Das Portrait: Der Held, der schließlich wegzog
■ Josef Maas
In Kalkar-Hönnepel, dem 500-Seelen-Nest neben dem Brütergelände, sind immer noch verblichene „AKW? – Nee!“-Gemälde an den Mauern zu sehen. Hier lebte, auf einem 30-Hektar-Anwesen, auch Josef Maas, kurz: Bauer Maas. Als „deutsche Eiche“ wurde er tituliert, als „Held von Kalkar“. Auf seinen Namen liefen seit 1971/72 die Klagen gegen den Brüter.
Josef Maas: konservativer Katholik, Kirchenvorstandsmitglied, Familienvater alter Schule. Knorrig, bodenständig, laut bisweilen. Kein Ökobauer, sondern konventioneller Landwirt, der seine Schweine ställeweise mästete. Einen „Herrenbauer“, nannte ihn mal ein grüner Mitstreiter, „mit dieser typischen Großburenmentalität“. Aber in der Sache unverbiegbar: Neben der Höllenmaschine zu leben, sagte er immer, könne er nicht verantworten.
13 Jahre lang kämpfte Maas. 1985 war er zermürbt und hoch verschuldet, nicht nur weil er aus politischen Gründen Probleme bekam. Er hatte schlecht gewirtschaftet, sich auch mal bös verspekuliert. Am Ende verkaufte er den Familienhof für 4,3 Millionen an die KWU, die Kraftwerksbetreiber. Die auch noch alle Umzugskosten übernahmen: Weg mit dem Unruhestifter! Der Atomvertriebene zog mit Familie 300 Kilometer weiter östlich, ins lippische Blomberg auf „Gut Nassengrund“. Die Grünen erließen dem Vorzeige-Landmann ein „politisches Darlehen“ von 150.000 Mark „wegen seines vorbildlichen Kampfes“.
Noch mal 13 Jahre später sagt Maas, er wolle „am liebsten gar nichts mehr dazu sagen“. Was er zunächst immer sagt. Um dann doch auszuholen: „Unvorstellbar, welche Milliarden Volksvermögen da vergeudet worden sind.“ Aber: „Gut, daß es so gekommen ist, für alle.“ Ja, gelegentlich sei er noch auf Besuch am Niederrhein, aber dennoch ist seine Heimat Kalkar Geschichte für ihn. Und das Kernwasser Wunderland? Da lacht der heute 67jährige: „Was sollte ich da? Soll der Holländer sein Geld machen, meinetwegen.“ Auch wenn der die Ruine „für 'nen Appel und 'n Ei bekommen hat“. Weniger übrigens, als Maas für sein Gehöft bekam. Nein, „den Umzug bereut“, sagt er, habe er nie. „Wir haben schließlich auch erreicht, daß die Anti- Kernkraft-Bewegung überall im Land enorm zugenommen hat. Heute“, sagt Maas, „sind wir rundherum zufrieden.“ Und kein Kernkraftwerk in der Nähe. müll
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