Das Portrait: Prügel für den Folterer
■ Alfredo Astiz
Alfredo Astiz geht gerne aus und genießt das Nachtleben in Buenos Aires. Doch das kann für den Ex-Fregattenkapitän der argentinischen Streitkräfte mitunter schmerzhaft enden. Erst vor kurzem verprügelten ihn Jugendliche in der Provinz Buenos Aires, die ihn in einer Disko erkannten. Der Name Astiz ist wie kaum ein anderer ein Symbol für die Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur.
Astiz wird unter anderem verantwortlich gemacht für das „Verschwindenlassen“ der Schwedin Dagmar Hagelin. Außerdem soll er Drahtzieher des Mordes an der Gründerin der Mütter der Plaza Mayo, Azucena Villaflor, gewesen sein. Insgesamt sind, so schätzen argentinische Menschenrechtsorganisationen, während der Militärdiktatur rund 30.000 politische Gefangene „verschwunden“ – in vielen Fällen war die Marine verantwortlich.
Nach dem Ende der Diktatur blieb Astiz von einer Verurteilung verschont, da das Befehlsnotstandsgesetz von 1987 allen Militärs Straffreiheit zusicherte, die auf Befehl ihrer Chefs gehandelt hatten. Daher ist er in Argentinien ein freier Mann.
In Frankreich jedoch wurde Astiz wegen des Mordes an zwei französischen Nonnen in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Seither wird er mit internationalem Haftbefehl gesucht und kann Argentinien nicht mehr verlassen.
Auf Druck der französischen Regierung mußte die argentinische Marine Astiz aus ihren Reihen entlassen. Doch die Streitkräfte sorgen sich um ihre Leute, und so verschaffte man ihm, wie sich erst vor kurzem herausstellte, einen Job beim Marine-Geheimdienst SIN. In Frankreich sorgte diese Nachricht für Empörung. „Diese Argentinier wollen uns verarschen“, zitierte die argentinische Tageszeitung Pagina/12 einen Beamten des französischen Außenministeriums. Selbst der französische Staatspräsident Jacques Chirac nannte Astiz einen „Mörder“.
Auch in Argentinien ist die Vergangenheit des Militärs bekannt. Er hat deswegen schon häufiger in der Öffentlichkeit Schläge bezogen. Einmal wurde er von Passanten auf der Straße im südargentinischen Bariloche erkannt und verprügelt, ein anderes Mal ging es ihm an den Kragen, als er sich in der Diskothek „New York City“ in Buenos Aires blicken ließ. Ingo Malcher, Buenos Aires
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen