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DIE NEUE PALÄSTINENSISCHE REGIERUNG WEIST NICHT IN DIE ZUKUNFTEin Zug in Arafats Spiel

Die personellen Veränderungen innerhalb der palästinensischen Regierung haben mit der Reform, wie sie sich nicht nur die Vereinigten Staaten und Europa, sondern auch die Palästinenser selbst immer offener wünschen, nichts gemein. Das Gegenteil ist richtig – vor allem im Fall des Innenministers Abdel Rasak Jehije. Er war erst seit Juni im Amt und hatte kaum ausreichend Zeit, um strukturelle Veränderungen zu planen, geschweige denn sie umzusetzen.

Wenn an seine Stelle erneut ein treuer Gefolgsmann Arafats gesetzt wird, so erregt das zumindest Skepsis. So auch die Tatsache, dass die Fatah wieder stärker vertreten ist, nachdem zwei parteiunabhängige Minister und ein Islamist nach Hause geschickt wurden. Arafat hat einen weiteren Zug in dem Strategiespiel um sein eigenes Überleben getan, in dem er offiziell zumindest in kleinen Dosen den Reformforderern nachgibt, ja sogar selbst von notwendigen Reformen spricht. Dabei ist es nicht entscheidend, wer in den folgenden nur noch knapp drei Monaten bis zu den palästinensischen Wahlen im Kabinett sitzt, sondern welchen Posten Arafat für sich selbst vorsieht. Die Frage ist, ob er weiterhin als Palästinenserpräsident mit einem Kabinett, in dem noch immer kein Premierminister vertreten ist, weiterhin die letzte Instanz sein wird oder ob er bereit ist, Verantwortung zu delegieren und sich selbst kurzfristig auf den eher symbolischen Posten eines Präsidenten zurückzuziehen.

Bisher hat es nicht den Anschein, als ob Arafat seine Machtstellung aufgeben würde. Somit wird es nicht lange dauern, bis er den nächsten „Abdel Rasak Jehije“ aus seinem Amt entfernt. Und Minister, die politisch überleben, obwohl es ihnen an Reformwillen nicht mangelt, werden die Grenzen ihrer Möglichkeiten kennen lernen müssen.

Denn ohne das Zutun Arafats wird der Finanzminister die von den internationalen Spendengebern zu Recht dringlich geforderte Transparenz der palästinensischen Finanzen nicht durchsetzen. Und ohne das Zutun Arafats werden Reformen des Rechtssystems wie beispielsweise der Sicherheitsdienste auf Schönheitskorrekturen beschränkt bleiben.

In diesem Fall können die nötigen grundlegenden Reformen also nur von außen angestoßen werden. Etwa muss die Europäische Union ihre Hilfszahlungen an konkrete Forderungen knüpfen und somit entsprechend auf Arafat einwirken. Die von den USA immer wieder vorgetragene Forderung nach einer Ablösung des Palästinenserpräsidenten allerdings ist kontraproduktiv. Sie kann nur eine Instanz fordern – das palästinensische Volk.

SUSANNE KNAUL

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