Das war die Woche in Berlin I: Ein Kunstwerk an der Straße
Der chinesische Künstler Ai Weiwei zieht durch die Stadt und will seine Gastprofessur an der UdK noch im Herbst antreten.
Und dann ist er einfach da und wartet auf Grün. „Schau mal, da steht Ai Weiwei an der Ampel“, sagt die Beifahrerin und freut sich. Tatsächlich sieht es so aus, als würde sich der chinesische Künstler gerade in Szene setzen, wie er es schon so oft gemacht hat, und ein Foto davon später im Netz veröffentlichen. Ein kleines nachmittägliches Kunstwerk, hier an der Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg, während die Autos vorbeirauschen.
Irgendwie hat die Szene auch etwas Künstliches. So richtig kann man noch nicht glauben, dass der Mann, der vier Jahre lang China nicht verlassen durfte; der wegen seiner Kritik an Missständen in China 2011 für 81 Tage verschleppt wurde; dessen große Berliner Ausstellung im Sommer 2014 eine permanente Mahnung für seine Freilassung war: dass dieser Mann jetzt also durch die Stadt spaziert – und dass sein Anblick bald noch häufiger sein könnte.
Am Dienstag gab die Universität der Künste (UdK) bekannt, dass der 57-Jährige bereits im Oktober dort seine auf drei Jahre angesetzte Gastprofessur antreten will. Wie die aussehen soll, ist noch offen: „Ai Weiwei arbeitet in vielen Disziplinen und ist prominent etwa als Bildhauer, Performancekünstler, Filmemacher und Architekt hervorgetreten, also wollen wir hier keine Schranken errichten“, sagte der Präsident der UdK, Martin Rennert, nach dem ersten Gespräch. Es wurde aber vereinbart, dass es eine öffentliche Antrittsvorlesung geben soll.
Die Zusammenarbeit und die intensivere Beziehung zu Berlin sind schon lange geplant: Die UdK-Professur wurde Ai Weiwei bereits 2011 angeboten. Kurz zuvor hatte er mit dem Ausbau eines ehemaligen Brauereikellers in Prenzlauer Berg zu einem Atelier begonnen; sein sechsjähriger Sohn wohnt sei einiger Zeit in der Stadt. Nun hat er also ganz offiziell grünes Licht für ein Leben in Berlin bekommen.
Und in ein paar Jahren wird sich niemand mehr über den kompakten Mann wundern, wenn er so an der Ampel steht. Weil man sich in Berlin über Promis ja nur ausnahmsweise und in ganz besonderen Fällen wundert.
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