: Das Gespenst des Widerspruchs
■ betr.: "In der Opposition fühlen sich die Grünen wohl", von Walter Jakobs, taz vom 20.3.92
betr.: „In der Opposition fühlen sich die Grünen wohl“ von Walter Jakobs, taz vom 20.3.92
Walter Jakobs ist ein Gespenst erschienen: der Grundwiderspruch. Die Grünen forderten einerseits „von der Landesregierung, auf die WestLB Einfluß zu nehmen, um die Übernahme von Hoesch durch Krupp zu verhindern“, und wollten andererseits mit der Forderung nach einem Verkauf der WestLB „diese Einflußmöglichkeiten ... kappen“. Das findet er unehrlich, inkonsistent und opportunistisch — also typisch die „radikale linke Pose“. Wirklich?
1. Die WestLB betreibt ihre Geschäfte unter rein privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten — wie die Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank auch. Der sogenannte „öffentliche Auftrag“ ist nur Lyrik für Sonntagsreden; der öffentlich-rechtliche Verwaltungsrat ist gegenüber dem Vorstand so schwach, daß er nicht einmal eine marktgerechte Dividende durchsetzt. Diese und andere indirekte Subventionen der öffentlichen Hände versetzen die WestLB erst in die Lage, einen riskanten und aggressiven Expansionskurs zu fahren. Obendrein trägt das Land NRW — d.h. wir alle — die Haftungsrisiken für das Kredit- und Beteiligungs-Geschäft der WestLB, und zwar in Milliardenhöhe. Die Forderung der Grünen, die Anteile des Landes an der WestLB zu verkaufen, ist deshalb nur vernünftig und ausgesprochen realitätstauglich; der Rückzug des Landes Hessen aus der HeLaBa nach deren Schieflage ist der Beweis.
2. Die WestLB hat die feindliche Übernahme von Hoesch durch Krupp — gegen alle regionalwirtschaftliche Vernunft — aktiv vorangetrieben; Wirtschaftsminister Einert hat diesen Vorgang begrüßt. Der Erwerb von Beteiligungen ist lt. § 42 Abs. 3 Sparkassen-Gesetz NW ein zustimmungspflichtiges Geschäft; die Landesregierung hat es zugelassen. Der öffentlichen Debatte hat sie sich von vornherein entzogen — die WestLB sei nicht den Weisungen der Landesregierung unterworfen. Wir Grünen haben dieses scheinheilige Verhalten der Landesregierung kritisiert; der Grüne Antrag im Landtag, die Landesregierung solle die WestLB an einer Einflußnahme zugunsten von Krupp im Hoesch-Aufsichtsrat hindern, wurde abgelehnt.
Die WestLB ist grundsätzlich kein taugliches strukturpolitisches Instrument, und es gelingt nicht einmal in konkreten Einzelfällen, das Schlimmste zu verhindern. Das paßt zusammen — das Gespenst des Widerspruchs hat sich verflüchtigt. Zurück bleibt ein Walter Jakobs, der wieder einmal Opfer seines festgefügten Weltbildes wurde. Menschlich verständlich, aber journalistisch unakzeptabel. Dr. Manfred Busch, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag
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