Das Unternehmen Seitenbacher: Vom Müslimixer zum Millionär
Willi Pfannenschwarz ist mit Seitenbacher-Müsli und schrägen Werbespots groß rausgekommen. Darüber reden will er aber nicht.
Kennen Sie Willi Pfannenschwarz? Nein? Gar nicht schlimm, solange Sie nicht aus Baden-Württemberg kommen. Aber Sie kennen ganz sicher Seitenbacher. Zum Beispiel die Snackriegel des Unternehmens mit diesem Namen mit Sitz in Buchen im Odenwald. Die Riegel liegen mittlerweile an jeder Supermarktkasse. Je nach Farbe des Papiers – Gelb, Hellblau, Lila, Braun – sind sie aus Hafer, mit Nüssen, Schokolade, Orange, einer extra Portion Magnesium. Oder auch eine Proteinbombe, ein „Energizer“ oder ein „Fruchtriese“.
Und Sie kennen sicher auch die Seitenbacher-Radiowerbung. Die für das Bergsteigermüsli geht so: „So Karl, jezzz hemmas gschafft. Gud, dessma das Seiddebacha Bergsteigermüsli ggesse hennd.“ Im Hintergrund zwitschern Vögel, dann jodelt es.
Wenn das Badische an dieser Stelle ned so subba rübbakomme sei, gönne Se sich des auch bei Youtube anhöre.
Die Werbung spricht der Seitenbacher-Chef höchstpersönlich ein. Und der heißt Willi Pfannenschwarz. Müller, Sohn eines Müllers und – Achtung – Liebhaber von „Klängen lauter Rockmusik“. So steht es auf der Seitenbacher-Website. Als solcher hat Pfannenscharz natürlich ein Tonstudio in seinem Keller. „Das ist gut“, findet Pfannenschwarz laut Homepage: „Da bin ich abends bei meiner Familie und kann nachts an meinen Spots arbeiten.“
Angefangen hatte alles mit einer einsamen Müsliproduktion
Die brachten es in ihrer bräsigen Wiederholung einfacher Wörter („Seiddebacha-Müsli – legger, legger, legger“) und der schwäbelnden Mundart („Seiddebacha-Müsli, woisch, des isch des Müsli von dem Seiddebacher“) zu einiger Berühmtheit. Auch wenn sich am Spot die Geister scheiden.
Heute arbeiten in dem Unternehmen 140 Angestellte. Angefangen hatte 1980 alles mit einer einsamen Müsliproduktion. Pfannenschwarz fragte sich bei der Produktion des seinerzeit üblichen Weißmehls, warum das Drumherum vom Korn, das Beste laut Pfannenschwarz, weggeschmissen wurde. Das fand Pfannenschwarz doof, es war weder gesund noch ökonomisch und schon gar nicht nachhaltig. Aber Vollkorn galt in jener Zeit infolge der entbehrungsvollen Kriegsjahre als „Schweinefutter“. Also versuchte Pfannenschwarz es mit Spätzle aus Vollkorn. Das kam bei den Leuten gar nicht gut an. Und das ist auch logisch. Die schwäbische Nationalspeise zu faken, ist in etwa so, als würde man Sushi in Kohlblätter wickeln.
Aber Pfannenschwarz ist ein Kämpfer und mixte das Beste vom Korn einfach in ein Müsli. Das hat funktioniert, bestens sogar, 1990 war Seitenbacher einer der fünf größten Müslihersteller in Deutschland. Die ersten Sorten wurden noch im Betonmischer zusammengerührt. Bald wurde aus- und umgebaut, eine Ölmühle dazugenommen, das Sortiment erweitert: Nudeln, Getreideburger, Gummibärchen, Honig, Kaffee, Kekse, Öle, über 250 Produkte. Seitenbacher, das ist die Geschichte vom Müslimixer, der zum Millionär wurde. Der Jahresumsatz beträgt rund 60 Millionen Euro.
Und warum heißt die Firma nicht Pfannenschwarz?
Das erklärt sicher auch, warum sich Pfannenschwarz von Medien und Öffentlichkeit abschottet. Zu ihm vorzudringen, ist augenscheinlich schwerer, als beim baden-württembergischen Ministerpräsidenten einen Termin zu bekommen. Fragen müssen per Mail gestellt werden, Antworten gibt es aber keine. Und – bei Telefonaten, nachdem man gefühlt seinen Lebenslauf aufsagen sollte – solche wie: „Rufen Sie nach 13 Uhr an.“ In der Telefonwarteschleife wechseln sich der surfende Singersongwriter Jack Johnson und spanische Barmusik ab.
Und warum heißt die Firma nun Seitenbacher und nicht Pfannenschwarz? Das Unternehmen wurde in Waldenbuch, dem Geburtsort von Willi Pfannenschwarz, gegründet. In der Nähe gab es ein Flüsschen, den Seitenbach. So sagt es zumindest Wikipedia. Ob das stimmt, konnte nicht überprüft werden. Seitenbacher hat auf Anfragen ja nicht reagiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient