DIE FDP KÖNNTE IHREN FÜHRUNGSSTREIT HÖCHST PRODUKTIV BEILEGEN: Wash & go
Gleich zu Beginn dieses Jahres kommt es zu zwei spektakulären Gipfeltreffen: Bill Clinton spricht in Washington mit Jassir Arafat, und der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt trifft seinen Generalsekretär Guido Westerwelle. Noch ist nicht entschieden, welche Begegnung dem Weltfrieden mehr dienen wird.
Spannender wird auf jeden Fall das persönliche Gespräch von Gerhardt und Westerwelle. Der FDP-Vorsitzende Gerhardt, den jeder völlig zu Recht für einen Langweiler hält, will den FDP-Generalsekretär Westerwelle, den jeder völlig zu Recht für einen Spaßvogel ohne politische Überzeugungen hält, dazu überreden, dass alles so bleibt, wie es ist. Wahrscheinlich so lange, bis sich alles wieder ändert. Die Liberalen haben angekündigt, mit diesem Gipfeltreffen ihren Führungsstreit noch vor dem traditionellen Dreikönigstreffen am Sonnabend beilegen zu wollen. Die Partei verbindet mit dieser Ankündigung ein Gefühl der Erleichterung. Alle anderen verbinden damit ein Gefühl der religiösen Depression: Die FDP will nicht mehr streiten? Nie wieder? Möllemann will nicht mehr Kanzlerkandidat werden? Heißt das: Gott gibt es wirklich, und er hat durchgegriffen bei den Liberalen?
Was wird jetzt aus der FDP? Muss sie etwa Politik machen? Nein, es gäbe noch einen Ausweg, diesen Super-GAU zu verhindern. Zwei in einem, heißt die Zauberformel. Dieses lebensnahe Prinzip (Wash & go, Shampoo und Spülung in einem) haben Reinhard Höppner und Kurt Biedenkopf jetzt zum ersten Mal erfolgreich auf die Politik übertragen. Bei der Fernsehübertragung ihrer Neujahrsansprachen im MDR sah man den einen Ministerpräsidenten im Bild und hörte dazu den anderen. Minutenlang bewegte Höppner die Lippen zu Biedenkopfs Worten. Ansonsten war alles wie immer.
Um nichts anderes geht es auch dem FDP-Chef. Gerhardt sollte Westerwelle also einen Teil seines Parteivorsitzes anbieten: Der eine ist künftig nur für das Bild und der andere für den Ton zuständig. Während Gerhardt mit seinem vertrauten Gesicht den älteren Teil der Wählerschaft ruhig stellt, geht die große Klappe Westerwelle auf Stimmenfang. Schon 2002 muss die absolute Mehrheit für die FDP kein Traum mehr sein. JENS KÖNIG
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