Das Portrait: Spaniens Sozialistenvater
■ Ramon Rubial Cavia
Ein Leben, so wechselhaft wie die Geschichte des spanischen Sozialismus, ging gestern in Bilbao zu Ende. Ramon Rubial Cavia, der Präsident der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei (PSOE), erlag mit 92 Jahren einem Herzleiden. Mit ihm verabschiedete sich der letzte historische Führer des spanischen Sozialismus.
Rubials Weg in die PSOE und die Gewerkschaft UGT waren vorgezeichnet. 1906 wurde er als Sohn eines Metallarbeiters und einer Bügelerin in einer Arbeitersiedlungen in der Baskenprovinz Bizkaia geboren. Als Ramon im Alter von 14 Jahren begann, als Dreher zu arbeiten, war der Beitritt zur Gewerkschaft UGT und zwei Jahre später in die PSOE in seiner Umgebung so normal wie anderswo die Erstkommunion.
Rubial war 25, als Spanien Republik wurde. Doch nur vier Jahre später erhoben sich die Militärs unter Franco gegen die junge Demokratie. Rubial kämpfte mit den sozialistischen Milizen – ein Engagement, das er nach Francos Sieg 1937 mit 20 Jahren Haft bezahlte.
Rubials Willen konnte die Diktatur dennoch nicht brechen. Statt wie so viele seiner Genossen den Weg ins französische Exil anzutreten, reorganisierte er die PSOE im Untergrund. 1958 nahm er unter dem Decknamen Pablo den Platz des verhafteten Parteiführers Antonio Amat „Guridi“ ein.
1974 – ein Jahr vor dem Tod Francos –, auf dem Parteitag im französischen Suresnes, unterstützte Rubial die jungen Genossen aus dem Inland. Ihr Wortführer Felipe González setzte sich gegen die alte Auslandsgarde durch und wurde Generalsekretär der PSOE. Nur acht Jahre später sollte er zum ersten sozialistischen Regierungschef Spaniens gewählt werden. Als väterlicher Parteipräsident – ein eigens für ihn geschaffenes Amt – verfolgte Rubial die Schritte seines Zöglings. Er sprang nicht nur ein, wenn es Flügelkämpfe zu beschwichtigen galt, sondern auch als die ersten Korruptionsskandale bekanntwurden. 1992 bat er in einem Brief, das Parlament möge verhindern, daß die Parteifinanzen der Sozialisten überprüft würden.
Rubials politische Laufbahn wurde 1978 gekrönt, als er zum einzigen nicht nationalistischen Regierungschef seiner baskischen Heimat gewählt wurde.
Er vertrat die Wiege des Sozialismus bis zuletzt im spanischen Senat in Madrid, der zweiten Kammer des Parlaments. Reiner Wandler
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