olympische träume: Danke, Sydney
Großereignisse wirken, aus sicherer Entfernung betrachtet, heiter und bunt. Vielleicht hat auch deshalb das deutsche IOC-Mitglied Walter Tröger einmal mehr gefordert, auch Deutschland müsse wieder zum Austragungsort Olympischer Spiele werden, im Ruhrgebiet, in Stuttgart, vielleicht aber auch in Berlin.
Kommentar von UWE RADA
In einer Woche wird es genau sieben Jahre her sein, dass IOC-Präsident Julio Antonio Samaranch auf der 101. Sitzung seines Komitees in Monaco verkündete: „The winner is Sydney“. Mit einem Paukenschlag waren plötzlich nicht nur die Berliner Bewerberträume zerplatzt, sondern auch die Hoffnung, die Senat und Wirtschaft auf die Lokomotive Olympia gesetzt hatten. Der Zuschlag für die Jahrtausendspiele sollte Berlin nicht nur die komplette Modernisierung seiner Sportstätten und Infrastruktur bescheren, sondern auch der Motor für die gesamte Stadtentwicklung werden.
Pünktlich zum Beginn der Spiele in Sydney darf man darüber sinnieren, welchen „Nutzen“ diese Lokomotive angerichtet hätte. Immerhin leitete das Debakel in Monaco auch das Ende der Berliner Metropolenvisionen ein. Mit der ihnen eigenen Verspätung haben das sogar die Koalitionspolitiker erkannt.
Bei einem Zuschlag für Berlin freilich wäre die Landung auf Berliner Boden noch unsanfter geraten. Ein Erwachen aus den olympischen Träumen und nicht zuletzt einen Kassensturz der Berliner Finanzen hätte es womöglich sogar erst nach den Spielen 2000 gegeben. Schließlich hätte man, so wäre das begründet worden, nicht einfach mittendrin aufhören können mit dem Bau von Stadien, Olympiaexpress-Trassen und so weiter.
Ist die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit schon heute kaum zu ertragen, hätte es im schlimmsten aller Fälle mit dem Ende der Olympischen Spiele Berlin ein Milliardengrab gegeben, gegen das das heutige Haushaltsloch und auch die Expo nur Peanuts gewesen wären.
In diesem Sinne: Danke an Sydney, Danke an das IOC, Danke an die Nolympics-Bewegung, Danke an die Dilettanten der Berliner Olympia-GmbH – und eine Gelbe Karte an Herrn Tröger.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen