein Verein entsorgt sensible Dokumente ungeschreddert im Papiermüll. Land und Bezirke finden: Die Vereine müssen selbst über Datenschutz Bescheid wissen.

Lieblos zusammenschnüren von Aktenbergen geht in Ordnung - achtlos entsorgen nicht Bild: dpa

Nach dem Fund von Dokumenten aus dem Bestand eines aufgelösten Familienhilfevereins in einem Papiercontainer sehen die staatlichen Stellen die Ursache für das Fehlverhalten bei dem Verein. "Datenschutzbestimmungen sind Bestandteil der Rahmenverträge mit dem Land Berlin", sagt Petra Schrader (Linkspartei), Bezirksstadträtin in Mitte. "Alle Beteiligten müssen sich natürlich an das halten, was sie unterschrieben haben."

Der Verein erhielt - das geht aus den im Container eines Mehrfamilienhauses aufgefundenen Unterlagen hervor - staatliche Gelder für die Betreuung der Familien. Die Papiere enthalten neben internen Unterlagen wie Bewerbungsmappen, Berichte von Familienhelfern über die Situation in den betreuten Familien (taz berichtete). Darin machen die Mitarbeiter Angaben zu physischen und psychischen Erkrankungen, zur Situation in der Familie, es fallen Begriffe wie Missbrauch und Verwahrlosung. Direkt in den Berichten stehen die Namen der Betroffenen, eine Seite weiter finden sich die zugehörigen Adressen. Vor der Entsorgung müssen derartige Dokumente eigentlich mit einem Aktenvernichter unkenntlich gemacht werden.

Anja Wollny, Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales weist darauf hin, dass die Vereine die Datenschutzbestimmungen auch ohne Aufforderung einhalten müssen. "Man geht davon aus, dass die Gesetze eingehalten werden, das ist wie beim Strafgesetzbuch." Sollte sich herausstellen, dass in diesem Bereich trotzdem häufig Fehlverhalten auftrete, "dann müsste noch mal was gemacht werden". Derartige Hinweise gebe es aber nicht.

"Gerade was das Thema Datenschutz angeht, sind die Träger sehr bemüht, mit uns Lösungen zu finden", sagt Stadträtin Angelika Schöttler (SPD) aus Schöneberg. In der sozialarbeiterischen Praxis könne es Fälle geben, wo Betreuung und Datenschutz miteinander kollidiere. Dann müsse der Mitarbeiter abwägen dürfen.

Schrader und Schöttler bezeichnen die unzerstörte Entsorgung der Dokumente als "Einzelfall". Vermutlich seien die Mitarbeiter des Familienhilfevereins nicht ausreichend auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen hingewiesen wurden, glaubt Schrader. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix hatte dagegen geschätzt, dass seine Behörde etwa alle sechs Wochen von einem Fund sensibler Dokumente berichtet werde - das bezog sich allerdings nicht nur auf Vereine. Er gehe davon aus, dass nur ein Teil der Fälle überhaupt gemeldet werde.

Wenn es Fragen zum Thema Datenschutz gebe, sei man natürlich für die Vereine ansprechbar, betont Wollny. Doch auch hier sind die Stellen darauf angewiesen, dass bei den Vereinen überhaupt ein Bewusstsein für Datenschutz vorhanden ist.

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