■ Das Vergabeverfahren: Nur die Stars erhalten einen Direktvertrag
Mehr als sechzig Millionen Mark hat der Bund für das Konzept „Kunst am Bau“ veranschlagt. Davon sollen acht Millionen für den Reichstag ausgegeben werden sowie elf Millionen in die Kunstwerke in den Bauten der Parlamentarier fließen. Offen ist noch der Etat und die Auswahl der Künstler für das Kanzleramt. Für die anderen insgesamt 36 Standorte in den Altbauten für die Ministerien (Höfe, Gärten, Foyers, Wände etc.) werden über vierzig Millionen Mark veranschlagt.
Die knappe Haushaltskasse vor Augen aber auch das Mega- Prestige der Hauptstadt im Blick, will sich Bundesbauminister Eduard Oswald (CSU) für das Kunstprojekt stark machen. Der Bund müsse besonders in „finanziell schwierigen Zeiten“ der Aufgabe als Förderer der Kunst gerecht werden. Nicht zuletzt der „internationalen Staatengemeinschaft“ müsse gezeigt werden, welche Bedeutung Kunst und Architektur für den „demokratischen Bauherrn Deutschland“ hätten.
Obwohl die „Kunst am Bau“- Mittel nur rund 0,3 Prozent der Umzugskosten betragen, warnt der Sprecher des Kunstbeirats der Bundesregierung, Klaus Bußmann, vor einem Rückzieher des Millionen-Dings. „Es wäre fatal, wenn aus finanziellen Gründen die Chancen verpaßt würden, mit einem anspruchsvollen Kunstkonzept ein Zeichen zu setzen.“ Die einmalige Chance für die neuen Regierungs- und Parlamentsbauten müsse genutzt werden, um „die grundlegende Frage von Rolle, Funktion und Möglichkeit der Kunst in unserer verfaßten Gesellschaft zu beantworten“. Nicht nur die neuen Bauten oder sanierten Altbauten, sondern auch das künstlerische Konzept würden das Bild prägen, „das die sich Welt vom demokratischen Berlin macht“. Bußmann und seine Mitstreiter im Gremium fordern gar, daß in einzelnen Fällen „die angesetzten Summen (für die Künstler, d.V.) überschritten werden sollten“.
Für die Kunst an Bundesbauten werden über 100 Künstler und Künstlerinnen, davon die Mehrzahl aus der Bundesrepublik, engagiert. Entschieden haben die Kunstbeiräte – zwei unabhängige Gremien externer Kunstsachverständiger –, daß renommierte Künstler direkt, andere in Vergabekolloquien oder mittels Wettbewerben bestimmt werden. Langwierige, offene Wettbewerbe finden nicht statt – was sinnvoll ist, da eine frühzeitige Abstimmung zwischen Architekt und Künstler notwendig erscheint. Bisher wurden für die Parlamentsbauten Reichstag und Dorotheen- sowie Alsenblöcke sieben Direktaufträge erteilt. Für die anderen rund 30 Arbeiten sollen unter 40 Künstlern Wettbewerbe stattfinden.
Für die Bauten der Bundesregierung haben elf Künstler Direktaufträge in der Tasche. Mehrstufige Wettbewerbe unter Künstlergruppen sollen an den 36 Standorten in den sieben Ministerien über die Arbeiten entscheiden. Die Auswahlgremien tagen in regelmäßigen Abständen, Gespräche und Kontaktaufnahme mit Künstlern gehören ebenso zur Arbeit der Beiräte. Für die Kunst am Bau unter „bürokratischen Richtlinien“ gehört aber auch, daß Künstler aus der Ex- DDR, die dort wenig oder gar keine Aufträge erhielten, zum Zuge kommen sollen. Die Entscheidungen über die Arbeiten sollen in diesem Jahr beendet sein. Rolf Lautenschläger
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