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DIE KRISE BEI FIAT WIRD DIE NEUORDNUNG ITALIENS BESCHLEUNIGENZuletzt lacht immer Berlusconi

Ein begnadeter Witzeerzähler, der sich aufs Geschäftemachen versteht: Diesen Ruf genießt Silvio Berlusconi. In der Fiat-Krise gibt er bisher nur den Witzbold: Erst empfahl er den Fiat-Arbeitern, sie sollten sich zu Krankenpflegern umschulen lassen, dann erklärte er, wenn er Zeit hätte, wäre die Turiner Autobude in null Komma nichts saniert. Schließlich riet der Regierungschef den auf Kurzarbeit null Gesetzten, sie könnten sich doch ein klein wenig schwarz nebenbei verdienen.

Doch so ist das, wenn Silvio Späße reißt: Das Business hat er dabei nicht vergessen. Regierungschefs, die sich um große Firmenkrisen kümmern, im Interesse des Landes oder auch bloß ihrer Wählerstimmen, gehören zum Alltag der Demokratien. Weniger alltäglich ist ein Premier, der beim Quasi-Crash des größten privaten Arbeitgebers im Land erst mal sein ganz eigenes Geschäftsinteresse bedenken muss. Autos will Berlusconi nicht bauen, aber eine seiner Gesellschaften versorgt die Italiener mit Versicherungen – genauso wie die Fiat-Beteiligung „Toro“. Und das Herz des Berlusconi-Imperiums sind TV-Anstalten und Printmedien – was gäbe es Schöneres, als den Corriere della Sera ins Berlusconi-Reich zu holen?

Andere nennen das Interessenkonflikt – für den unternehmerisch tätigen Ministerpräsidenten dagegen handelt es sich um Synergieeffekte. Wahrscheinlich weiß Berlusconi selbst nicht genau, wann er nun als Staats- und wann als Geschäftsmann tätig ist. Egal: Wenn er jetzt die Fiat-Krise nach seinem Gusto lösen lässt, dann gewinnen beide Hälften des doppelten Lottchens, das Italien regiert. Der Unternehmer freut sich über Geld- und Machtzuwachs im neu geordneten italienischen Kapitalismus, der Politiker wird kaum die gezielte Nutzung des Corriere als weiteres Jubelorgan vernachlässigen. Das altehrwürdige Blatt wird dann im Chor mit all den anderen Berlusconi-Medien einen der Lieblingswitze des Chefs unters Volk bringen: dass die Beseitigung aller Gegengewichte von der Justiz über starke Gewerkschaften und kritische Medien bis zum „alten“ Kapital ein Mehr an Freiheit ist. MICHAEL BRAUN

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