Datenschutz in Deutschland: Anschluss unter dieser Verbindung
Erstmals liegt eine Statistik über die polizeiliche Nutzung von Verkehrsdaten vor. Die Verwendung ist für die Polizei vor allem billig. Oft beginnen damit die Ermittlungen.
Die Polizei wertet heute häufiger Telefonverbindungsdaten aus, als dass sie Telefone abhört. Dies geht aus der ersten "Verkehrsdatenerhebung" vor, die jetzt das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn vorgelegt hat. Demnach wurden in 8.316 Strafverfahren die Verbindungsdaten ("wer telefoniert mit wem wie lange") abgefragt, während in 5.348 Verfahren der Inhalt der Gespräche abgehört wurde. 2007 waren es noch 4.806.
Die Nutzung der Verbindungsdaten ist für die Polizei relativ billig. Oft beginnt sie damit die Ermittlungen. Wenn etwa ein Toter aufgefunden wird, kann die Polizei feststellen, mit wem der Ermordete zuletzt telefoniert und sich verabredet hat. Bei längerer Auswertung können auch ganze Netzwerke ("wer kennt wen") ausgekundschaftet werden. Das ist bei Ermittlungen gegen organisierte Kriminalität oder Terrorismus relevant.
Die Polizei kann Verbindungsdaten schon seit Jahrzehnten anfordern. Umstritten ist dies aber erst, seit 2007 die Vorratsdatenspeicherung eingeführt wurde. Seitdem müssen Telefon- und Internetunternehmen die Daten ihrer Kunden sechs Monate speichern. Es werden auch viel mehr Daten gespeichert, als bisher zu Abrechnungszwecken erforderlich waren. Neu ist die Registrierung des Handy-Standortes oder der E-Mail-Verbindungen. Die Polizei kann auf die Daten nur im Verdachtsfall zugreifen.
Nach einer internen Statistik des Bundesjustizministeriums beziehen sich etwas mehr als die Hälfte der einschlägigen Polizei-Anfragen auf Daten aus der Vorratsdatenspeicherung. Da viele Telefon- und Internetkunden heute mit Flatrate bezahlen, sind oft keine Abrechnungsdaten vorhanden. Andererseits hat das Verfassungsgericht im März 2008 die Nutzung der Vorratsdaten auf schwere Straftaten beschränkt. In anderen Fällen muss die Polizei weiterhin hoffen, dass Abrechnungsdaten vorliegen.
Nach der jetzt veröffentlichten BfJ-Statistik waren etwa sieben Prozent der Anfragen erfolglos, das heißt, die abgefragten Daten waren ganz oder teilweise nicht verfügbar. Rund 90 Prozent der Abfragen bezog sich auf mittelschwere bis schwere Kriminalität. Nur etwa 10 Prozent der Anforderungen wurden damit begründet, dass die Straftat mit Hilfe eines Telefons durchgeführt wurde.
In rund einem Drittel der Fälle brauchte die Polizei nur die Verbindungsdaten des letzten Monats. Die Auswertung von Daten über mehr als fünf Monate hinweg war mit rund 20 Prozent eher die Ausnahme.
Bei welchen konkreten Delikten die Polizei nach Verbindungsdaten fragt, steht nicht in der Statistik. Ein Gutachten des Max-Planck-Instituts für Strafrecht aus dem Jahr 2008 schlüsselt dies näher auf. In der Praxis geht es am häufigsten um Betrug (rund 30 Prozent der untersuchten Fälle), Mord, Raub und Drogendelikte (jeweils rund 10 Prozent) folgen. Die Kriminologen kamen zum Schluss, dass es sich heute um eine polizeiliche Standardmaßnahme handle.
Ab nun muss die Bundesregierung jährlich über die Nutzung der Verbindungsdaten berichten. Diese Pflicht war 2007 von der großen Koalition beschlossen worden.
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