■ Kommentar: Das Dilemma der SPD
SPD-Parteichef Detlef Dzembritzki hätte einen eleganten Abgang wählen können. Sein Einzug in den Bundestag ist durch einen vorderen Listenplatz gesichert. Die geplante Neuwahl des SPD-Vorstands im Juni 1998 wäre der ideale Zeitpunkt für eine Ablösung des führungsschwachen Parteivorsitzenden gewesen. Daß Dzembritzki als Bundestagsabgeordneter den schwierigen Landesverband schwerlich von Bonn aus steuern kann, wäre nach außen gut zu vermitteln. Doch Dzembritzki will erneut antreten. Dabei hat er offenbar die Rückendeckung der rechten SPD-Führungsriege um Fraktionschef Klaus Böger.
Die – vor allem von den Medien angefachte – Personaldebatte kommt zur Unzeit. Sie offenbart ein Dilemma der SPD: Ein geeigneter Nachfolger ist nicht in Sicht. Dem Innenpolitiker Hans-Georg Lorenz werden keine Chancen eingeräumt. Fraktionschef Böger, die einzige Führungsfigur der SPD, hat kein Interesse an dem Spagat, den eine Doppelfunktion als Fraktions- und Parteichef zwangsläufig mit sich brächte. Und Umweltsenator Strieder haftet nach zweijähriger Amtszeit das Image eines Schaumschlägers an. Auch der linke SPD-Vize Klaus-Uwe Benneter hat nur bedingt Chancen. Nur angesichts solcher Alternativen hat Dzembritzki die Chance, daß die SPD-Führungsriege an seinem Image arbeitet. Dorothee Winden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen