Das Portrait: Die Tennislady mit dem Pokerface
■ Helen Wills-Moody
Sie sorgte für sportliche Schlagzeilen in einer Zeit, als Babe Ruth, Jack Dempsey und Max Schmeling ihre größten Erfolge feierten. 1924 wurde die Tennisspielerin aus Kalifornien in Paris Olympiasiegerin, von 1927 bis 1938 gewann sie acht Einzeltitel in Wimbledon – ein Rekord, der erst 52 Jahre später gebrochen wurde. Lange vor Björn Borg nannte man sie „Little Miss Poker Face“. Am letzten Donnerstag starb Helen Wills-Moody 92jährig in Carmel.
Mit Suzanne Lenglen bildete sie in den 20er Jahren ein so ungleiches Paar, wie es später etwa Steffi Graf und Gabriela Sabatini oder Björn Borg und John McEnroe darstellten. Die Französin war impulsiv, extrovertiert und bewegte sich mit großer Eleganz auf dem Tennisplatz, Helen Wills war athletisch, schlug den Ball mit ungeheurer Wucht, zeigte nie eine emotionale Regung und „sagte kein Wort“, wie ihr Mixed-Partner Ted Schroeder bezeugte. Ihr Erfolgsgeheimnis war einfach: „Sie traf immer“, erinnert sich Wimbledon-Champion Jack Kramer. Einmal gewann sie 158 Matches in Folge, von 1927 bis 1932 verlor sie nicht einen einzigen Satz. Auf Suzanne Lenglen, „die Göttliche“, traf Helen Wills jedoch nur ein einziges Mal, 1926 bei einem Schaukampf in Cannes. Dort gewann die Französin, die danach zu den Profis wechselte und das Feld ihrer Nachfolgerin überließ.
Außerhalb des Tennisplatzes beschäftigte sich Helen Wills die 1929 Fredrick Moody heiratete, zehn Jahre später den irischen Polospieler Aidan Roark, mit Malerei und Musik. Außerdem schrieb sie Gedichte, eine Autobiographie („15:30“), einen Kriminalroman („Der Tod serviert ein As“) und studierte an der Universität ihres Geburtsortes Berkeley. Das von ihr bevorzugte, stets akkurate sitzende Seemanns- outfit und ihre sportliche Erscheinung begründeten in den 30er Jahren einen vollkommen neuen Modetrend in den USA.
Nach Ende ihrer Karriere, lebte sie zurückgezogen, verfolgte aber weiter interessiert das Geschehen im Tennis. Besonders bewunderte sie Martina Navratilova, die neunmal Wimbledon gewann und 1990 ihren Rekord brach: „Sie biegt Eisen.“ Das bezauberndste Kompliment bekam Helen Wills-Moody von Charlie Chaplin. Der sagte auf die Frage, was das Schönste sei, das er jemals gesehen habe: „Die Art, wie sich Helen Wills beim Tennis bewegte.“ Matti Lieske
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