Das Portrait: Der Berufsschwule
■ Heinz Uth
Bundesverdienstkreuz für Heinz Uth Foto: C. Schulz/Paparazzi
Anfangs saß Heinz Uth als Schwulenbeauftragter der Berliner Polizei „zwischen allen Stühlen“. Die Schwulenszene begegnete ihm mit Mißtrauen, und in den eigenen Reihen war er Spott ausgesetzt. „Rosa Telefon“ hieß sein Telefonanschluß intern. Doch bald erarbeitete sich der 59jährige das Vertrauen der Schwulenszene – keine leichte Aufgabe, war das Verhältnis zur Polizei doch seit jeher recht gespannt.
Heute wird der Beamte von Schwulen aufgesucht, die diesen Schritt vor zwei Jahren noch gescheut hätten. Sie wenden sich an ihn, weil sie Haßbriefe bekommen oder gefüllte Präservative im Briefkasten vorfinden. Auch das ist für Uth Gewalt gegen Schwule. Es brauchte zahlreiche Vertrauensbeweise, bis der Beamte akzeptiert wurde. Der Durchbruch gelang ihm, als er nach einer brutalen Razzia in der Schwulenkneipe Tabasco im März 1992 mit seinem Rücktritt drohte. Seitdem wird er vor solchen Einsätzen immerhin konsultiert.
Wegen seines engagierten Eintretens bei der Bekämpfung antischwuler Gewalt wird Uth heute in Berlin mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Daß der Vorschlag aus den Reihen der Schwulenbewegung kam, freut den ruhigen, eher zurückhaltenden Beamten besonders. Der bundesweit einzige polizeiliche Schwulenbeauftragte erhofft sich von der Auszeichnung eine Signalwirkung über Berlin hinaus.
Als ihm vor dreieinhalb Jahren das neugeschaffene Amt angetragen wurde, arbeitete er als Kriminalkommissar im Raubdezernat. Hier hatte er immer wieder mit schwulen Opfern von Überfällen zu tun. Schon damals wurde ihm klar, daß die geringe Bereitschaft, Anzeige zu erstatten, nur durch vertrauensbildende Maßnahmen wachsen kann. Deshalb führt Uth gemeinsam mit Lesben- und Schwulengruppen Fortbildungsseminare durch. Rund 15.000 Kollegen erreicht er pro Jahr mit dieser Aufklärungsarbeit. Nicht zuletzt hat Uth auch dazu beigetragen, daß sich schwule und lesbische PolizistInnen zum „Homosexuellen Arbeitskreis Polizei Berlin- Brandenburg“ zusammengeschlossen haben.
Uth, der Ende Januar in den Ruhestand geht, arbeitet derzeit seinen Nachfolger ein. Doch der Hetero, der sich scherzhaft als „Berufsschwuler“ bezeichnet, will sich weiterhin engagieren. Durch die Kontakte mit der Schwulenszene habe er sich „einen anderen Kulturkreis erschlossen.“ Dorothee Winden
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