Das Portrait: Den Markt mögen, aber nicht verehren
■ Paul Krugman
Spaßiger Ökonom: der US- amerikanische Wirtschaftsforscher Paul Krugman Foto: taz-Archiv
Der US-Ökonom Paul Krugman ist der Popstar seiner Zunft. Er sucht Popularität und bekommt sie, indem er in auflagenstarken Medien wie Microsofts Online-Magazin Slate schreibt. Krugman, Jahrgang 1953, vergrößert seinen Wirkungskreis ständig, weil er komplizierte Analysen in einfache Sätze kleidet, bevor er sie zu polarisierenden Thesen formt: „Die Idee, Länder konkurrierten miteinander wie Cola und Pepsi, ist Schwachsinn.“
Der Wirtschaftsforscher, der unlängst die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin erhielt, erfreut sich gerade jetzt so großer intellektueller Attraktivität, da er auf Normalmaß zurückstutzt, was Globalisierung heißt. Ungefähr zwei Prozent der Importe in die USA kämen aus Niedriglohnländern, so Krugman. Das sei also kein Grund, um die Löhne zu drücken und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit zu beschwören, sondern nur ein willkommenes, aber falsches Argument von interessierter Seite. Für richtig hält er dagegen, daß die Wirtschaft immer dann lahmt, wenn die Bevölkerung zuwenig kauft.
Nachdem er mit 24 Jahren promoviert hatte, arbeitete der Senkrechtstarter einige Jahre später als Berater für US-Präsident Ronald Reagan. Krugman bezeichnet sich als Anhänger des freien Marktes und lobt gleichzeitig die chinesische Wirtschaftspolitik. Wie geht das zusammen? Anders als die meisten Staaten Südostasiens hätten die spätkommunistischen Machthaber die richtigen Mittel gegen den drohenden ökonomischen Zusammenbruch angewendet. Erstens senkten sie die Zinsen, um die Nachfrage anzukurbeln. Zweitens begrenzte China den Kapitaltransfer ins Ausland, so daß die Währung nicht abstürzte.
Weil Krugman den „Markt mag, aber nicht verehrt“, liegt er in manchen Punkten auf der politischen Linie dessen, was SPD-Finanzminister Oskar Lafontaine anpeilt. Man müsse den Leuten mehr Geld in die Hand geben, was zwar die Inflation antreibe, aber die Produktion der Unternehmen stimuliere und zu mehr Beschäftigung führe.
Andere Positionen des streitlustigen Professors schmecken der europäischen Sozialdemokratie dagegen nicht. Krugman plädiert dafür, den Kündigungsschutz aufzuweichen und den Lohn gerade im Dienstleistungssektor zu verringern. Dann würden die Unternehmen auch mehr Beschäftigte einstellen. Hannes Koch
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