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Datensammeln über FussballfansEasy zum Gewalttäter

Während die Stadien pandemiebedingt leer blieben, wuchs beim bayerischen Innenministerium die Kartei „EASy Gewalt und Sport'‘ stetig an.

Befindet sich Joachim Herrmann hier mglw. schon in physischer Nähe zu gewalttätigen Fans? Foto: dpa

V or zwei Monaten erst verteidigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU eine rechtsstaatlich schon lange umstrittene bundesweite Datensammlung namens Gewalttäter Sport, in der etwa 500 Personen mit Wohnsitz im Freistaat eingetragen sind.

Schon die physische Nähe zu gewalttätigen Fans bei der Aufnahme von Personalien vor dem Stadion kann genügen, um in Polizeicomputern dem kriminellen Milieu zugeordnet zu werden. Herrmann sagte, so könnten auch Menschen, „von denen es besondere Annahmen gibt, dass sie gewalttätig werden wollen“, vom Stadion ferngehalten werden.

Verschwiegen hat er allerdings zu dem Zeitpunkt, dass die bayerische Landesregierung damals schon längst eine noch willfährigere und fragwürdigere Parallelstruktur aufgebaut hatte, die „EASy Gewalt und Sport'‘-Kartei.

Wie der Kicker berichtete, musste das bayerische Innenministerium auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag nun das Geheimnis preisgeben. Seit Ende Januar 2020 werden diese Daten gesammelt. Und obwohl seit dieser Zeit pandemiebedingt kaum Fußballspiele mit Zuschauern ausgetragen wurden, hat man es ganz easy schon auf 1.644 Personeneinträge gebracht.

Datei Gewalttäter Sport

Dieser Umstand allein sollte selbst naive Menschen nachdenklich stimmen. Die 1994 eingeführte Datei Gewalttäter Sport ist in der zuschauerlosen Zeit übrigens ebenfalls angewachsen. Über deren Rechtswidrigkeit haben sich immer wieder Juristen gestritten.

So verwundert es wenig, dass man in Bayern die noch niedrigschwelligere „EASy Gewalt und Sport“-Kartei klandestin fütterte. Das Innenministerium räumte ein, die Aufnahme in die Datei erfolge nicht anlassbezogen, Grundlage dafür sei eine „Individualprognose“.

Das ist freilich eine paradiesische sicherheitspolitische Spielwiese, wenn man die Gefahr, die man abzuwehren gedenkt, aus freien Stücken, ohne feste Anhaltspunkte selbst herbeiprognostiziert und sich so einen genauen Überblick über private und soziale Gewohnheiten und Zusammenhänge einer Gruppierung verschaffen kann. Auf diese Weise können die mannigfaltigen Möglichkeiten einer staatlichen Überwachungsapparatur auf ihre Wirksamkeit hin ausprobiert werden.

Noch hat Bayerns Innenminister nicht erklärt, weshalb man die Datei Gewalttäter Sport nicht für ausreichend hielt. Notwendig ist nun, dass man die von der Datensammelwut Betroffenen ungefragt über Festgehaltenes informiert – und anschließend über die Löschung der Daten.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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