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Datenschutz in RusslandDie Stalking-App ist da

Eine russische App findet Gesichter in Online-Netzwerken wieder. Internettrolle stellen damit Porndarstellerinnen bloß.

Eine russische Gesichtserkennungs-App ist das perfekte Werkzeug für Stalker Foto: dpa

Die ProgrammiererInnen stellen sich das so vor: Morgens in der U-Bahn sitzt eine gut aussehende Person gegenüber, doch bevor man sich überwinden kann, die Person anzusprechen, ist sie auch schon wieder weg. Die einfache Lösung der arglos bis heimtückischen EntwicklerInnen: Einfach schnell ein Foto von der fremden Person schießen und mittels der Gesichtserkennungs-App FindFace das russische Facebook-Pendant VKontakt nach der Person durchsuchen. Schüchterne sollen es so leichter haben, Kontakt zu Fremden aufzunehmen.

Dass das leider erschreckend gut funktioniert, zeigte der Künstler Egor Tsvetko mit seinem Projekt „Your Face is Big Data“. Er fotografierte heimlich Menschen in der Metro und konnte 70 Prozent davon tatsächlich auf VKontakt finden. Damit dürfte das Programm die perfekte Stalker-App sein.

Es kommt jedoch noch schlimmer: Die selbst ernannte Sittenpolizei des russischen Forums 2chan nutzt die App, um öffentlich Leute anzuprangern. Sie enttarnen mit der Gesichtserkennungssoftware Amateur-Pornodarstellerinnen und machen sie auf VKontakt ausfindig. Anschließend teilen sie deren Profil öffentlich und konfrontieren die Freunde und Familie der Opfer damit. Oder wie es im wenig sympathischen Public-Shaming-Forum heißt: „den Spiegel vorhalten“.

Die App ist ein eindrückliches Beispiel für gefährliche Technologie in den falschen Händen. Ob die Entwickler auf die Idee kommen, ihre Stalking-App infrage zu stellen? Nein. Die Nutzung durch 2chan tue ihnen zwar leid, aber da könnten sie nichts machen, so ihre Antwort.

Einzige denkbare Lösung: die App-Macher auf Amateur-Pornoseiten stalken.

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3 Kommentare

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  • Einfach nur widerlich, was diese Menschen aus einer "harmlosen" App machen.

    Da kann einem echt nur schlecht werden.

    Diese Leute sollten an den Pranger gestellt werden.

    • @Nobodys Hero:

      Die "harmlose App" ist von Anfang an nicht besonders harmlos. Schon die Idee ist nicht harmlos, oder wie fänden Sie es, wenn ich in der Straßenbahn ein Foto von Ihnen machen würde, um sie damit dann später in der digitalen Welt wieder zu finden?

       

      Als Entwickler, Forscher, Freigeist, oder Ideenschmied gehört eine Prüfung der Idee, oder des zu erwartenden Produkts, auf ethisch-moralische Grundsätze irgendwo eigentlich zum guten Ton. Zumindest das damit auseinandersetzen empfinde ich als notwendig.

       

      Fragen die dort beantwortet gehören wären z. B. ob das Ergebnis zu Schaden führen kann? Wem Schaden zugefügt werden kann? Wie schwer/einfach kann man Schaden damit anrichten? Ist Schaden im Verhältnis zum nutzen?

       

      Das Tool, so wie geplant, empfinde ich im übrigen auch nicht als besonders harmlos. Also zumindest empfinde ich es nicht als harmlos Menschen dazu aufzurufen Fremde zu fotografieren, um sie später vielleicht in der digitalen Welt finden zu können. Die "korrekte" Nutzung der App basiert auf Ignoranz gegenüber dem Persönlichkeitsrecht.

       

      Gerade in Russland, mit der Verfolgung von Sexualitäten abseits der Heterosexualität, ist diese App eine riesige Gefahr. So viele Hirnwindungen muss man nicht anstrengen um Wege zu finden diese App zum Schaden Anderer zu nutzen.

      • @Fabian Gerber:

        Naja, da haben Sie wahrscheinlich recht.

        Ich würde halt auf solche Ideen gar nicht kommen. Aber man muss wohl damit rechnen...