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Das Geschäft des Lügens

Spanische JournalistInnen zeigen „Junge Welt“-Korrespondenten wegen des Pro-ETA-Videos an

aus Madrid REINER WANDLER

Pepe Rai, Herausgeber der ETA-nahen Zeitschrift Ardi Beltza (Schwarzes Schaf), und der Spanien-Korrespondent der Jungen Welt, Ralf Streck, müssen sich vor Gericht für das umstrittene Video „Journalisten – das Geschäft des Lügens“ verantworten. In dem Film werden über 40 JournalstInnen beschuldigt, im Auftrag des spanischen Innenministeriums gezielt Falschinformationen über den Baskenkonflikt zu verbreiten.

Vergangenen Freitag, nur wenige Tage nachdem das Video auf den Markt kam, verübte die Separatistenorganisation ETA im baskischen San Sebastián einen Bombenanschlag auf die El Pais-Redakteurin Aurora Intxausti und ihren Mann Juan Palomo, der beim Privatsender Antena 3 arbeitet. Das Ehepaar überlebte nur dank eines technischen Defektes der in einem Blumentopf vor der Wohnungstür versteckten Bombe. Intxausti wird im Ardi Beltza-Video als „Lügnerin“ und „Feindin der baskischen Sache“ präsentiert.

Interviews erschlichen

„Pepe Rei zeigt mit dem Finger auf die Opfer, die ETA drückt ab!“, sind sich die spanischen Medien und die journalistischen Berufsverbände einig. Auch Justizminister Angel Acebes sieht das so: Er erklärte am Sonntag, dass sich Pepe Rei nicht nur der Verleumdung, sondern auch der „Zusammenarbeit mit einer bewaffneten Bande und anderer schwerer Delikte“ schuldig gemacht haben könnte. Vier der im Video gezeigten RedakteurInnen haben mittlerweile Anzeige gegen Pepe Rei und Ralf Streck erstattet. Streck hatte sich als Mitarbeiter einer deutschen TV-Produktionsfirma ausgegeben, die angeblich einen Beitrag für das deutsche Fernsehen drehte, und sich so Zugang zu den ETA-kritischen JournalistInnen verschafft. Rei habe dann Strecks Aufnahmen entsprechend zusammengeschnitten und führe die Betroffenen im Film jetzt als „Feinde des baskischen Volkes“ vor.

Vorladung möglich

Zurzeit prüft die Staatsanwaltschaft noch, ob auch Streck vorgeladen wird. Ob es im Falle einer Anklage für den Deutschen mit „übler Nachrede“ getan ist oder ob ihn schwerere Vorwürfe erwarten, müssten zunächst die Ermittlungen zeigen, so gestern die Staatsanwaltschaft.

Für Ardi Beltza-Chef Pepe Rei ist es das dritte Verfahren dieser Art. Bereits zweimal wurde dem früheren Recherchechef der 1998 verbotenen ETA-nahen Tageszeitung Egin vorgeworfen, seine journalistische Arbeit in den Dienst der bewaffneten Separatisten zu stellen. Seine neueste Zeitschrift Ardi Beltza, die nur per Abonnement vertrieben wird, veröffentlicht immer wieder Dossiers über Journalisten und Pazifisten, die angeblich im Sold der Madrider Regierung und der Geheimdienste stehen. Im Video geht Rei so weit, den Mord an José Luis Lopez de Lacalle (63), Kolumnist bei der zweitgrößten baskischen Tageszeitung El Mundo, im Mai dieses Jahres zu rechtfertigen.

Gestern versammelten sich hunderte von im Baskenland arbeitenden JournalistInnen zu einer Kundgebung gegen die für sie unerträglicher werdende Situation: Über 100 Medienleute können sich nur noch mit von der Polizei gestellten oder privaten Leibwächtern bewegen, ein knappes Dutzend hat sich bereits vollständig aus dem Baskenland ins „Madrider Exil“ zurückgezogen.

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