Das indisch-pakistanische Tennisteam: Ungleiches Paar
Ein außergewöhnliches Doppel steht im Finale der US Open: Der Pakistaner Aisam-Ul-Haq Qureshi und der Inder Rohan Bopanna spielen gemeinsam auf Sieg und für Frieden.
NEW YORK taz | Auf den Tribünen des Billie Jean National Tennis Centers in New York sitzt in gewisser Weise die ganze Welt; das versteht sich von selbst in dieser Stadt. Die beiden Männer, die am Mittwoch nebeneinander saßen, applaudierten und den Eindruck machten, als kämen sie gut miteinander aus, wären demnach nicht weiter aufgefallen.
Nach dem Spiel trafen sie sich mit den Siegern und es war dies einer der größten Momente der langen Geschichte dieses Turniers. Die beiden Herren von der Tribüne waren die Botschafter Indiens und Pakistans bei den Vereinten Nationen, Hardeep Singh Puri und Abdullah Hussain Haroon, und die beiden, derentwegen sie gekommen waren, heißen Rohan Bopanna und Aisam-Ul-Haq Qureshi, Brüder im Geiste und Partner in kurzen Hosen.
Bopanna, 30, stammt aus Bangalore und ist Hindu, der gleichaltrige Qureshi kommt aus der Nähe von Lahore und ist Muslim, und wenn man weiß, wie die Länder der beiden normalerweise miteinander umgehen, dann wird sofort klar, dass die beiden was Besonderes sind.
Die Atommächte Indien und Pakistan haben drei Kriege gegeneinander hinter sich und stehen sich feindselig gegenüber. Als die beste indische Tennisspielerin, Sania Mirza, im Frühjahr ihre Hochzeit mit dem früheren Kapitän der pakistanischen Kricket-Mannschaft, Shoab Malik, ankündigte, fegte ein Sturm der Entrüstung durch beide Länder.
Bopanna und Qureshi kennen sich seit mehr als einem Jahrzehnt, und sie verstanden sich im Sinne des Wortes von Anfang an gut; ihre beiden Sprachen Hindi und Urdu ähneln einander. Für Qureshi lag die Verbindung auf der Hand, denn er ist der einzige Klassespieler aus Pakistan auf der Tour, und er freute sich über einen Partner, der eine seiner Leidenschaften teilt: Bollywood-Filme.
Ansonsten, sagt Qureshi, müsse er zugeben, dass es nicht viele Gemeinsamkeiten gebe: "Er isst gern scharf; ich nicht. Er tanzt gern zu langsamer Musik; ich nicht. Er hat ein kraftvolles Spiel; ich nicht." Bopanna hört es und gönnt sich ein amüsiertes Lächeln.
Vor sieben Jahren spielten die beiden bei einem Challengerturnier zum ersten Mal Doppel, seit 2007 sind sie regelmäßig zusammen, und lange Zeit war es eher die ungewöhnliche Kombination, mit der sie auffielen.
Doch das ist vorbei. Im Frühjahr gewannen sie in Johannesburg den ersten ATP-Titel, in Wimbledon erreichten sie das Viertelfinale, und in New York werden sie am Freitag gegen die amerikanischen Zwillinge Bob und Mike Bryan zum ersten Mal ein Grand-Slam-Finale spielen.
Aber es geht nicht nur darum, dass es das ist, was sie als Profis wollen - Spiele und Titel gewinnen. Sie wissen gut genug, dass Sieger ein anderes Forum haben. "Um bemerkt zu werden und die Botschaft rüberzubringen, müssen wir erfolgreich sein", sagt Qureshi.
Stoppt den Krieg, spielt Tennis - das ist ihre Botschaft, die sie auf der Grundlage von Aufschlag und Volley täglich mit Leben füllen: "Wenn Rohan und ich auf dem Platz und auch abseits davon so gut miteinander auskommen können, dann gibt es keinen Grund, warum Inder und Pakistaner nicht auch miteinander auskommen können."
Bopanna sagt, die Anwesenheit der beiden Botschafter bei ihrem Sieg im Halbfinale sei ein großer Schritt gewesen. Sie haben das Gefühl, mit ihrem gemeinsamen Spiel die Menschen auf eine Art zu erreichen, die Religion und Politik fremd ist.
Und sie haben einen großen Plan. An der Grenze in Wagah, wo die einzige Straße zwischen beiden Ländern verläuft, wollen sie ein Netz in den Boden rammen und Tennis spielen; Qureshi auf der indischen Seite, Bopanna in Pakistan.
Es sind ereignisreiche Tage, vor allem für Pakistan. Das indische Tennis spielt seit langem eine Rolle im Turnierzirkus, für Pakistan könnte Aisam-Ul-Haq bei den US Open gleich zweimal Geschichte schreiben. Denn am Tag vor dem Finale im Doppel an der Seite seines Freundes Bopanna spielte er auch im Finale des Mixed mit der Tschechin Kveta Peschke.
Was er im Falle eines Sieges vorhat? "Ich hoffe, dass ich die Gelegenheit habe, etwas zu sagen. Ich habe das Gefühl, dass die Leute in der westlichen Welt und in Amerika eine sehr falsche Vorstellung von Muslimen und Pakistanern haben. Ja, bei uns gibt es Terroristen, es gibt Extremisten, aber die gibt es auch in jeder anderen Religion."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich