Das war die Woche in Berlin I: Das rechte Auge sieht eher wenig
5 Jahre nach dem Mord an Burak Bektas: Ermittler scheinen rassistische Motive nicht gründlich zu prüfen. Wie auch? Auch in Behörden ticken viele rechts.

Der Mord an Burak Bektaș hat sich am Mittwoch zum 5. Mal gejährt. Noch immer ist der Mörder nicht gefasst, noch immer steht der Vorwurf im Raum, die Polizei ermittele nicht ausreichend in Richtung eines rassistischen Tatmotivs. „Man schaut schon nach rechts, aber nicht in der nötigen Intensität, wie ich meine“, sagte der Anwalt der Burak-Familie Onur Özata dieser Tage im taz-Interview.
Wer sich intensiver mit dem Fall befasst, muss dem Urteil wohl zustimmen. Warum etwa wird ein des Mordes in einem anderen Neuköllner Fall überführter Rechtsradikaler, der um die Ecke von Buraks Haus Schießübungen veranstaltet hat, nicht den Zeugen des Burak-Mordes gegenübergestellt? Eine Antwort auf diese naheliegende Frage bekommt man von der Berliner Staatsanwaltschaft nicht. Stattdessen schwadroniert der Sprecher der Behörde von einer „Kampagne“ der Burak-Anwälte gegen die Polizei.
Nun ist so ein Vorgehen nicht gerade hilfreich, um Zweifel an der Arbeit der Ermittler auszuräumen. Es zeugt auch nicht gerade davon, dass die Behörden, wie allenthalben beteuert wird, vom NSU-Komplex gelernt haben.
Aber wie auch? Offenkundig sind Berliner Beamte ebenso anfällig für rechten Schwachsinn wie der Rest der Bevölkerung. Beispiel gefällig? „Wenn die Blockparteien so weitermachen können wie bisher, dann hat unser Land in 20 Jahren fertig, wir wären wirtschaftlich ruiniert, von einer nicht-deutschen Mehrheit besiedelt und auf dem besten Weg in die islamische Republik.“ Der Satz stammt vom Leitenden Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch. Gefallen ist er bei einem Parteitag der AfD Brandenburg Ende Januar, Reusch hat sich damit als aussichtsreicher Kandidat für den Bundestag „qualifiziert“.
Er ist nicht der Einzige. Eine Richterin am Landgericht in Charlottenburg, Birgit Malsack-Winkemann, geht für die Berliner AfD ins Rennen. Und wenn stimmt, was Reusch dem RBB schon 2013 sagte, sieht’s bei der Polizei nicht besser aus: Er kenne zahlreiche Beamte, die sich zur AfD hingezogen fühlten und „die Faust in der Tasche haben“.
So nett es also ist, dass Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) diese Woche erklärte, auf Reusch ein waches Auge werfen zu wollen, es bleiben zwei Fragen: Wie verbreitet sind rechte Ansichten bei Polizei und Justiz wirklich? Und was, zum Teufel, wird dagegen unternommen?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator