: Das ganze Leben ist Käse
■ Der Musiker Fuschimuschi versöhnt James Brown mit Trio und treibt selbst einen Kollegen wie Beck in den Wahnsinn. Und zwar so erfolgreich, daß er sich sogar neue Hosen leisten kann!
Beim nutzlosen Herumsitzen in WG-Küchen kann einem schon mal die Armseligkeit des Mozzarellas schwer aufstoßen. So oder ähnlich oder vielleicht auch völlig anders entstehen wohl die Texte des Kunststudenten, der sich in seiner Freizeit Fuschimuschi nennt und als solcher ziemlich komische Musik macht.
Den Journalisten hat er extra ein paar Ankündigungstexte vorformuliert, daß die nicht soviel Mühe beim Umtexten von Info- Blättern haben mögen. Dort erfährt man, daß sich Fuschimuschi „nach den phänomenalen Erfolgen der letzten Zeit sogar eine neue Hose kaufen“ konnte und daß Beck schon einen Nervenzusammenbruch erlitt wegen ihm. Auch wird behauptet, daß es „nach wie vor schwieriger ist, funky zu sein als Bundeskanzler“.
Der Funk ist dann auch wohl das einzige, worauf sich sämtliche Fuschimuschi-Songs einigen können, während der Rest verhandelbar ist: Low-Fi, Soul, Hawaii-Gitarren, Säuferblues, schon auch mal Country, ein wenig Schlagerseligkeit wechseln sich ab, dann wird James Brown gesampelt, gescratcht wird auch, und wenn es sein muß auch Drum 'n' Bass programmiert. Und über allem liegt wie eine kuschelige Decke viel sorgsam gepflegtes Spinnertum. Auf der Bühne werden die Songs, die der aus dem Allgäu geflüchtete Wahldüsseldorfer im heimischen Wohnzimmer als egomanischer Einzelgänger an den einschlägigen Geräten entwirft, mit Gitarrist und DJ umgesetzt.
In Fuschimuschis Person aber vereinigen sich Gegensätze und Widerstände: Was Whirlpool Productions an sanft dahinpluckernden Beats mit Glamourgarantie können, kann Fuschimuschi schon lange. Andererseits nimmt er es jederzeit mit dem klapprigen Authentizitätspotential eines Daniel Johnston auf. Die kürzeste Verbindung zwischen Tanzboden und Klappse, Fuschimuschi hat sie als erster beschritten.
Auf dem Weg ist ihm auch der bereits erwähnte Mozzarella ins Auge gefallen. Dieser Käse ist traurig, so Fuschimuschi in „The Mozzarella Feeling“, weil ihn niemand wie einen richtigen Käse behandelt, sondern jeder ihn nur mit Tomaten und Basilikum verzehren mag oder auf einer Lasagne schmelzen will. Und weil wir gerade beim Käse sind, in „No Reason Season“ dichtet der gute Mann: „Everything you did in life was cheese“. Diese 1:1-Übertragungen erinnern zwar an die lange schon von uns gegangenen Trio, und auch die hatten ja gegen einen netten Schwoof nichts einzuwenden. Von der Rückkehr der NdW sind wir trotzdem und glücklicherweise noch ein gutes Stück entfernt. Thomas Winkler
Mit Mucus 2 ab 22.30 Uhr im Roten Salon der Volksbühne, Rosa- Luxemburg-Platz, Mitte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen