Das war die Woche in Berlin II: Von wegen Skandal und Zensur
Der Polnische Botschafter sucht verzweifelt ein Kino, das den Staatspropaganda-Film „Smolensk“ zeigen will. Bisher vergeblich.
Nach dem Delphi hat auch das Cubix am Donnerstag die Berliner Premiere des polnischen Propagandafilms „Smolensk“ abgesagt – und die rechten polnischen Medien schäumen. „Wenn das stimmt, dann nimmt das Ganze den Charakter eines Skandals an“, schreibt das Onlineportal niezalezna.pl, und bei wpolityce.pl wird an der Begründung der Absage gezweifelt: „Schwer zu glauben, dass die Deutschen nicht in der Lage sind, die Sicherheit bei einer Kinovorstellung zu gewährleisten. Das Ganze sieht eher nach einer Machtdemonstration der Gegner aus.“ Auch von Zensur ist mancherorts die Rede.
Es lohnt sich in diesem Zusammenhang, einmal die Rolle der polnischen Botschaft zu beleuchten. In den bereits gedruckten Einladungen für die für den 7. November vorgesehene Filmpremiere bezeichnet der seit Juli amtierende Botschafter Andrzej Przyłębski die Ursache des Absturzes der polnischen Präsidentenmaschine bei Smolensk als „bis heute nicht geklärt“. Dagegen schildere der Film des Regisseurs Antoni Krauze „den wahrscheinlichen Verlauf der Ereignisse“. Allerdings hätten die Medien die Suche nach der Wahrheit verschleiert.
Bei dem Absturz am 10. April 2010 war auch der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński ums Leben gekommen. Die Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk war von einer Verkettung unglücklicher Umstände und menschlichem Versagen als Unglücksursache ausgegangen.
Mit der Ankündigung, der Film würde „den wahrscheinlichen Verlauf der Ereignisse“ zeigen, hat sich der polnische Botschafter also auf die Seite der Verschwörungstheoretiker geschlagen, die von einem russischen Abschuss ausgehen. Przyłębski hat damit seinen Teil zur Eskalation beigetragen, die am Ende zu den Absagen führte.
Für einen, der erst ein Vierteljahr im Amt ist, hat sich Polens oberster Vertreter in Deutschland ohnehin nicht besonders diplomatisch verhalten. Dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle warf er „unverantwortliche Kritik“ vor, nachdem dieser sich besorgt über die Vorgänge um das polnische Verfassungsgericht geäußert hatte.
Pikant dabei: Przyłębskis Frau Julia wird in Kreisen der regierenden PiS als mögliche Nachfolgerin des derzeit noch amtierenden Chefs des polnischen Verfassungsgerichts gehandelt.
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