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■ Das PortraitModerner Hannibal

Wie weiland Hannibal will er über die Römer kommen. Kurt Beckers Mission unterscheidet sich jedoch entschieden von der des karthagischen Feldherrn. „Ich werde als Hannibal der katholischen Kirche ihre Kinder wiederbringen.“ Glück gehabt, Rom. Der Vorgänger wollte schließlich 218 vor Christus das Reich einfach nur plattmachen.

Die Ohren aus Sperrholz und stufenlos verstellbar, der Rüssel beweglich und aus einem alten Abflußrohr, der Leib aus Aluminium, ein gedrosselter 50-PS-Motorradmotor statt Muskelkraft, so Kurt BeckerFoto: Frank Röth

sieht Kurt Beckers Elefant aus, mit dem er am 6. Juni um 6.06 Uhr für Kirche und „Aktion Sorgenkind“ von Darmstadt aus gen Rom aufbrechen will. Auch einen Namen hat das Gefährt: Lollo. Nach Beckers Frau Lore. Die Zähne hat der Elefant ebenfalls von ihr. Lore Becker nimmt das gelassen: „Was soll ich machen? Er macht doch sowieso, was er will“, sagt sie mit der Abgeklärtheit von 30 Jahren Ehe. 2,15 Meter hoch, rund fünf Meter lang, so breit wie ein VW-Käfer und sechs Kilometer in der Stunde schnell wird Lollo sein – und oben auf sitzt Kurt Becker. Vier Wochen soll die Reise dauern. Die Fahrt soll vor allem aber eines bringen: Geld für „Aktion Sorgenkind“. „Ich bin kein Millionär. Das ist meine Art zu helfen.“ Schon einmal war er für einen guten Zweck unterwegs. Für die Aktion „Menschen für Menschen“ des Schauspielers Karlheinz Böhm fuhr Kurt Becker 1989 mit seiner „wilden Emma“, einem Gefährt, zusammengeschraubt aus einer 100 Jahre alten Badewanne und zwei alten Bidets, nach Paris.

„Nach mir werden sie mal die Stadt benennen.“ Unbescheiden ist er nicht, der 55 Jahre alte Kurt Becker, den die Darmstädter alle nur als „Eisernen Kurt“ kennen. „Beuys hat in Flaschen gepißt und ist reich geworden. Ich streng mich wirklich an. Jeder Winkel ist selbstgemacht.“

„Darmstadts verrücktester Künstler“, wie er sich selbst noch nennt, möchte nach Rom „Bruder Kurt“ heißen. Dabei ist er sonst gar nicht so katholisch, wie er versichert. Mit dem Papst allerdings will er in Rom über Gott und die Welt sprechen. Im nächsten Mai will Becker dann in der Kapelle der Burg Frankenstein bei Darmstadt eine Predigt zur Rettung der Kirche halten. „Dann wählen die mich bestimmt zum Pfarrer“, sagt er. Die Darmstädter lieben ihn für diese Sprüche. „Er ist verrückt, aber unheimlich lieb“, sagt eine Bekannte über ihn. Ralf Ansorge

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