DIE FLÜSSE BRAUCHEN MEHR PLATZ, DIE KOMMUNEN MEHR DRUCK: Ein paar Hektar reichen der Elbe nicht
Die Elbe soll wieder mehr Platz bekommen, darauf haben sich die zuständigen und betroffenen Landesumweltminister mit ihrem Bundeskollegen geeinigt. Durch ein Versetzen der Deiche werden landwirtschaftliche Flächen und Wälder zu Überflutungsgebieten bei Hochwasser, um so die Macht von Flutwellen zu mindern. So weit, so gut. Allerdings ging der Beschluss angesichts der komplizierten Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verdächtig schnell. Deswegen blieben konkrete Ziele – etwa die Festlegung von Hektarzahlen oder vorrangigen Abschnitten an der Elbe und ihren Nebenflüssen – außen vor.
Da ist nun der ökologische Wert der Auen „besonders zu beachten“; der Elbausbau für größere Schiffe wird erst einmal „geprüft“ – die Ministerbeschlüsse bedienen sich einer Politsprache, die auch angewandt wird, wenn es gilt, Gras über eine Sache wachsen zu lassen. Wie das konkret aussieht, können etwa die Auenforscher der Umweltorganisation WWF anhand ihrer Rheinprojekte erzählen. Vor zwei Jahrzehnten wurde dort per Staatsvertrag vereinbart, die Überflutungsflächen wieder auf den Stand von 1955 zu bringen. Doch derzeit ist erst ein Drittel des Zieles verwirklicht. Denn die meisten Gemeinden weigern sich, entsprechende Gebiete auszuweisen. Denn die Errichtung von Gebäuden oder Sportanlagen wäre dort dann verboten.
Dabei brauchen die Flusspolitiker die Renitenz der Kommunen nicht hinzunehmen. Bund und Länder können durchaus Großprojekte wie Autobahnen, Müllverbrennungsanlagen oder andere die Landschaft verschandelnde Unternehmungen durchsetzen – wenn sie denn wollen. Aber wegen ein paar Auen und Wiesen legte sich bisher kaum ein Minister mit den Lokalfürsten an. Solche Konflikte sind Investitionen in die Zukunft, die heutzutage weder Geld noch Arbeitsplätze bringen.
Also gilt es, möglichst bald konkrete Verträge für die Elbe einzufordern und dann schnell mit der Umsetzung zu beginnen. Die in den letzten 200 Jahren bebauten Flutflächen werden selbstverständlich nicht alle renaturiert werden können, weil sonst ein Umsiedlungsprogramm von chinesischen Ausmaßen nötig wäre. Aber einige tausend Hektar müssen es schon sein. REINER METZGER
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