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Das PortraitMinisterin ohne gerade Linie

■ Marjorie Mowlam

Ihre Freunde nennen sie „Mo“. Aber die britische Nordirland-Ministerin Marjorie Mowlam hat nicht mehr viele Freunde in Nordirland. Dabei hatte sie so viele Hoffnungen in der britischen Krisenprovinz geweckt: Sie ging in den katholischen Ghettos spazieren, schüttelte tausend Hände und küßte unionistische Politiker.

Vorigen Sonntag war alles vorbei. Als Mowlam der Polizei grünes Licht gab, der Parade des protestantischen Oranier-Ordens die katholische Garvaghy Road in Portadown freizuknüppeln, hatte sie ihren Kredit bei der katholischen Bevölkerungsminderheit verspielt. „Der neue Roy Mason“, so nennt man sie nun in katholischen Vierteln in Anspielung auf den Labour-Hardliner, der Ende der Siebziger Nordirland-Minister war.

Daß sie am Montag eine Parade in Bellaghy verbot, verärgerte die Protestanten. „Das Problem mit Mo ist“, sagte ein unionistischer Politiker, „daß sie keine gerade Linie entlanggehen kann.“ Es scheint nun, daß auch die Blair-Regierung die troubles lediglich auf erträgliches Niveau bringen will.

Mowlam ist 1949 geboren und wuchs in Coventry auf, wo sie auf die Oberschule ging. Später studierte sie an der Durham University und ging dann nach Iowa in den USA, wo sie in Politikwissenschaften promovierte. Mit 20 trat sie in die Labour Party ein und arbeitete für den linken Abgeordneten Tony Benn als Forschungsassistentin.

Seitdem führte ihr Weg stetig nach rechts. 1987 wurde sie in Redcar im Nordosten Englands zum erstenmal ins Parlament gewählt und wurde sogleich eine begeisterte Anhängerin von Neil Kinnocks „Modernisierung“ von Labour.

Nach dem Tod von Kinnocks Nachfolger John Smith setzte sie als eine der ersten auf Tony Blair und wurde in sein Wahlkampfteam aufgenommen. Das zahlte sich aus: Als Blair 1994 sein Schattenkabinett ernannte, wurde sie zur Sprecherin für Nordirland. Ihr Vorgänger, Kevin McNamara, wurde in die Wüste geschickt, weil er zu links war und zuviel Sympathie mit den nordirischen Nationalisten hatte.

Morgen muß Mowlam über die nächste Parade entscheiden: Die Oranier wollen die katholische Lower Ormeau Road in Belfast entlangmarschieren. Von ihrer Entscheidung hängt das politische Klima der nächsten sechs Wochen in Nordirland ab. Ralf Sotscheck

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