Daily Dope (537): Höhensonne für rote Blutkörperchen

Sportarzt Andreas Franke behauptet UV-Blutbehandlung sei bis 2011 erlaubt gewesen. Die internationale Anti-Dopingagentur widerspricht ihm.

Der Dopingkonrolleur ist auch in der 2. Fußball-Bundesliga immer mit dabei. Bild: imago

Aussage steht gegen Aussage. Der Erfurter Sportmediziner Andreas Franke behauptet, die Entnahme, Bestrahlung und Rückführung von kleinen Mengen Blut (50 Milliliter) sei bis Ende 2010 erlaubt gewesen. In der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada steht hingegen seit 2004, dass Blutdoping mit eigenem und fremdem Blut nicht erlaubt ist.

Warum dennoch in der Leistungssport-Szene kursierte, die UV-Methode zur Bestrahlung von kleinen Mengen Blut sei okay, ist ein Rätsel, das auch die Nationale Anti-Doping-Agentur nicht lösen kann. Sie verweist auf Nachfrage an die Wada.

Diese hat dem Radsportportal velonation.com am Montag angeblich mitgeteilt, die Methode sei bis Ende 2010 erlaubt gewesen. Das ist falsch, denn in einer E-Mail, die der taz vorliegt, schreibt die Wada, dass eine derartige Blutmanipulation vor 2011 durch die Paragrafen M1 und M2 der Wada-Verbotsliste untersagt war, seit 2011 durch den Unterpunkt M2.3: "Die wiederholte Entnahme, Manipulation und Reinfusion von Vollblut ins Kreislaufsystm ist verboten."

Verbote gegen neue Doping-Techniken

Auf taz-Anfrage schreibt Wada-Sprecher Terence ORorke, die Wada wolle sich noch einmal näher mit der UV-Methode befassen und sich bis zur Klärung des Sachverhalts mit Äußerungen zurückhalten. ORorke: "Blutdoping und die chemische und physikalische Manipulation von Blut ist weiterhin eine sehr komplexe und sich immer weiter entwickelnde Angelegenheit für die Anti-Doping-Gemeinschaft. Seit 2004 hat die Wada verschiedene Abänderungen der Verbotsliste veranlasst - in Reaktion auf neue Blutdopingtechniken." Und weiter: "Es wäre gegen die Interessen der Athleten und Anti-Doping-Organisationen, wenn die Wada den Fall diskutieren würde."

Derweil melden sich nach Recherchen des BR-Hörfunks Mediziner zu Wort, die den Fall Franke mit dem Fall Claudia Pechstein in Verbindung bringen. Eisschnellläuferin Pechstein gehörte ebenso wie diverse Radsportler und Leichtathleten zu den Kunden Frankes. Sie war wegen auffälliger Blutwerte für zwei Jahre wegen Dopings gesperrt worden. Im Mittelpunkt standen Pechsteins auffällig hohe Retikulozyten-Werte - das ist die Vorstufe der roten Blutkörperchen.

Der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel verweist nun auf Studien, die nach UV-Bestrahlungen des Körpers bei Menschen und Tieren einen ungewöhnlichen Anstieg der Retikulozyten beschreiben: "Bei diesen Studien ist ganz klar herausgekommen, dass unter UV-Bestrahlung sich das Blut verändert. Und dass offensichtlich das Blut sich so verändert, dass irgendwelche Stoffe entstehen, die das Knochenmark dazu bewegen, neue Retikulozyten zu bilden."

Ähnlich äußern sich Reinhard Henschler, Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin am Uni-Klinikum der LMU in München, und Sportmediziner Perikles Simon von der Universität in Mainz und Gendoping-Experte der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Claudia Pechstein hatte stets behauptet, ihre hohen Retikulozyten-Werte seien durch einen Gendefekt, eine hereditäre Sphärozytose, zustande gekommen, an der auch ihr Vater leide.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.