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Das ging an die Soldatenehre

■ Wegen einem „Soldaten sind Mörder“-Transparent wurde eine Münchner Pazifistin erneut verurteilt

München (taz) – Richter Werner Rauner läßt nicht locker. Vor knapp sechs Jahren hat er die Pazifistin Gerti Kiermeier für ein „Soldaten sind Mörder“-Transparent wegen Beleidigung verurteilt. Sein Urteil und Schuldsprüche der nächsten Instanzen wurden im November 1995 zwar vom Bundesverfassungsgericht verworfen – doch Amtsrichter Rauner, der jetzt auf Anweisung aus Karlsruhe ein neues Urteil sprechen mußte, blieb bei seiner Meinung: „Eine schwer kränkende Äußerung.“

Strafmildernd sei nur zu werten, daß die Angeklagte geständig sei und ihre Tat lange zurückliege. Deshalb verzichtete Rauner auf eine Geldstrafe und beließ es bei einer „Verwarnung“. Das heißt: Wenn Gerti Kiermeier in den nächsten zwei Jahren nochmals Soldaten als Mörder bezeichnet, zahlt sie sofort eine Geldstrafe von 750 Mark.

Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sieht der Richter durch seinen Schuldspruch nicht berührt. Denn die Angeklagte habe ihr Transparent bei einer Ausstellung in der Münchner Olympiahalle direkt vor einem Info-Stand der Bundeswehr aufgebaut. Statt dessen hätte sie das Transparent auch in größerer Entfernung zu den Soldaten zeigen können. Kiermeiers Anwalt will gegen die Verurteilung wieder durch die Instanzen ziehen – notfalls nochmals bis vor das Verfassungsgericht. Felix Berth

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