■ Das Portrait: Juzo Itami springt in den Tod
Fast ein Filmtod. Der Vorläufer des jungen japanischen Films, Juzo Itami, der dieses Jahr international große Beachtung fand, hat sich am Samstag abend vom Dach eines achtstöckigen Hauses in die Tiefe gestürzt. Damit verliert Japan eine Ikone des modernen Filmschaffens.
Einfühlsam und introvertiert, so beschreiben Freunde Juzo Itami, der 1933 kurz vor dem Ausbruch des pazifischen Krieges in der westjapanischen Kaiserstadt Kyoto geboren wurde. Schon sein Vater war ein Filmregisseur, der aber sehr jung gestorben ist.
Juzo Itami begann seine Karriere als Schauspieler zu Beginn der sechziger Jahre. Erst zwanzig Jahre später wurde er in Japan als Regisseur bekannt, als sein Erstlingswerk „Die Begräbnisfeier“ zu einem überraschenden Kassenschlager wurde. Bereits in diesem Film hat Itami seine Fähigkeit bewiesen, uralte japanische Rituale und Bräuche in schnell geschnittenen Szenen mit zeigenössischen wirtschaftlichen und soziopolitischen Themen zu verbinden. Dies wurde zum Markenzeichen seines gesamten Schaffens.
1986 wurde Itami mit seinem zweiten Film, „Tampopo“ – „Die Pusteblume“ – international bekannt. Die Hauptgeschichte porträtiert eine junge alleinstehende Mutter, die versucht, das ultimative Rezept für das beliebteste japanische Gericht – die Nudelsuppe – herauszubekommen. In unzähligen Nebengeschichten führt Itami die Zuschauer in die Eßgewohnheiten der modernen Japaner ein. Filmkritiker haben ihn nach den beiden ersten Werken mit Buñuel und Almodovar verglichen.
In den späteren Filmen von Itami porträtierte er die Schattenseiten der japanischen Gesellschaft mit bissiger Satire. Mit einem sicheren Spürsinn griff er Themen, wie die übertriebene Immobilienspekulation am Ende der achtziger Jahre und die Erpressungstaktiken des organisierten Verbrechens in Japan auf.
1993 wurde Juzo Itami von Mafiamitgliedern vor seiner Residenz in Tokio niedergestochen. Juzo Itamis Ehefrau Nobuko Miyamoto, die in den meisten seiner Filme mitspielte, war kein Selbstmordmotiv bekannt. Polizeiangaben zufolge soll er eine Nachricht hinterlassen haben. Itami hatte zuletzt verlauten lassen, er arbeite an einem Film über die Aum-Sekte. André Kunz
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