: Das Virus der Desinformation
Faktenchecker-Netzwerke in Afrika kämpfen gegen Fake News über Covid-19 im Internet
Aus Nairobi, KeniaAnn Mumbi Ngengere
Als die Weltgesundheitsorganisation Covid-19 im März 2020 zur Pandemie erklärte, gingen Falschinformationen über diese so schnell um die Welt wie das Virus selbst. Sein Ursprung oder die Behandlung – viele Menschen wussten nicht, was sie glauben sollten. Und bis heute sterben Menschen, weil sie sich entschieden hatten, Fake News zu glauben. Schon bald sprach die WHO deshalb auch von einer „Infodemie“.
Fehlinformationen sind so alt wie die Menschheit. Aber die Verbreitung von Smartphones und Internet machte Social-Media-Plattformen als Nachrichtenquellen populär. Dies brachte viele neue Nutzer ins Internet – auch solche mit begrenzter digitaler Kompetenz.Dabei kennen Fake News keine Grenzen. Die Behauptung, das pflanzliche Heilmittel Ewedu könne Menschen vor einer Ansteckung mit Covid-19 schützen, tauchte im April 2020 in Kuwait auf und kursierte ein Jahr später in Nigeria und dann in anderen Teilen Afrikas. Irreführende Ratschläge über Heilmittel waren 2021 die häufigste Form der Corona-Desinformation – mit nachgewiesenermaßen tödlichen Folgen.
Doch Faktenprüfer auf der ganzen Welt haben sich gegen die sich ausbreitenden Desinformationen zusammengeschlossen. In Afrika gehört dazu das Projekt Viral Facts Africa. Seit 2021 arbeiten hier Faktenprüfer mit dem WHO-Regionalbüro und der Africa Infodemic Response Alliance zusammen. Beteiligt sind auch die Nachrichtenagentur AFP und das Rote Kreuz. „In gesundheitlichen Notfällen können Fehlinformationen tödlich sein und dafür sorgen, dass sich Krankheiten weiter ausbreiten“, sagt Matshidiso Moeti, Afrika-Regionaldirektor der WHO. „Großen Einfluss auf die Verbreitung von Fake News haben auch religiöse Führer, die behaupten, Impfungen hätten Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit von Frauen, auf das Stillen und sogar auf den Tod“, sagt sein Kollege Sergio Cecchini, Infodemic-Manager der WHO, der Deutschen Welle (DW).
Wie schnell solche Gerüchte Impfkampagnen stören können, hat sich etwa 2003 im Norden Nigerias gezeigt. Damals musste eine Polio-Impfkampagne elf Monate lang unterbrochen werden. Religiöse Führer hatten Eltern geraten, ihre Kinder nicht impfen zu lassen, da die Impfungen mit Unfruchtbarkeitsmitteln, HIV und Krebserregern kontaminiert sein könnten.Die Analysten von Viral Facts Afrika greifen solche falschen Behauptungen auf – über 1.000 haben die Faktenchecker seit Beginn der Coronapandemie widerlegt. Gleichzeitig werden Fragen beantwortet, die Follower in sozialen Medien einsenden. So versucht das Netzwerk mehr Menschen korrekte Informationen zugänglich zu machen.
Zu diesem Netzwerk gehört auch das Projekt GhanaFact – eine 2019 gegründete Plattform zur Überprüfung von Nachrichten. Der Gründer ist der TV-Journalist Rabiu Alhassan. „Wenn man sieht, wie Menschen in Ghana das Vertrauen in die Medien verlieren, sollte das für jeden ein Grund zur Sorge sein“, sagte Alhassan kürzlich der DW. Viele würden alles glauben, was etwa bei Whatsapp geteilt wird – vor allem ältere Menschen.
GhanaFact versucht Fehlinformationen seriöse Angebote entgegenzusetzen. „Wir arbeiten mit Journalisten zusammen, die Glaubwürdigkeit haben“, sagt Alhassan der DW. Dazu hat GhanaFact einen Whatsapp-Kanal gegründet, auf dem mehr als 100 Journalist:innen und 30 Medienpartner publizieren. Sie veröffentlichen Artikel in lokalen Sprachen. Zusätzlich werden die Beiträge im Radio und Fernsehen in der jeweiligen Landessprache ausgestrahlt, um Menschen zu erreichen, die keinen Zugang zu sozialen Medien haben. „,Pre-Bunking', die Bereitstellung leicht verständlicher Informationen im Voraus, kann die Schäden von Fake News verringern“, sagt Vincent Ng’ethe, Faktenprüfer der NGO Africa Check, einem der Gründungsmitglieder der Africa Infodemic Response Alliance.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen