Das war die Woche in Berlin I: Retten die Autonomen das Myfest?
Derzeit ist unklar, ob die Massenparty in Kreuzberg 2016 stattfindet. Die Ankündigung einer linken Großdemo erhöht den Druck, das Fest doch noch durchzuführen.
In den letzten Jahren schien es, als entwickle sich der 1. Mai in Kreuzberg zu einem ganz entspannten Feiertag. Eine große Sause namens Myfest und viele Demos, aber keine brennenden Supermärkte und andere vermeintlich revolutionären Großtaten. Eine erfreuliche Entwicklung.
Doch nun wird die Sache komplizierter. Am Montag haben die OrganisatorInnen der „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“ angekündigt, quer durch das Myfest-Gebiet marschieren zu wollen – vom Oranienplatz die Oranienstraße hinunter nach Neukölln. Weil das Myfest ja eh ausfalle, so ihre Argumentation.
Tatsächlich ist unklar, ob das Myfest dieses Jahr stattfindet. Nach der Klage eines Anwohners hatte sich herausgestellt, dass das Fest schon lange nicht mehr den Status einer politischen Versammlung hat. Während bei einer Versammlung die Polizei für die Sicherheit sorgen muss, ist das bei einem Straßenfest Sache des Veranstalters. Anmelder des Myfests ist seit Jahren der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der sich seiner Rolle offenbar nicht bewusst war. Alleine will er die Verantwortung aber nicht übernehmen. Ein anderer Veranstalter ist nicht in Sicht. Es wird eng – nicht auf, sondern für das Myfest.
Aber vielleicht tut sich nun doch noch was. Mit der Ankündigung einer 20.000-Teilnehmer-Demo für „einen radikalen Bruch mit den herrschenden Verhältnissen“ haben die Autonomen den Druck auf alle Beteiligten enorm erhöht. Sofort ploppen im Kopf die alten Bilder auf. Einen Rückfall in Kreuzberger Randale-Zeiten wollen weder Bezirk noch Polizei noch die AnwohnerInnen – jedenfalls die wenigsten. Also müssen sie das Myfest retten. Die Autonomen hätten besser nicht per Pressemitteilung aufgetrumpft: Am Ende sind sie es vielleicht, die eine Lösung für das Myfest bewirken und mit ihrer Demo auf ein anderes Viertel ausweichen müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos