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DORIS SCHRÖDER-KÖPF HILFT DEM KANZLER WIEDER AUS DER PATSCHEMinisterin für Geborgenheit

Da ist sie wieder. Doris Schröder-Köpf auf Seite eins der Bild-Zeitung und hernach in allen Gazetten. Schon zum dritten Mal hilft sie ihrem Mann aus der Patsche, als Ministerin für Geborgenheit. Mit ihrem Auftritt als strenge Mutter, die Kinder wieder „mehr erziehen“ und Werte wie „Anstand“, „Fleiß“ und „richtiges Benehmen“ vermitteln will, lebt sie eine Form von Küchenkabinett vor, die bislang in Deutschland unbekannt war.

Ihre Auftritte, stets mit freundlicher Unterstützung des Springer Verlages, sind wohl dosiert. Als im ersten halben Jahr der Bundesregierung noch vieles schief lief, sorgte Schröder-Köpf für emotionale Wärme, indem sie sich im Juni 2000 an die Spitze der Kampfhund-Debatte setzte: „Freiheit für die Kinder oder für Kampfhunde?“, schrieb sie in Bild. Im November dann thematisierte sie BSE mit ihrem Geständnis, „wie Millionen Mütter einigermaßen ratlos“ zu sein. Sie holte das besorgte Wahlvolk genau da ab, wo es die Regierung verloren hatte. Während Bild den damaligen Agrarminister fragte: „Herr Funke, können Sie noch ruhig schlafen?“, leitete Schröder-Köpf mit der Forderung „Tiere müssen artgerecht gehalten werden“ im „Gastkommentar“ direkt daneben dessen Abgang ein. So übertünchte sie komplettes Regierungsversagen.

Diesmal hat der Kanzler das Thema Kinder unterschätzt. Locker konnte die Union die 30 Mark Erhöhung des Kindergeldes mit höheren, wenn auch unaufrichtigen Geboten toppen. Bei diesem Geschacher wurde offenbar, dass Schröder für Kinder nichts außer Geld zu bieten hat. Also erweitert Schröder-Köpf die Debatte mit einer konservativen Ansprache als ehemals allein Erziehende, die perfekt zum SPD-Motto „Sicherheit im Wandel“ passt: Wenn in der globalisierten Welt da draußen schon Werte nichts mehr wert sind, wollen wir wenigstens zu Hause am Bewährten festhalten.

Früher zielten die Regierungschefs mit ihrer PR auf die Kommunikationseliten, auf die „seriösen Medien“. Ganz im Stile Bill Clintons hat Schröder im Wahlkampf auf Auftritte in Talk- und Gameshows gesetzt, auf eine emotionale, direkte Ansprache. Dies ist als Kanzler viel schwerer zu realisieren – und die Debatte um das „Recht auf Faulheit“ illustriert die Risiken, die darin inzwischen lauern. Mit ihren wohl dosierten Auftritten gelingt Schröder-Köpf dagegen noch immer eine ungefilterte Kommunikation, die kleinbürgerliche Wählerschichten in SPD und CDU anspricht. Das ist risikofrei – und anders als bei Vorbild Hillary komplett im Dienste ihres Mannes.

MATTHIAS URBACH

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