DIE ROT-GRÜNE REFORM DER HERMESBÜRGSCHAFTEN: EINE VERTANE CHANCE: Ein ideales, falsch genutztes Instrument
Entwicklungspolitik ist globale Strukturpolitik. Dieses rot-grüne Credo hätte durch die Hermes-Reform mit Substanz unterfüttert werden können. Exportbürgschaften wären ein ideales Instrument, um in Zeiten knapper Kassen mit privatem Kapital Entwicklungspolitik zu betreiben, dabei Klima- und Naturschutz weltweit zu fördern und ganz nebenbei die Konjunktur zu Hause zu beleben. Diese Chance wurde vertan: Hermesbürgschaften werden weiterhin ausschließlich dazu dienen, deutsche Exporte zu fördern. Und die gehen zu 97 Prozent in Entwicklungsländer, denn vor allem dort ist eine Absicherung gegen Zahlungsunfähigkeit oder politische Umstürze sinnvoll.
Der Wirtschaftsminister meint, deutsche Mittelständler müssten per Hermes gegen japanische und US-Großkonzerne unterstützt werden. Tatsächlich jedoch gehen nur rund 15 Prozent der insgesamt 38 Milliarden Mark über Hermesbürgschaften versicherten Kredite an kleine und mittlere Unternehmen. Den Rest kriegen große Firmen. Zudem zeigt sich: Die Sozialisierung von Verlusten verlockt ganz offensichtlich zu riskanten Investitionen – Investitionen, die womöglich nie getätigt würden, wenn eventuelle Verluste aus privater Tasche abgedeckt werden müssten.
Es ist kontraproduktiv, im eigenen Land den Klima- und Artenschutz zu predigen und im Ausland Hermes-Kredite für Großprojekte wie Kraftwerke, den Autobahnbau oder den Bau von Staudämmen zu vergeben. Vielmehr verdienen nur solche Vorhaben die Unterstützung der bundesdeutschen öffentlichen Hand, die einer Überprüfung auf die umwelt- und entwicklungspolitischen Ziele der Bundesregierung standhalten.
Noch vergangenen Mittwoch hatte die Regierung einen ressortübergreifenden Plan zur Bekämpfung der Armut vorgestellt. Dort steht: „Alle neuen deutschen Gesetze werden künftig darauf geprüft, ob Belange von entwicklungspolitischer Bedeutung berührt werden.“ Und das ist gerade bei Großprojekten der Fall, wenn etwa für den Bau eines Staudamms tausende von Menschen umgesiedelt werden müssen. Warum also hat sich dieser gute Vorsatz nicht in den neuen Hermes-Leitlinien niedergeschlagen? KATHARINA KOUFEN
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