Das bleibt von der Woche I: Begegnung mit Loch Ness
Bei dem Wetter ziehen sich sogar die Bademeister aus. Eigentlich haben sie Shirt-Zwang. Und an den Berliner Seen kommt es zu unerwarteten Begegnungen.
Dienstagabend am Schlachtensee: Im glitzernden Wasser ziehen zwei Schwimmer ihre Bahn. Eine Frau, sie trägt einen Bikini und hat eine Schwimmbrille auf. Ein Mann im schwarzen Neoprenanzug, Taucherbrille und gelber Kappe. Die Frau kommt aus östlicher Richtung, schwimmt auf dem Rücken, mit weit ausholenden Armbewegungen rudert sie durchs Nass. Der Mann kommt von Westen, schnell und kraftvoll krault er voran. Außer den beiden ist kein Mensch im Wasser.
Der Sommer gibt einen Nachschlag. 28 Grad und mehr zeigt das Thermometer. Die Sonne brennt nicht mehr, das Licht ist warm. Es wirkt wie ein Weichzeichner. Bis weit in die nächste Woche hinein soll es so bleiben. Mehrere Freibäder haben deshalb ihre Öffnungszeiten verlängert. Sogar die Bademeister ziehen sich jetzt aus. Eigentlich haben sie Shirt-Zwang. Ohne Hemd spazieren sie nun um die Becken und bräunen ihre muskulösen Oberkörper.
Selbst die Seen locken mit Wassertemperaturen von über 20 Grad. Und auch in freier Wildbahn kommt es zu unerwarteten Begegnungen.
Dunkelgrün ist das Wasser des Schlachtensees. Da hilft auch die Schwimmbrille nicht, zumal, wenn man auf dem Rücken schwimmt. Die Frau schaut sich nicht um, denn sie wähnt sich völlig allein. Auch dem Mann geht es so. Denn der See ist breit. Doch wie magisch angezogen halten die beiden genau aufeinander zu. Näher und näher kommen sie sich und wissen es nicht. Sie schwimmt immer noch auf dem Rücken. Er auf dem Bauch.
Plötzlich ein harter Schlag auf den Hinterkopf. Die Frau gerät ins Taumeln. Ehe sie weiß, wie ihr geschieht, sieht sie einen schwarzen Arm. Er greift nach ihr – so muss es sein, Loch Ness zu begegnen. Dann sieht sie den Schwimmer. Er bietet ihr Stütze an.
Kannst du nicht aufpassen, du Depp!? Der Schreck hat gesessen. Aber ist ja nichts passiert. Man vergewissert sich und schwimmt weiter. Jeder in seine Richtung. Auch die Frau schwimmt nun vorwärts, schaut öfters mal auf.
In den Freibädern gibt es solche Überraschungen nicht – zumindest auf den geleinten Bahnen. Da schwimmen alle in die gleiche Richtung.
Der Crash im Schlachtensee war längst vergessen, als der Frau am nächsten Morgen im Spiegel ein blaues Auge entgegenblickt. Sie hatte überhaupt keinen Schmerz verspürt. Was, wann, wie, wo? Dann schießt es ihr heiß durch den Kopf. Loch Ness! Er hat ihr die Schwimmbrille ins Auge gedrückt.
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